Mausetot. Hermann Schunder
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„Nein, davon habe ich noch nichts gehört.“ Die junge Frau blockte ab.
„Das Napoleonskostüm habe ich mir ausgeliehen, weil mir die Uniform gut gefallen hat. Der markante Hut des Kaisers macht einiges her.“ Joseph Wolf fühlte sich besser als er das Gespräch zu diesem Thema überleitete.
Dann fiel ein folgenschwerer Satz, der zwar nicht so gemeint war, aber dem Gespräch eine neue Wendung gab.
„Napoleon war ja eher klein von seiner Statur her, aber er soll Damen gegenüber galant gewesen sein. Grob ging er mit seinen Mätressen nicht um.“ Zumindest der nachgeschobene zweite Satz hatte voll ins Schwarze getroffen. Diese Worte waren bewusst gewählt, sollten sie ihren Besucher doch aus der Reserve locken. Sie wartete auf eine Entschuldigung.
Joseph Wolf fing den Ball auch sofort auf. Er erwiderte mit fester Stimme:
„Nicht das Sie meinen, ich sei gestern Abend betrunken gewesen, als ich Sie zum Tanz auffordern wollte. Absolut nicht!“ Das war nicht ganz korrekt, tat im Augenblick aber nichts zur Sache. „Ich war unsicher auf den Beinen und befürchtete zu stürzen. Auf dem Fußboden vor ihrem Stuhl lag eine Tasche oder etwas ähnliches. Da wollte ich nicht drauf treten. Es tut mir leid, wenn ich sie da etwas hart angefasst haben sollte.“
Diese Arroganz kam ihr gerade recht. Leicht hob sie eine Augenbraue und erwiderte lässig
„ja, so wird es gewesen sein. Genau so.“
Die Schärfe der Entgegnung führte zu einem tiefen Graben zwischen ihnen beiden. Ein Wort gab das andere. Aus heiterem Himmel entwickelte sich ein Streit. Es ergab sich einfach so. Joseph Wolf steigerte sich in seine Verteidigung regelrecht hinein. Dann glaubte er seinen besten Joker ausspielen zu müssen. Eine Dummheit, was hatte er sich nur dabei gedacht?
Langsam erhob er sich, vom Tisch schaute auf die Visitenkarte, hielt einen Augenblick inne bevor er mit ruhiger Stimme das weitere Geschehen in die Hand nahm.
„Frau Demmer, als Allgemeinmedizinerin werden sie leicht erkennen können, dass ich keinen Blödsinn von mir gebe. Selbst wenn sie nur Tierärztin sein sollten, soviel Verständnis darf ich voraussetzen.“
Was jetzt geschah, erstaunte die junge Frau, die mit offenem Mund auf den vor ihr stehenden Mann starrte. Sie war so verblüfft, dass sie nur still und ohne Worte dem Geschehen zu folgen vermochte. Mit einem schnellen Griff öffnete Joseph Wolf die Gürtelschnalle und nestelte den Hosenknopf auf. Dann fielen die Hüllen. Joseph stand in gelb-blau gestreiften Boxer-Shorts mitten im Raum. Wie erstarrt, unfähig zu einer Reaktion, stierte diese auf das lädierte Bein vor ihren Augen. Ihre Wut steigerte sich in ungeahnte Ausmaße.
„Das sind keine Kriegsverletzungen aber so etwas ähnliches“ knurrte Joseph Wolf giftig. Auch ihm wurde die ganze Sache nun mehr als peinlich. Er raffte seine Hose in die Höhe und versuchte hastig den Gürtel zu schließen. Schnell tastete er nach seiner Winterjacke um sich eilig davon zu machen.
„Entschuldigung, Frau Demmer, ich bin zu weit gegangen. Reichen Sie mir doch bitte meinen Hut damit ich gehen kann.“
Der Napoleonshut lag neben ihr auf dem Sofa. Automatisch reichte sie die Kopfbedeckung über den Tisch.
Joseph griff hastig danach, drehte sich um und wollte nur noch fort. Er hatte sich gehen lassen, das durfte nicht passieren. Was war nur los mit ihm?
„Was war das denn für ein skurriler Auftritt, echt krass der Typ.“ Doris drehte sich um und sah ihre Mitbewohnerin Gabriela im Durchgang vom Wohnzimmer zur Küche stehen.
„Echt geile Nummer, ganz großes Kino. Ich habe zwar nicht alles mitbekommen aber als er die Hosen runter gelassen hat, konnte ich vor Aufregung kaum noch Luft holen. Kommt selten vor, das ein Kerl so forsch ist.“Ihre Worte untermalte sie mit einem süffisanten Lächeln.
„Mein Oberarm hat blaue Flecken von der Herzlichkeit dieses Herrn Sonderbar abbekommen. Aber das ist ja nicht alles. Beleidigt hat er mich auch noch. Nur gut, das niemand davon etwas mitbekommen hat. Vor allen Leuten eine solche Szene, das hätte mir zu meinem Glück noch gefehlt.“ Doris Demmer zitterte bei dem Gedanken, was dieser Unhold hätte anrichten können.
Doris schniefte. „Ich kann den Kerl einfach nicht verputzen. So arrogant wie dieser Mensch gestern an meinen Tisch stolzierte. Ich habe ihn erst gar nicht gesehen. Und dann grapscht er nach mir. Richtig fest hat er sich in meinen Oberarm gekrallt.“
Es wurde schon dunkel. Rotwein stand auf dem Tisch. Die Stimmung konnte nicht prächtiger sein. Der arme Joseph wurde durch den Kakao gezogen. Gabriela verstand es meisterhaft die pikante Situation theatralisch nachzustellen. Als sie dann aufreizend langsam den Gürtel ihrer Hose löste und lässig noch einen Schritt weiterging, stand Doris von ihrem Sessel auf und eilte mit schnellen Schritten zum großen Fenster des Wohnzimmers.
„Moment, ich mach besser die Vorhänge zu.“
Kapitel 9
Was kann es Schöneres geben als Rosenmontag auf dem Polizeirevier, noch dazu in einer der Metropolen des organisierten Frohsinns in der Eifel. Wittlich, sonst eher ein ruhiges beschauliches Städtchen in der rheinischen Provinz, schien förmlich wie ein Bienenstock zu brummen. Jecken überall. Im absoluten Gegensatz zu diesem närrischen Treiben herrschte auf der Dienststelle eine sonderbar sachliche Stimmung. Ein Karnevalist würde nach einem Blick in die Amtsstube zu dem Urteil gelangen, dass sich bei dieser Narrenschar alle als Polizisten verkleidet hätten. Dies sei aber eher langweilig.. An Fastnacht jedem Narr sei Kapp. Helau.
Joseph meldete sich erst am Nachmittag zum Dienst. Mit Mühe schaffte er es durch die Eingangstür. In den Händen balancierte er eine große Pappschachtel. Es gab halt jede Menge netter Kollegen, die seinen umständlichen Versuch, elegant die Zugangspforte zu passieren, wohlwollend beobachteten. Auf die Idee ihrem Mitstreiter hilfsbereit entgegen zu eilen, wäre allerdings keiner der Anwesenden gekommen. Die ganze Aktion sah aber auch zu komisch aus. Fast schon ein Sketsch, den ihr Pfälzer Import da hinlegte. Großartig. Passend zum heutigen Rosenmontag. Gehörte doch sicher zur Show.
„Kollegen, uffbasse, heit is doch Fastnacht und da hab ich mir gedenkt, ich könnt doch moin Einstand feiern. Also wenn ihr wollt, hinne im Gemeinschaftskabuff do sin Kräppel für alle. Ich weiß aber net, wie ihr in Wittlich dazu sagt, aber schmecke wärn se eich trotzdem.“
Freundlicher Jubel brandete auf. Sogar die zur Vernehmung vorläufig Festgenommenen beteiligten sich in der Hoffnung, sie seien auch mit der Einladung zum Kaffee gemeint, klatschten begeistert. Aber so war das nicht gedacht. Der Service auf einer Polizeistation hatte gewisse Grenzen. Nach dem Mittagessen kam so ein zweiter Nachtisch gerade recht.
Was die Ermittlungsergebnisse von Joseph auf seinem Außenposten betraf waren die Kollegen eher skeptisch. Nun ja, so wurde der Mitarbeiter aus Ludwigshafen halt beschäftigt. Bevor er sie hier vor Ort von der Arbeit abhielt, sollte er doch den verdeckten Ermittler spielen. Schaden konnte es nicht. Unweigerlich gelangte die kleine Feiergesellschaft zum allseits beliebten Nummernschildraten. LU für Ludwigshafen regte die Geister an.
Der Vorschlag LU- FT … wurde vom Spitzenplatz der internen Hitparade durch das eindeutig bessere LU- MP …