Ströme meines Ozeans. Ole R. Börgdahl

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Ströme meines Ozeans - Ole R. Börgdahl страница 40

Автор:
Серия:
Издательство:
Ströme meines Ozeans - Ole R. Börgdahl

Скачать книгу

Massen von Menschen dorthin. In meinem Atlas ist der vermeintliche Ort des Goldfundes nur eine große weiße Fläche, allein der Yukon-River, der hoch oben im Norden unseren Pazifik erreicht, ist in den Karten eingetragen. Zu meiner Zeit bei Monsieur Rolland bin ich viel mit Gold umgegangen, ohne mir Gedanken zu machen, wo dieses Metall seinen Ursprung hat. Monsieur Rolland hat oft Gold aus alten Schmuckstücken eingeschmolzen. Einen Nugget, wie ihn das Magazin beschreibt, habe ich allerdings noch nie gesehen. Solche Nuggets finden die Goldsucher in den eiskalten Flüssen im Norden Kanadas. Daraus werden dann irgendwann Ringe oder Broschen gefertigt, aber erst dann, wenn dieses Gold seinen Weg in die Zivilisation gefunden hat. Wer Gold findet, verdient eine Menge Geld, wer daraus Schmuck herstellt und ihn verkauft, verdient noch weitaus mehr. Das habe ich bei Monsieur Rolland gelernt.

      Papeete, 28. Juni 1898

      Ich habe mich heute sehr über die Mädchen geärgert. Ich weiß, dass ich ungerecht bin, sie haben es ja nicht böse gemeint und eigentlich hat ja auch Fanaa Schuld, aber ich bin schon wieder ungerecht. Thérèse und Julie haben heute die Holzkiste entdeckt, in der ich meine Journale und Bücher aufbewahre. Zunächst einmal haben sie die Reissäckchen herausgeholt und sich damit beworfen. Es ist sogar eines aufgerissen und sie haben den Reis gegessen. Ich hoffe es schadet ihnen nicht. Schaden genommen haben dann aber einige meiner Hefte. Die Kinder haben sie alle vollständig aus der Kiste genommen und über den Fußboden verteilt. Dabei sind einige zerrissen. Ich bin dazugekommen, als sie sich gerade an einem der schweren Bücher zu schaffen machten. Ich habe sofort nach Fanaa gerufen. Sie sollte die Kinder hinausschaffen und ich habe natürlich auch mit ihnen geschimpft. Dann habe ich den Schaden begutachtet und alles wieder eingeräumt. Es hat mich wirklich geärgert. Victor soll sich jetzt um ein Schloss für meine Kisten kümmern.

      Papeete, 12. Juli 1898

      Ich halte die Februarausgabe des Strand Magazines in Händen. Die Post kam vor wenigen Stunden. Ich habe die Ausgabe wie immer erst einmal durchgeblättert. Eine Geschichte hat sofort meine Aufmerksamkeit erregt. Es geht um neuartige Rollschuhe. Ich bin selbst früher viel auf Rollschuhen gelaufen. Ich mochte es noch viel lieber als das Schlittschuhlaufen. Bislang kannte ich allerdings nur Rollschuhe, deren vier Räder paarweise angeordnet sind. Das Strand Magazine stellt ein ganz neues Modell vor, das an jedem Schuh nur zwei Räder hat, die auch noch hintereinanderliegen. Ich kann mir nicht vorstellen, damit das Gleichgewicht zu halten, aber es scheint zu gehen. Ich würde schon gerne einmal wieder Rollschuhlaufen und auch gerne diese Neuheit ausprobieren. Hier auf Tahiti gäbe es allerdings wenige Möglichkeiten, weil die Straßen in der Stadt zu belebt und die meisten der Straßen außerhalb nicht befestigt sind.

      Papeete, 20. Juli 1898

      Es gibt doch diese Wachszylinder, auf denen Stimmen und Gesang festgehalten werden können. Ich habe davon gelesen, aber die Apparatur bisher nur auf Bildern gesehen. Es wird in den Trichter hineingesprochen, während der Wachszylinder sich dreht und mit einer Nadel eingeritzt wird. Wie es genau funktioniert, weiß ich nicht. Ich denke aber gerade, dass es sehr schön wäre, einen solchen Apparat zu besitzen. Wir könnten von Zeit zu Zeit die Stimmen der Kinder aufnehmen und uns später anhören, wie sie sich verändern. Wir könnten auch die Geräusche hier auf Tahiti in die Wachswalze ritzen, das Rauschen des Meeres, die Geräusche des Dschungels und sogar die Gesänge der Kokospflanzer.

      Papeete, 28. Juli 1898

      Ich habe über die neusten Entwicklungen in Dschibuti gelesen, das seit kaum zwei Jahren zum französischen Kolonialgebiet in Afrika gehört. Ich war sogar schon einmal dort, nicht an Land, aber in den Gewässern davor. Mein Blick in den Atlas bestätigt es. Die Stadt Dschibuti, die der Kolonie ihren Namen gab, liegt im Golf von Aden. Ich habe in meinem Tagebuch nachgeschlagen. Wir haben damals mit dem Schiff von Marseille aus bis in den Golf von Aden etwa neun Tage gebraucht. Ich erinnere mich auch, dass es in dieser Gegend recht heiß war.

      Papeete, 7. August 1898

      Heute haben wir einen Sonntagsausflug mit Pferd und Wagen unternommen. Victor ist schon früh aufgestanden, um das Gespann von einem Nachbarn zu holen. Wir haben noch schnell gefrühstückt, den Picknickkorb, Decken und Handtücher zusammengepackt und sind Richtung Mahina aufgebrochen. Wir haben es nicht bis ganz nach dorthin geschafft, auch weil wir eine nette, kleine Bucht entdeckt haben. Auf Moorea haben die Kinder das erste Mal im Meer gebadet und fanden das warme Wasser herrlich, sodass wir auch heute wieder baden gehen wollten. Victor hat das Pferd abgespannt und auf der Wiese mit einem langen Strick angebunden, sodass es ausgiebig weiden konnte. Wir haben es uns dann am Strand gemütlich gemacht. Ich konnte die Kinder kaum halten, so schnell wollten sie ins Wasser. Victor ist mit ihnen gegangen. Es wurde erst ein übermütiger Vormittag und dann ein träger Nachmittag. Gegen vier haben wir uns dann wieder auf den Rückweg gemacht. Kurz hinter Arue ist Victor eingefallen, dass er mir etwas zeigen wollte. Wir sind mit dem Wagen in einen Weg eingebogen und ein ganzes Stück gefahren. Dann mussten wir den Rest zu Fuß laufen. Wir haben die Kinder getragen, die uns schon fast eingeschlafen waren. Es war dann aber nicht weit. Das Gestrüpp wurde immer dichter. Ich wollte schon protestieren, aber dann standen wir plötzlich auf einer kleinen Lichtung. Das Gras war hochgewachsen und darum habe ich es erst gar nicht gesehen. In der Mitte der Lichtung lag eine Steinplatte, kreisrund und bestimmt zwei oder sogar drei Meter im Durchmesser. Am Rande der Lichtung, schon von den Bäumen verdeckt, standen auch noch zwei Steinfiguren, zwei große Tikis. In die Steinplatte waren Linien gemeißelt, Symbole einer fremden Kultur, ein Altar, wie Victor sagte. Seine Leute haben die Steinplatte und die Tikis entdeckt. Selbst die Eingeborenen wissen nicht, wo sich diese Altäre aus vergangenen Zeiten überall auf der Insel befinden. Ich soll aber nicht zu viel darüber reden, denn es gibt auf Tahiti übereifrige Missionare, die solche heidnischen Stätten gerne sprengen lassen. Es soll schon vorgekommen sein, mit der Begründung, dass die Maori am Sonntagvormittag in die Kirche gehen, um am Nachmittag ihren alten Göttern zu huldigen. Dabei fällt mir ein, dass wir den Gottesdienst heute auch verpasst haben, aber dafür waren wir ja gestern in der Spätmesse.

      Papeete, 16. August 1898

      In einer amerikanischen Zeitung habe ich den Bericht über die Weltreise eines Kapitän Joshua Slocum gelesen. Ich musste sofort daran denken, dass mich Victor damals doch nicht angeflunkert hat. Er hat diesen Slocum tatsächlich auf Nuku Hiva getroffen. Kapitän Slocums Reise dauerte drei Jahre und zwei Monate. Erwähnung fand auch die Größe seines Bootes, eines sechsunddreißig Fuß langen Seglers, was etwa zwölf Metern entspricht. Ich kenne die Weiten der Ozeane und mir würde bange werden, wenn mich lediglich die Planken eines so winzigen Bootes von den unendlichen Wassern und den schwarzen Tiefen trennen würden.

      Papeete, 21. August 1898

      Ich musste heute an unseren Ausflug vor zwei Wochen denken. Wir waren in der Kirche und während der Predigt habe ich mich vorsichtig umgesehen. Am Gottesdienst nehmen ja auch immer die Hausangestellten teil. Fanaa singt sogar im Chor. Ich habe in die Gesichter der Maoris geschaut und mich gefragt, ob sie in wenigen Stunden die Tikis in den Wäldern aufsuchen und mit Gebrüll und wilden Tänzen andere Gottheiten besingen, ob sie vielleicht Opfer bringen, einen Hahn oder gar eine Ziege. Ich kann es mir wirklich nicht vorstellen, dass diese Leute so etwas machen. Es ist Hysterie der Missionare, die in jedem Stück fremder Kultur eine Sünde gegen den einzig wahren Gott sehen.

      Papeete, 1. September 1898

      Der Krieg um die Philippinen und Kuba ist entschieden. Die Amerikaner haben sich durchgesetzt, so wie es Victor vorhergesehen hat. Es gab bereits eine Friedenskonferenz, in der ein Franzose vermittelt hat. Monsieur Cambon ist unser Botschafter in der amerikanischen Hauptstadt. Nun ist es noch kein endgültiger

Скачать книгу