Toxicus. Anita Jurow-Janßen

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Toxicus - Anita Jurow-Janßen

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musste herausfinden, wie weit der Fall der Fremden schon aufgeklärt war. Ihr fiel Sebastian ein, der in Birgit verknallt gewesen war und ebenfalls versucht hatte, sie zu finden. Damals hatten sie zusammen recherchiert, aber letztendlich war alles erfolglos geblieben. Es waren einige Jahre vergangen und Sebastian war bei der Polizei gelandet. Sie wusste nicht, ob seine Ausbildung schon beendet war, denn sie hatten sich aus den Augen verloren. Sie würde ihre Freundschaft wieder aufleben lassen und sie nutzen, um an Informationen über den aktuellen Todesfall heranzukommen. Seine Handynummer hatte sie noch gespeichert. Sie versuchte sofort, ihn zu erreichen. Seine Mailbox sprang an.

      „Hallo Sebastian, ich bin’s, Sanne. Bitte melde dich bei mir! Wenn’s geht, noch vor acht.“

      Sanne hatte die Zeitungsartikel auf ihrem Bett verteilt. Sie setzte sich im Schneidersitz dazu, um eventuell etwas zu entdecken, was sie übersehen haben könnte. Es führte aber nicht die geringste Spur zu Schlangen oder zu Gift. Gar nichts. Nach einer ganzen Weile klingelte ihr Handy. Schnell griff sie danach. Sie sah, dass der Anrufer Sebastian war und spulte ihr Anliegen ohne Punkt und Komma herunter.

      „Hallo, Sebastian! Ich hab den Artikel über den Mord in der Zeitung gelesen. Weißt du was darüber? Könnte Birgits Verschwinden etwas damit zu tun haben? Vielleicht ist sie ja auch vergiftet worden und wir sind nur nicht darauf gekommen.“ Sie hielt einen Moment inne. „Sorry! Ich bin so aufgeregt. Ich wollte nicht unhöflich sein.“

      „Guten Tag, liebe Susanne. Danke, mir geht es gut. Es ist dir aber sicher klar, dass ich dir darüber keine Auskunft geben darf, oder?“

      Sebastians Worte kamen langsam und klar. Sanne schrumpfte unter seinen Worten buchstäblich zusammen. Wie sollte sie das jetzt noch hinbekommen?

      „Ent… Entschuldigung“, stammelte sie. „Eigentlich weiß ich das ja. Aber du denkst doch sicher auch noch an Birgit. Vielleicht hängen die Fälle ja zusammen.“

      „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wie gesagt, ich kann zu dem neuen Fall nichts sagen. Ich darf nicht. Ich stehe kurz vor der Abschlussprüfung und ich habe nicht vor, mir das zu verscherzen.“

      „Natürlich nicht. Das verstehe ich. Tut mir leid. Aber vielleicht können wir uns trotzdem mal wieder treffen. Über alte Zeiten quatschen, du weißt schon.“

      Eine Pause verstrich. Es folgte ein kurzes hartes Lachen.

      „Vielleicht irgendwann. Wie gesagt. Ich stehe kurz vor dem Abschluss. Danach kannst du ja mal wieder anfragen.“

      Sanne ärgerte sich über seine Hochnäsigkeit, aber sie verkniff sich einen zynischen Kommentar. Stattdessen fragte sie: „Wann ist denn die Prüfung?“

      „Nächsten Monat.“

      „Okay, ich melde mich dann noch mal.“

      „Mach das.“

      „Verflucht! Ich habe es vermasselt. Typisch Sanne“, schimpfte sie mit sich selbst, nachdem sie aufgelegt hatte. Ihr war zum Heulen zumute.

      „Sanne, kommst du zum Abendessen?“

      Ihre Mutter rief und Sanne ging hinunter, ohne auch nur eine Spur von Hunger zu empfinden. Nach einer Weile des Schweigens erzählte sie ihren Eltern von dem Zeitungsartikel.

      „Kind, die Fälle müssen aber nicht zusammenhängen. Mach dich bitte nicht schon wieder verrückt damit!“, sagte ihre Mutter besorgt.

      Die Zeit nach Birgits Verschwinden hatte niemand in guter Erinnerung. Sanne war sich darüber im Klaren, dass ihre Eltern keine Lust hatten, das alles noch einmal mitzumachen, schon gar nicht, wenn es jetzt um eine Fremde ging.

      „Ich weiß“, erwiderte sie. „Aber ich kann einfach nicht anders.“

      „Was heißt das?“, fragte ihr Vater barsch. „Ich glaube, du solltest das der Polizei überlassen.“

      Sanne sah ihre Eltern prüfend an. Ihre Mutter starrte auf die Scheibe Brot, die sie gerade schmierte. Sanne bemerkte, wie ihre Hände zitterten. Der Blick ihres Vaters wanderte von der Mutter zu ihr und zurück. Sanne glaubte, Verzweiflung in seinen Augen zu sehen. Es ist wohl besser, sie mit diesem Thema in Ruhe zu lassen.

      Als Sanne sich auf den Weg zu Ben machte, hatte es aufgehört zu regnen und sie saugte die reingewaschene Luft tief in sich hinein. Würde Ben auch so abweisend reagieren wie ihre Eltern? Hoffentlich nicht! Ihre Eltern hatten genau wie sie selbst eine lange Leidensphase hinter sich, die nicht nur mit Birgits Verschwinden, sondern vor allem auch mit ihrer, Sannes, Gesundheit zusammenhing. Das anfängliche Abnehmen konnte niemand als glückliche Fügung werten. Nicht ihr Körper war das eigentliche Problem, sondern die tiefe Depression, in die sie nach Birgits Verschwinden stürzte und die von keiner Birgit mehr aufgefangen werden konnte. Mit einer kurzfristigen Einweisung in eine psychosomatische Klinik und der aufopfernden Hilfe von Ben konnte ihre Krankheit besiegt werden. Sie hatte zudem großes Glück gehabt, an einen verständnisvollen, aber sehr zielgerichteten Professor zu geraten, der auch das Problem Fettsucht in Angriff nahm. Es war schon bald ihr eigener Wunsch, sich der strapaziösen Fettabsaugung und den weitreichenden Folgen zu unterziehen. Das alles war nur möglich gewesen, weil ihre Glücksgefühle wegen Ben so überwältigend waren, dass sie jeden Schmerz zu ertragen bereit war. In dieser Zeit kämpften Ben und sie gemeinsam gegen das Gefühl der Machtlosigkeit an. Sie versprachen sich, das Ziel, Birgits Verschwinden aufzuklären, niemals aufzugeben.

       Ben ist seiner Schwester viel näher als meine Eltern. Er wird sicherlich immer noch bereit sein, jede neue Spur zu verfolgen, die uns weiterbringt. Inzwischen sind aber so viele Jahre vergangen, dass ich mich frage, ob es uns beiden wirklich guttut, alles wieder aufzuwühlen.

      Tief in diese Zweifel versunken kam sie bei der Villa an. Als sie endlich mit Ben in seinem Zimmer saß, las er sich den Artikel noch einmal durch. Sie selbst hatte es inzwischen gefühlt zwanzigmal gemacht.

      „Was denkst du?“, fragte sie, und sah Ben mit erwartungsvoll funkelnden Augen an.

      „Na ja,“ sagte er, „viel kann man daraus nicht lesen.“

      Sanne erzählte von ihrer Kontaktaufnahme zu Sebastian und wie sie damit gescheitert war.

      Ben sah sie an und lachte: „Hast ihn gleich mit deinen Vermutungen überfallen, was? Kann ich mir genau vorstellen!“

      „Ja, ich war zu aufgeregt“, gab sie kleinlaut zu.

      „Aber ich werde dranbleiben. Er ging doch früher immer ins Amadeus. Vielleicht macht er das ja immer noch. Lass uns doch am Freitag einfach mal hingehen … oder Samstag … wie du lieber willst. Vielleicht haben wir Glück und er ist da. Was meinst du?“

      Ben sah sie wenig begeistert an. „Ich glaube, das solltest du allein machen. Du kennst ihn besser. Wenn ich mit auftauche, sagt er bestimmt gar nichts. Du musst ihn in ein Gespräch verwickeln.“

      „Genau das habe ich vor. Aber es wird nach meinem gescheiterten ersten Versuch wohl nicht so einfach werden.“

      Am Freitag machte Sanne sich auf den Weg zur Bar Amadeus. Sebastian war nicht da. Auch am Samstag nicht. Sie sah sich ungeduldig um, enttäuscht dass er nirgends zu entdecken war. Nach einer Weile fragte sie Onno, der hinter der Theke stand, ob Sebastian immer noch Stammgast sei.

      Onno grinste sie mit dem Versteherblick an. „Wenn er nicht gerade Dienst hat, ist er oft hier. Aber das ist in letzter Zeit eher selten. Ich

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