Toxicus. Anita Jurow-Janßen

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Toxicus - Anita Jurow-Janßen

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nicht geschnallt. Das darf er auch nicht. Er würde ausrasten.“

      „Ist mir auch eigentlich schnuppe, wie du das mit der Schlange hinkriegst. Jedenfalls habe ich noch was gut bei dir.“

      „Ich hab ja auch nichts dagegen, dass du mitkommst. Aber wie soll ich Birgit das erklären?“

      „Brauchst du nicht. Hauptsache, ich komme mit rein.“

      Lukas zögerte. Er sah Ronny unsicher an.

      „Na gut. Irgendwie wird das schon gehen. Aber dann musst du mir noch eine Viper besorgen oder eine andere Giftschlange.“

      Ronny atmete auf. „Geht in Ordnung. Ich werde sehen, was sich machen lässt.“

       ***

      Die lange Auffahrt, der Eingangsbereich sowie das ganze Haus erstrahlten in einem so prunkvollen Licht, dass jeder Gast erst einmal stehen blieb und tief Atem holte, bevor er sich auf die Villa zubewegte. Die ganze Familie Giese und Sanne Schönewald hatten Stunden gebraucht, um überall Lampions aufzuhängen und Girlanden zu verteilen. Am Nachmittag sah es so aus, als ob sich ausgerechnet heute die Sonne nicht mehr blicken lassen würde, aber rechtzeitig zum Abend hatten die Wolken sich verzogen und das frühe Abendlicht der Sonne konkurrierte mit den unzähligen Lampen. Es dauerte lange, bis Sanne und Birgit jeden Gast begrüßt und die zahlreichen Geschenke entgegengenommen hatten. Mittlerweile war die Party in vollem Gange und weder Birgit noch Sanne hatten die Sache im Griff. Birgits Eltern, Christa und Ferdinand Giese, hatten sich auf Drängen ihrer Tochter ins Obergeschoss zurückgezogen. Ihr Vater ging nur ab und zu nach unten, um sich einen Überblick zu verschaffen. Es hatte ein paar Tage zuvor heftige Diskussionen mit Birgit gegeben, da ihre Eltern sich eigentlich den ganzen Abend unter die Gäste mischen wollten. Aber Birgit sagte, das wäre doch einfach nur peinlich. Niemand würde sich wohlfühlen, wenn es nach Kontrolle riechen würde. Letztendlich war Ben derjenige gewesen, der den Streit geschlichtet hatte. „Ich bin doch dabei“, hatte er gesagt. „Ich werde aufpassen, dass nichts passiert. Ihr könnt ganz beruhigt sein.“

      Birgit hatte ihn dankbar angesehen. Das erste Mal, dass sie ihm einen wirklich liebevollen Blick zuschickte. In Bens Augen war eine irritierte Verwunderung zu erkennen gewesen. In Birgits Elternhaus war es in letzter Zeit häufig zu Diskussionen gekommen, weil Birgit zunehmend aufsässig wurde und sich nicht an die Regeln hielt, die ihre Eltern ihr auferlegten. Durch den vollkommen durchorganisierten Haushalt der Gieses war es bisher möglich gewesen, sich wenigstens einmal am Tag zusammenzusetzen, um wichtige Dinge zu besprechen, und wenn es Probleme gab, gemeinsame Nenner zu finden. Aber seit einiger Zeit war das nicht mehr möglich. Birgit nahm sich häufig heraus, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen, ohne sich um die Belange ihrer Familie zu kümmern. Birgits Vater nahm das relativ gelassen zur Kenntnis. Er schob es auf die Pubertät und dieses banale Argument brachte er immer wieder zu Birgits Verteidigung an. Ihre Mutter war es, die sich nicht damit abfinden wollte. Auch wenn diese es durchaus normal fand, dass ihre Tochter flügge würde und nicht mehr das kleine Mädchen war, meldete sie Bedenken hinsichtlich der bevorstehenden Party an. Sie traute ihrer Tochter alles Mögliche zu. Deshalb setzte sie durch, dass ihr Mann zu jeder vollen Stunde auf der Party nach dem Rechten sah. Der verdrehte zwar jedes Mal die Augen, wenn er sich ins Getümmel der Partygäste begeben musste, tat seiner Frau aber den Gefallen, wenn auch nicht gerade sehr gewissenhaft.

      Als es gegen zweiundzwanzig Uhr klingelte, war es wahrscheinlich eher Zufall, dass Sanne es hörte. Die Musik hatte sich immer mehr zu einem überbordenden Rauschen und Dröhnen des Basses entwickelt, nach dem einige der Geburtstagsgäste sich im Takt auf der Tanzfläche, die eigens auf der Diele des großen Hauses hergerichtet worden war, bewegten. Andere wippten nur mit dem Kopf und nippten an ihren Gläsern. Mit Birgits Eltern war vereinbart, keinen Alkohol anzubieten. Aber einige der Freunde hatten das Alkoholverbot geschickt umgangen, indem sie in die Colaflaschen, die sie mitgebracht hatten, unterschiedlichen Fusel gefüllt hatten, der überall die Runde machte. Birgit, die in ihrem engen Kleid, ohne es zu ahnen, einer grünen Schlange glich, war in ihrem Element. Sie war die Königin.

      Gerade, als Sebastian Herzog sich darum bemühte, ihr einen Kuss auf den Mund zu geben, sah sie Ronny auf das kleine Sofa zukommen, auf dem sie saßen. Für einen winzigen Moment stockte ihr Atem, bevor sie betont gelassen fragte: „Wie kommst du denn hierher?“ Nach dem köstlichen Colagesöff übertünchte eine gewisse Gleichmütigkeit ihre sonst so aufbrausende Art. Dennoch ergänzte sie mit einem leichten Stirnrunzeln: „Du warst doch gar nicht eingeladen.“

      Nach dieser direkten Konfrontation sah Ronny sie etwas verunsichert an. Birgits alkoholträchtiger Zustand war aber so offensichtlich, dass er Mut fasste und sagte:

      „Deine Busenfreundin hat mich eingeladen. Wusstest du das nicht?“

      Birgit schaute jetzt misstrauisch. Sie wollte aufstehen und nach Sanne sehen, fiel aber auf das Sofa zurück.

      Sebastian, der verärgert über Ronnys Auftritt war, hatte offensichtlich ebenfalls zu viel des „köstlichen Gesöffs“ intus. Er stand auf, sagte: „Ich muss mal“ und verschwand.

      Ronny war wie verzaubert von Birgits Anblick. Spontan setzte er sich zu ihr auf das Sofa. Erschrocken rückte sie ein Stück von ihm weg. Ronny perlte Schweiß auf der Stirn, als er sagte: „Ich habe ein besonderes Geschenk für dich. Ich konnte es aber nicht mitbringen.“

      Birgit, die zwischen Widerwillen und Neugierde schwankte, sagte: „Aha, und was soll das sein?“

      „Du musst mit zu mir kommen, wenn du es haben willst.“

      „Vielleicht will ich es ja gar nicht haben.“

      „Ich glaube doch. Denn du willst doch immer etwas Besonderes. Stimmt’s?“

      „Du musst es ja wissen.“

      Sanne tauchte zwischen den Gästen auf. Ronny sah es von Weitem und stand schnell auf. Im Weggehen raunte er: „Morgen um vier Uhr. Ich warte an der Straße vor der Auffahrt auf dich. Dann bekommst du es. Aber verrate es niemandem.“ Schnell machte er sich durch die ausgelassenen Schüler davon.

      „Ich denke, du wolltest Ronny nicht einladen“, sagte Sanne, die jetzt vor dem Sofa angekommen war. Ihre Stimme klang gleichermaßen überrascht wie vorwurfsvoll. „Warum hast du es dir anders überlegt?“

      Birgit sah sie erstaunt an.

      „Wie? Der hat doch gesagt, du hättest ihn eingeladen.“

      „Was? Wie käme ich dazu? Ich hätte dich doch zumindest gefragt. Außerdem wusste ich doch, wie du dazu stehst.“

      Birgits Augen waren so glasig, dass Sanne erschrak. Sie hatte sich zurückgehalten und das verbotene Getränk standhaft abgelehnt.

      „Du hast zu viel getrunken“, sagte sie.

      „Jetzt spiel nicht den Moralapostel“, antwortete Birgit verärgert.

      „Meinetwegen trink so viel du willst. Ich könnte mir nur vorstellen, dass deine Eltern sauer werden, wenn sie das mitbekommen.“

      „Müssen sie ja nicht … Ich glaub, ich muss kotzen“, lallte Birgit und versuchte, sich von dem Sofa zu erheben.

      Sanne ergriff ihren Arm. Sie sah sich hilfesuchend nach Ben um, der war aber nirgends zu entdecken.

      „Hast du Ben gesehen?“, fragte sie Sebastian, der auf sie zukam.

      „Ich glaube,

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