Mausetot. Hermann Schunder

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Mausetot - Hermann Schunder Kommissar Joseph Wolf klärt ungewöhnliche Fälle

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auf die Stuhllehne. In seiner Panik, einen Sturz zu vermeiden, griff Joseph nach dem sich bietenden Halt. Er achtete nicht darauf, dass sich seine Hand kräftig um den Oberarm der sich vor ihm befindlichen Person krallte.

      Ein unterdrücktes Aua und ein irritierter böser Blick folgten postwendend seinem ungeschickten Handeln. Joseph starrte in ein weit aufgerissenes Augenpaar. Wie gebannt stand er da, unfähig sich zu rühren. Seine napoleonische Kopfbedeckung, die er sich unter den Arm geklemmt hatte, entglitt ihm und fiel auf den Fußboden zwischen den Stuhlreihen. Das registrierte er in seiner aufkommenden Panik schon nicht mehr.

      Bevor er ein „Entschuldigung, wie ungeschickt“ murmeln konnte, keifte der geschminkte Pierrot schon heftig los.

      „Sie tun mir weh. Was fällt ihnen denn ein? Mann, sie sind ja betrunken. Machen sie das sie wegkommen oder ich schreie auf der Stelle alle Leute zusammen.“

      Zwei dunkle Augen starrten aus dem weiß geschminkten Gesicht in unerbittlicher Härte auf den unglücklichen Joseph. Alles lief in Sekundenschnelle ab, er kapierte erst gar nicht, was er da angerichtet hatte.

      Ohne weiter auf die zeternde Frau zu achten, drehte er ab. Fluchtartig versuchte er vom Ort seiner Schmach zu entfliehen. Erst nachdem er auf der Straße vor dem Gemeindehaus stand und sich in Richtung seiner Pension davonmachte, wurde ihm bewusst, wie dämlich er sich angestellt hatte. Wie vom Schlag gerührt merkte er, dass er seinen pompösen Hut bei der missglückten Aktion eingebüßt hatte. Es half nichts. Er konnte unmöglich zurück. Zu blöd aber auch.

      Kapitel 7

      Sonntagvormittag, ein trüber Wintertag. Die Kirchglocken bereits verklungen. Das rhythmische Klack, Klack, wenn Schuhe mit Absätzen an seinem Fenster vorbeikamen, hatte er noch im Bett liegend im Halbschlaf verfolgt. Frühstück fiel heute aus, die Zeit dafür längs vorbei. Essen gab es in der Dorfwirtschaft. Dort wollte er hin.

      Das Schild „Bürgerstammtisch“ prangte wie eine Standarte mitten auf der von Biergläsern eingefassten Buchenholzplatte. Eine hitzige Diskussion schien die Gemüter der Anwesenden zu beschäftigen. Joseph Wolf suchte nach der Garderobe.

      „Pfälzer Bub, setze dich doch zu uns“ hörte er vom Stammtisch her eine freundliche Stimme und war überrascht auf diese Weise eingeladen zu werden. Schnell orderte er sein Bier und rutschte auf die Bank. Höflich erkundigte er sich nach dem Zweck des Zusammentreffens der Honoratioren, ja genau dieses Wort wählte er, um einen guten Eindruck bemüht.

      „Also, wir vom Bürgerstammtisch treffen uns immer am Sonntagvormittag um die Geschicke des Dorfes zu besprechen. Politisiert wird aber nicht. Unsere Frauen gehen derweil in die Kirche. So ist allen gedient. Besser könnte es doch nicht sein, oder.“ Alle lachten.

      Das gefiel Joseph. Hier an diesem Stammtisch erhoffte er sich Neuigkeiten. Alles andere konnte er vergessen. Im kleinen Dorf und das zur kalten Winterzeit gab es keine Anlässe beiläufig die Leute ausfragen zu können. Aber hier an diesem Wirtshaustisch war es anders.

      Gegen Mittag wurden die Witze und Zoten unter den Biertrinkern zunehmend harmloser. Joseph registrierte diese Veränderung und führte den Stimmungsumschwung auf die Tatsache zurück, dass die Messe vorbei sei und nun die Ehefrauen eintrudelten. Der große Saal wie das Hinterzimmer mit ortsüblicher Übertreibung betitelt wurde, füllte sich zusehends. Die Bedienung hatte alle Hände voll zu tun.

      Joseph blieb am Stammtisch sitzen. Er bestellte sich das Tagesgericht, Gulasch mit Knödel, und noch ein Bier. Jetzt hatte er richtig Hunger. Er brauchte nicht lange zu warten. Lilli stellte das dampfende Essen vor ihn auf den Tisch und überreichte einen kleinen mehrfach gefalteten Zettel mit der knappen Bemerkung:

      „hier für Sie, soll ich ihnen geben!“

      Diskretion schien nicht ihre Stärke zu sein. Joseph fühlte alle Augen der Anwesenden auf sich gerichtet. Er las den handgeschriebenen Zettel und nahm die beigefügte Visitenkarte in die Hand. Suchend warf er einen Blick durch die Zwischentür zum Hinterzimmer. Kein Gesicht, das in seine Richtung schaute. Nur geschäftig auf ihre Teller blickende Gäste.

      Joseph überlegte einen Moment. Bis zum Zeitpunkt des vorgeschlagenen Treffens blieb noch genügend Zeit. Also konnte er in Ruhe sein Gulasch essen. Zettel und Visitenkarte stopfte er in die Brusttasche seines Hemdes.

      Kapitel 8

      Doris Demmer, Dr., 42 Jahre jung, frei und ungebunden, feuerte den Kaminofen an. Sie schichtete kunstfertig die Holzscheite auf. Zuerst den Anzünder, natürlich auf Biobasis, dann eine Schicht der mit der Axt klein gemachten flachen Stücke und obendrauf ein knorriger Kanten Eichenholz. Mit einem Zischen entflammte das Streichholz.

      Im Raum herrschte Eiseskälte. Sie hatte am Morgen durchgelüftet und dann vergessen die Fenster wieder zu schließen. Das Feuer brannte lichterloh und schon knisterten die trockenen Holzscheite.

      Wenige Minuten nach 15 Uhr klingelte es. Als Doris Demmer durch das Küchenfenster linste

      erblickte sie Joseph Wolf, mit einer Visitenkarte in der Hand. Sie hatte ihn nicht gleich erkannt, irgendwie sah der Mann heute verändert aus. Die Kleidung salopp, nicht zu lässig. Eine modische Winterjacke aber keine Kopfbedeckung. Brauchte er ja auch nicht. Bei diesem Gedanken hätte sie lauthals auflachen mögen, beherrschte sich aber zum Glück noch rechtzeitig.

      Klar, wegen dem konfiszierten Hut hatte er sich bei ihr eingefunden. Gespannt war sie schon, wie sich der Ersatzkaiser aus der Affaire ziehen würde. Entschuldigen musste er sich auf jeden Fall. Das sei schließlich das Mindeste. Ohne Kniefall ginge das beileibe nicht ab. Gnädig, aber im Grundton eher kühl, wollte sie dann die ihr zugefügte Schmach verzeihen.

      „Sind Sie Frau Demmer?“

      Blöde Frage, wer sollte sie denn sonst sein. Doris verfolgte das Geschehen von einem Nebenraum aus.

      „Bitte kommen Sie herein. Ich habe Sie schon erwartet.“

      Sie trat einen Schritt zur Seite, zeigte einladend in Richtung des Wohnbereichs. Joseph Wolf wurde verlegen, die Person vor ihm verwirrte ihn. Er ging davon aus, dass dies die Tochter des Hauses sei, denn die Dame im Clownskostüm war ihm älter vorgekommen. Er setzte sich und wartete darauf zu hören: meine Mutter kommt gleich. Aber nichts dergleichen geschah.

      Langsam kamen ihm erste Zweifel. Er musste etwas sagen um die peinliche Stille zwischen ihnen nicht unüberbrückbar werden zu lassen. Mutter oder Tochter, diesen Gedanken ließ er augenblicklich fallen. Es lag an ihm zu sprechen.

      „Ja, da bin ich, Kaiser Napoleon ohne Hut.“

      Joseph wollte witzig sein, merkte aber sofort, dass sein Scherz nicht zündete. Themenwechsel. Er versuchte es mit einer Bemerkung über das Wetter. Das war unverfänglich und ging immer beim Smalltalk. Er fühlte sich zunehmend unwohl.

      „Ich habe erst vor einer Stunde eingeheizt, ich war zum Mittagessen nicht zu Hause. Gleich wird es warm. Der Kachelofen zieht gut.“

      „Ja, ich weiß“

      Knapp die Entgegnung: „Klar, sonst wären Sie ja nicht gekommen!“

      Darauf wusste Joseph nichts zu erwidern. Also schwieg er und wartete ab. Ein neues Thema fiel ihm ein.

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