Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Das Vermächtnis aus der Vergangenheit

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Ich dachte, wir können noch ein bisschen zu mir fahren“, sagt Susanne und grinst mich an.

      „Ach, ich denke, es reicht für heute. Ich kenne mich hier auch nicht so gut aus, um nachher auch pünktlich wieder zurückfinde“, versuche ich ihr zu erklären, ohne ihr irgendwie das Gefühl einer Abfuhr geben zu wollen. Aber sie möchte nicht allein nach Hause gehen, dass sehe ich ihr an ihrem enttäuschten Gesicht an.

      „Aber ich dachte, du fährst erst mit dem Zug um zehn? Das sind noch fast anderthalb Stunden. Zu mir fährt alle 10 Minuten ein Bus. Wir sind ganz schnell da. Und die Bushaltestelle ist fast direkt vor meiner Tür“, versucht sie mich zu überreden und ihre blauen Augen mustern mich funkelnd, keine Widerrede duldend.

      Susanne hat etwas an sich, das mir nicht nur etwas unsympathisch ist, sondern mich auch verunsichert. Ich will auf gar keinen Fall mit zu ihr fahren.

      Wieder tritt sie nah an mich heran und erneut spüre ich ihre Masse an meinem Arm.

      „Tut mir leid, aber ich habe wirklich für heute genug. Mir reicht es zum Bahnhof zu gehen und fertig“, brumme ich.

      „Okay, dann bringe ich dich da hin“, schwenkt sie plötzlich um und stampft los. Ich folge ihr, etwas irritiert über ihren Sinneswandel und vergesse sogar Ausschau nach Erik zu halten.

      Wir gehen durch die Unterführung, die ich schon kenne und durch die ich schon oft ging, wenn ich zum Bahnhof wollte. Somit muss ich auf dem richtigen Weg sein.

      Auf der anderen Seite kommen wir wieder beim Busbahnhof am Neumarkt heraus und Susanne nimmt meinen Arm und zieht mich mit. Sie redet und redet, als müsse sie mir noch schnell alles erzählen, was sie als für mich Wissenswert erachtet. Wir gehen durch die Straße, an der die Busse stehen und auf ihre Abfahrt warten.

      „Oh, schau! Da ist sogar mein Bus! Komm, den kriegen wir noch“, ruft sie plötzlich und reißt mich mit sich mit.

      Vor der Bustür, die geschlossen ist, bleibt sie stehen und drückt einen Knopf, der die Tür öffnet. „Komm, schnell“, sagt sie fröhlich, als hätten wir eben beschlossen, zu ihr zu fahren, greift nach meinem Arm und zieht mich in den Bus hinein.

      Ich stolpere die Stufe hoch und versuche mich loszureißen. „Ich will aber zum Bahnhof und nicht noch woanders hin“, rufe ich panisch aus. Die Angst packt mich, dass sich die Tür hinter mir schließt und der Bus mich mitnimmt.

      In dem Moment werde ich auch schon aus dem Bus auf den Gehsteig gezogen.

      „Du haust mir nicht ab“, höre ich Erik hinter mir wütend zischen.

      Die Bustür schließt sich und Susanne sieht mich irritiert an.

      Ich bin nicht weniger irritiert als sie und sehe aufgebracht in Eriks braune Augen, die mir unfreundlich entgegenstarren.

      „Aua, du tust mir weh!“, fauche ich, weil ich nicht fassen kann, was mir gerade geschieht. Dass Susanne mich in ihren Bus gezogen hatte, macht mich schon wütend. Aber dass Erik plötzlich auftauchte und mich wieder rauszog, weil er glaubt, ich will vor ihm davonlaufen, das nimmt mir fast die Luft vor Wut. Kann hier jeder mit mir machen, was er will? Und wo kam der jetzt so plötzlich überhaupt her?

      Der Bus fährt los und Susanne sieht mich mit säuerlicher Miene an, winkt dann aber, sich wohl nicht sicher, wer von den Jungen aus meiner Geschichte mich aus dem Bus zerrte. Marcel hatte sie schließlich schon einmal gesehen. Vielleicht denkt sie, dass ist jetzt Tim?

      Ich reiße mich von Eriks festem Griff los und schmeiße ihm meine Tasche vor die Füße, um meine aufsteigende Angst zu kontrollieren. Dabei zische ich aufgebracht: „Sag mal, was soll das?“

      Ich versuche nicht in meinen Kopf dringen zu lassen, warum Erik mich abfing. Er will mich bestimmt wegen meiner großen Klappe langmachen und lässt offensichtlich nichts auf sich sitzen. Ellen hatte mich mehr als einmal vor ihm gewarnt.

      Aber Eriks eben noch wütender Blick wirkt plötzlich eher verdrossen. „Du wolltest doch nicht mit der mitfahren, oder?“, fragt er.

      Ich schüttele den Kopf. Um meine Unsicherheit zu überspielen, starre ich ihn aus zusammengekniffenen Augen an, damit er glaubt, ich bin wirklich wütend. Aber antworten kann ich ihm nicht. Meine Stimme ist bestimmt nicht mehr als ein Piepsen.

      „Das denke ich mir. Die ist stocklesbisch! Was meinst du, was die mit dir vorhatte?“, raunt er und lässt seinen Arm sinken, den er immer noch hinter meinem Rücken in Angriffsstellung hielt.

      Also, das über einen Jungen zu hören, das ist für mich völlig okay. Aber dass ein weibliches Wesen einem anderen an die Wäsche gehen würde, das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Dass ich ihm das nicht glaube, sieht Erik wohl an meinem Blick. Ich sehe ungläubig dem Bus hinterher, als könnte ich von dort die Antwort erhalten.

      „Das ist unglaublich! Wie kann man nur so naiv sein?“, brummt er, nun selbst wieder völlig selbstsicher. „Weißt du eigentlich irgendwas?“, schnauzt er.

      Nun werde ich wirklich wütend. „Ja, dass ich jetzt zum Bahnhof gehe und nach Hause fahre“, fauche ich und im nächsten Augenblick wird mir klar, wie blöd wir uns hier aufführen. Wir stehen uns wie zwei Kampfhähne gegenüber. Ich, klein und zierlich … er, groß und behäbig. Und doch beide mit funkelnden Augen und zusammengeballten Fäusten, als wollen wir uns einen Kampf liefern.

      Plötzlich verliert er seine überhebliche Haltung. „Ich bringe dich da hin. Man kann dich nicht mal hier alleine laufen lassen“, brummt Erik und hebt meine Tasche auf. Er sieht mich seltsam an und schüttelt den Kopf.

      Nun bin ich verwirrt. Er will mich zum Bahnhof bringen? Wieso?

      Ich bin mir nicht sicher, ob ich ihm wirklich trauen kann. Mir schwirren die Worte von Ellen im Kopf herum und was sie alles über ihn gesagt hatte. Da war nichts Gutes bei. Aber er hat meine Tasche und sieht mich aus seinen braunen Augen eher resigniert an. Ich kann seinen Blick nicht deuten und mir schon gar nicht vorstellen, was in ihm vorgeht.

      Meine Wut verraucht allmählich. Schließlich ist das Ellens Bruder und ich möchte keinen Krieg mit ihm führen. Dafür ist mir Ellens Freundschaft und Wohlergehen zu wichtig.

      „Okay“, raune ich. „Wenn du willst!“

      „Ich würde das nicht sagen, wenn ich es nicht wollte“, murrt er und mustert mich durchdringend. Dann wirft er einen argwöhnischen Blick auf die Leute um uns herum.

      Ich will ihm meine Tasche abnehmen, aber er lässt das nicht zu. Das irritiert mich noch mehr.

      „Die ist doch viel zu schwer für so eine halbe Portion“, brummt er als Erklärung und sieht mich nicht an. Dafür geht er langsam an den Haltestellen vorbei den Bürgersteig entlang. Ich muss ihm wohl oder übel folgen.

      „Danke!“, raune ich leise und meine Verwirrung nimmt kein Ende. „Eigentlich bringt Ellen mich immer zum Bahnhof“, sage ich, um einfach etwas zu sagen. „Aber die musste weg.“

      Wir überqueren die nur für Busse zulässige Straße und biegen bei einer Kirche in einen engen Durchgang ein. Erik sieht mich seltsam an und ich bin mir plötzlich sicher, er weiß das schon. Hatte er das Ganze inszeniert?

      „Ich erzähle dir nichts Neues, oder?“, wage ich meinen Unmut über meine neue Erkenntnis ihm an den Kopf zu werfen. Irgendetwas an ihm scheint mich immer zu provozieren. Vielleicht,

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