Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen страница 24
„Mein Bruder holte mich am nächsten Tag von Marcel ab“, führe ich meine Erzählung fort. „Er war schrecklich wütend … auf mich, Marcel und auf Tim. Und dann klickte er aus, fuhr Tim über den Haufen und verletzte mich mit einem Messer am Hals“, bringe ich meine Geschichte wage weiter auf den Weg.
Voller Entsetzen werden die ersten ungläubigen Ausrufe laut und ich zeige ihnen meine Narbe, die sich immer noch rot auf meinem Hals abzeichnet.
„Marcel hatte sich mit der Polizei auf die Suche nach mir gemacht und kam gerade rechtzeitig. Sie schnappten sich meinen Bruder und man brachte mich und Tim in ein Krankenhaus, in dem Marcel tagelang an meinem Bett blieb, bis meine Eltern aus dem Urlaub zurückkehrten. Mein Bruder sitzt seitdem in Untersuchungshaft.“
Alles schmilzt angesichts Marcels Tat dahin und ich kann nur lächelnd hinzufügen, dass ich ab dieser Zeit in ihn verliebt bin.
Es gibt keine in der kleinen Gruppe, die das nicht verstehen kann, außer Susanne, die nur schnippisch lacht.
„Aber Tim wollte nicht so schnell aufgeben“, fahre ich mit meiner Erzählung fort, als erzähle ich aus einem Roman. Und so erfahren sie von der nächsten Scheunenparty und dem Lehrling aus Marcels Arbeit, der mir den Hof machte, dem Übergriff von Tim auf der Tanzfläche und dem Lied auf seinem MP3 Player.
Wieder schmilzt alles dahin. Diesmal zu Tims Gunsten.
„Ich stand völlig neben mir, von Tim und dem Lied gefangen, und das merkte Marcel, als ich aus der Dunkelheit zu ihm ging. Er setzte mich in ein Taxi und wir fuhren nach Hause. Auch da war ich noch nicht zu einer vernünftigen Reaktion fähig und er machte sich schwere Vorwürfe, dass er nicht besser auf mich aufgepasst hatte. Er ging davon aus, dass mir einer an die Wäsche gegangen war. Dass ich ihm aber nichts erzählen wollte, machte ihn ziemlich wütend …“
Meine Geschichte lasse ich mit Marcels Gespräch mit einem Bekannten fortfahren, der ihm steckte, dass ich mich auf der Tanzfläche nur schwer eines sehr anhänglichen jungen Mannes erwehren konnte und dieser Typ mir dann nach draußen gefolgt war.
„Da die Beschreibung auf den Lehrling aus seinem Betrieb passte, obwohl das Tim gewesen war, prügelte sich Marcel mit ihm und brach ihm die Nase. Daraufhin verlor Marcel fast seinen Job, weil man natürlich keine Arbeitskollegen verhauen darf“, beende ich diese Episode.
„Oh Mann!“, raunt Andrea kopfschüttelnd. „Und das alles wegen Tim.“
Ich beginne die nächste Geschichte, die auf der Jugendfete weitergeht, an der Tim erneut das Lied spielte, als Musikwunsch für eine Carolin und dass Marcel darüber so verwirrt war.
Wieder schmelzen meine Zuhörerinnen seufzend dahin.
„Marcel machte sich voll die Sorgen, was das mit dem Lied bedeuten könnte und ob es nicht doch für mich war und ich das nur nicht zugeben wollte. Ich hatte ganz schön zu kämpfen, ihm das auszureden. Und dann nahm er mich am nächsten Tag das erste Mal mit zu seinen Eltern zum Kaffeetrinken.“
Ich lasse die Fahrt zu Marcels Eltern folgen, seine Übergabe des Vorverlobungsringes und der Aussage von Marcel vor seinen Eltern, dass er und ich verlobt sind, und er mich heiraten wird … statt Katja.
„Statt wem?“, kommt es fast gleichzeitig aus den Mündern.
Ich erzähle ihnen, dass seine Eltern Marcel mit der Tochter einer Freundin zusammen sehen wollen und dass diese Tochter Marcel auch unbedingt haben will. Und damit habe ich den Grundstein für die nächsten Begebenheiten und der nächsten Scheunenfete gelegt.
Völlig gebannt hören sie sich meine Ausführung von Katjas Auftritt an und wie ich alles an diesem Abend erlebt hatte.
„Tim tauchte plötzlich auf und wollte mich sofort wegbringen. Aber ich wollte wissen, wo Marcel mit dieser Katja abgeblieben war. Tim konnte mich nicht aufhalten und dann sah ich sie … Marcel und Katja zusammen hinter dem Zelt.“
„Ach du Scheiße!“, entfährt es der sonst so sittsam sich ausdrückenden Michaela, während ihre großen, blauen Augen auf mich gerichtet sind und sie ihr langes, blondes Haar zurückwirft. Und auch alle anderen sind außer sich.
„Tim packte mich und brachte mich weg … zu sich nach Hause.“
„Herrje! Und dann? Das war doch seine Chance!“, stößt Andrea mit roten Wangen hervor.
„Joop!“ Ich erzähle ihnen von den vielen SMSen von Marcel und seinen Anrufen, und dass Tim mein Handy davon säuberte. Ich berichte ihnen von dem tränennassen Kissen in meinem Bett, und dass Marcel die Nacht letztendlich dort verbracht hatte, statt bei Katja und mir einen Brief geschrieben hatte, der in meinem Zimmer auf mich wartete. Dass ich das alles entdeckte, als ich mir meine Sachen holen wollte, ließ ich folgen … und unsere darauffolgende Verfolgungsjagt, als Marcel mich und Tim einholen wollte, um mich zu einem Versöhnungsgespräch zu bewegen. Die Geschichte mit den Bildern, die herumgingen und in der Katja allen mitteilte, dass sie mit Marcel zusammen ist, nimmt meinen Zuhörerinnen den Atem. Erboste Ausrufe werden laut.
Ich fahre fort, selbst von den Gefühlen wieder niedergedrückt: „Das wusste ich aber alles nicht, weil Tim darauf achtete, dass mich ja nichts erreicht. Und dann, nur durch Zufall und über eine Freundin, bekam ich die Bilder doch zu sehen und schickte Marcel eine böse SMS, dass ich bedauere, je mit ihm etwas angefangen zu haben. Naja, und Tim war nach zwei Tagen völlig fertig, weil er mit meiner Nähe nicht klarkam, ohne mich anrühren zu dürfen und ich beschloss, mit ihm zu schlafen. Ich weiß nicht genau wieso, vielleicht um besser mit dem Verlust von Marcel fertig zu werden.“ Wieder kann ich ihnen nichts von dem Fluch erzählen, der Tim zugesetzt hatte. „Das war aber irgendwie nicht so wie bei Marcel und so versuchten wir es noch ein paar Mal. Aber er konnte Marcel nicht das Wasser reichen.“ Ich grinse alle frech an. Hier bin ich die Coole und kann auch so tun, als wäre alles nicht so schlimm gewesen.
Marcels Widerruf, dass er nicht mit Katja zusammen ist und auch nie sein wird und dass er nur mich liebt, lässt wieder der einen oder anderen einen Seufzer über die Lippen rinnen wie flüssige Erdbeersoße.
„Und dann wisst ihr ja, dass Marcel mich hier an der Schule abgepasst hat. Er konnte mir glaubhaft versichern, dass Katja alles inszeniert hatte, um uns auseinanderzubringen und ich wurde schwach. Aber Tim war sauer, als er hörte, dass wir uns ausgesprochen hatten und noch wütender, dass ich mein Wochenende mit Ellen im Nachtleben Osnabrücks verbrachte, statt wie abgesprochen mit ihm zusammen. Er rief mich den ganzen Abend an und bombardierte mich mit SMSen. Als er mich endlich erreichte, wollte er mich sofort abholen. Voll stalkermäßig. Und dann traf ich mich am nächsten Tag mit Marcel zum Eis essen. Daraufhin drehte Tim durch.“
Ich sehe an den Gesichtern der Mädels, dass es nach deren Meinung nicht noch schlimmer kommen kann. Aber als ich dann von dem Nachmittag berichte, an dem Tim und meine bis dahin beste Freundin sich in der Eisdiele zu uns gesellten und er mich so böse Angriff und sogar unter dem Tisch drangsalierte, wurden sie eines Besseren belehrt.
„Marcel war an diesem Nachmittag sowieso schon völlig durcheinander, weil ihm meine Mutter versehentlich Tims MP3 Player mit seinem Liebeslied in die Hand gedrückt hatte, in der Annahme, es sei seiner. Ihr könnt euch denken, was in ihm vorging, als er