Mausetot. Hermann Schunder
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Die Leiterin der Polizeiinspektion Wittlich ergriff das Wort. Es gäbe noch etwas anderes worüber wir mit Ihnen sprechen wollten. Joseph war froh, das er über seinen Fall nichts mehr zu sagen brauchte. Die Blamage eh schon groß genug. Mehr verkraftete er an diesem Vormittag nicht.
Das war ja ein tolles Ding. Joseph Wolf staunte, ordnete die Worte, die aus dem Mund der Staatsanwältin sprudelten und versuchte ein erstes Bild von der Lage zu skizzieren. Auf die Frage warum sich ein verurteilter Verbrecher nach dreizehn Jahren Haft sechs Monate vor seiner Entlassung aufhängt, wusste auch er keine schlüssige Antwort. Um Aufschluss über mögliche Beweggründe in diesem Fall zu erlangen, wäre die Mithilfe von ihm nötig. Natürlich nur, wenn er das wolle und er es sich zutraue undercover zu ermitteln.
Obwohl sich Joseph Wolf seinen Auftrag noch nicht so recht vorzustellen vermag, stand doch gleich fest, dass er eine solche verdeckte Ermittlung auf jeden Fall übernehmen würde. Von wegen ob er sich dies zutraue. Die beiden Frauen nickten sich unmerklich zu. Ein zufriedenes Lächeln zeigte sich auf ihren Gesichtern. Sie hatten ihr Ziel erreicht. Joseph Wolf an seiner Ehre gepackt, ging ihnen sofort und ohne zu überlegen sprichwörtlich auf den Leim. Noch ahnte er nicht, was bei diesem speziellen Einsatz auf ihn zukommen sollte.
„Noch eine Frage Herr Wolf. Sind sie mit ihrem Namen im Bereich der sozialen Medien gelistet?“ seine Chefin Hilde Brand wollte dies wissen. Mit der Akte seines neuen Falles vor der Brust war er abrupt stehen geblieben. Er stutzte und überlegte einen Augenblick. Mit dem Begriff soziale Medien konnte Joseph im Zusammenhang mit seiner Person nichts verbinden. Was mit der Frage gemeint sein könnte entzog sich seinem Horizont. So wie er verloren schaute, präzisierte Frau Brand, die Jüngere, ihre Worte.
„Finde ich, wenn ich bei Facebook, Whatsapp oder Google ihren Namen eintippe, irgendwelche Suchergebnisse zu einem Kommissar Joseph Wolf aus Ludwigshafen?“
Die Antwort knapp und präzise, da brauchte er nicht nachzudenken.
„Nein, als Person im Netz nicht bekannt.“
Kapitel 4
Morgen, Freitag am späten Nachmittag, sollte sein Undercover-Einsatz starten. Alles bereits vorbereitet. Sein Zimmer in der Pension vom Amt gebucht, darum brauchte er sich nicht zu kümmern.
Die Informationen an Presse, Funk und Fernsehen, zeitgleich getaktet, stellten sicher, dass die Nachricht vom Suizid des verurteilten Straftäters Karl Kronenberg erst gegen 18 Uhr publik wurde. Mit dem Fall hatte sich Joseph Wolf beim Durchblättern der Handakte vertraut gemacht. Üble Sache damals, ging wochenlang durch die Medien.
Entführung der Gattin eines Sparkassendirektors, hohe Lösegeldforderung, trotzdem tragischer Ausgang. Obwohl es zur Geldübergabe kam, blieb das Opfer verschwunden. Und dann das Unfassbare. Es gelang der Entführten sich zu befreien und aus ihrem Versteck im Wald zu flüchten. Völlig dehydriert endete die Flucht vor ihren Peinigern an einer Bahnstrecke mitten auf den Gleisen. In ihrem Zustand, betäubt vor Angst, Durst und Hunger, achtete die verwirrte Frau nicht auf einen heranbrausenden ICE.
Die Staatsanwaltschaft klärte den Fall schnell auf, aber dem Haupttäter, besagtem Kronenberg konnte eine direkte Mitschuld am Tod der Frau nicht nachgewiesen werden. So reichte es nicht ihn wegen Mordes zu verurteilen. Schwere räuberische Erpressung genügte aber auch um Kronenberg für mehrere Jahre hinter Gitter zu bringen. Von der Beute fehlte jede Spur.
Ein klar umrissener Auftrag. Die Staatsanwältin wies ihn mehrmals darauf hin, er solle Augen und Ohren offen halten. Mehr nicht! Geredet werde viel, besonders am Tresen in einer Dorfkneipe. Da der Verurteilte in Kesten an der Mosel, seinem letzten Wohnsitz, gemeldet war, saß er in der JVA Wittlich die letzten Jahre ein. Heimatnah hieß das im Amtsdeutsch. Die Staatsanwältin hatte sich zum Motiv für den Selbstmord äußerst vage geäußert. Um das nie aufgetauchte Geld aus der Erpressung, ging es aus ihrer Sicht nicht unbedingt. Sie vermutete eher als Motiv Rache für den sinnlosen Tod der Bankiersgattin.
Nun denn. Joseph Wolf reiste mit kleinem Gepäck. Spätestens am Sonntag nach dem Frühstück wollte er wieder zurück sein. Langsam fuhr er am Wittlicher Busbahnhof, die erste Abzweigung nach rechts nehmend, aus der Stadt hinaus. Mehrere Verkehrskreisel nahm er mit Schwung. Er achtete auf die Wegweiser und orientierte sich Richtung Mülheim und Bernkastel-Kues. Gleich nach dem Abzweig Richtung Klausen musste er scharf links abbiegen. Wieder rechts und dann durch die Ortschaft Monzel. An der Kirche den Berg hinunter und sein Ziel, lag in Sichtweite. Die Mosel schimmerte im leichten Nachmittagsdunst nur schwach.
Er passierte das Ortsschild Kesten. Die Geschwindigkeit seines Autos drosselte er stark ab. Das Straßenschild Am Herrenberg registrierte er zu spät und fuhr trotz mäßigem Tempo schnurstracks daran vorbei. Links vor der querenden Kreisstraße mit dem Stoppschild, zweigte eine kleine Gasse ab. Ein großer freier Platz, da konnte er seinen PKW wenden und in die gesuchte Straße einbiegen.
Sofort, ohne den Blinker zu setzen, zog er mit dem Auto auf den offenen Dorfplatz. Das energische Hupkonzert eines aufgebrachten Autofahrers, der hinter Joseph fuhr, störte ihn nicht. Den demonstrativ in die Luft gestreckten Stinkefinger ignorierte er großzügig und murmelte nur ein „selber Arschloch“ in seinen imaginären, also nicht vorhandenen Bart.
Die Ferienpension Moselblick hingegen fand er schnell. Ein verwittertes Hinweisschild gab Auskunft und offerierte „freundliche Fremdenzimmer mit allem Komfort.“
Freitagabend, kurz vor sechs Uhr, das wusste Joseph aus eigener Erfahrung, drängten die ersten Durstigen in die Kneipen. Er hatte noch genügend Zeit für einem ersten Rundgang. Bei knapp vierhundert Einwohnern konnte es an Infrastruktur nicht all zu viel geben. Ohne große Erwartungen trat er aus der Tür seiner Pension.
Nur die katholische Kirche mit ihrem markanten rechteckigen Turm konnte er in der abendlichen Dunkelheit ausmachen. Mit der Besichtigung des Bauwerks hatte es keine Eile. Also ging Joseph Wolf in die andere Richtung. Die Gastwirtschaft Zum Gutsausschank Kloster Himmerod befand sich offensichtlich in der Mitte des Dorfes. Dort kreuzten sich die aus Monzel vom Berg herab führende Hauptstraße mit der sinnigerweise nach der Mosel benannten Moselstraße und dem Herrenberg.
Nur wenige Schritte weiter überquerte er die Kreisstraße, die links nach Lieser und rechts nach Minheim führte. Ein Hochwasserdamm schottete das Dorf vor den Unbilden der Mosel ab. Der unberechenbare Fluss hatte in der Vergangenheit immer wieder das Bedürfnis verspürt den Bewohnern von Kesten einen Besuch abzustatten. Die an einigen Häusern angebrachten Markierungen mit historischen Wasserständen blieben für Joseph ohne Aussagekraft. Zwar las er die Jahreszahlen der auf den kleinen Schildchen vermerkten Höchststände, doch blieben diese nicht in seinem Kopf. Gesehen und gleich wieder vergessen.
Er passierte einen hohen Torbogen, sah rechts ein kleines Toilettenhäuschen und öffnete die Tür zur Gaststätte. Zwei Schritte ins Innere. Der sich über Jahre hinweg festgesetzte Tabakqualm schlug ihm bitter entgegen. Hinter der langen Theke die übliche Ausstattung einer von der Brauerei finanzierten Einrichtung. Bis auf eine Besonderheit, die Joseph sofort ins Auge stach.
Ungewöhnlich für einen solchen Ort, wo die Einheimischen ihren Feierabenddurst löschten. Jetzt im Winter kamen keine Touristen vorbei. Demzufolge kaum Betrieb. Direkt am Eingang auf den ersten beiden Barhockern hatten es sich zwei Männer gemütlich eingerichtet. Bierflaschen standen vor ihnen. In kurzen Abständen ein leichtes Klirren und Klicken, wenn die gedrungenen Stubbiflaschen aneinander schlugen. Ein Prost und dann das obligatorische Oah, tut das gut, das brauch ich nach so