I Ging. Andrea Seidl

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I Ging - Andrea Seidl

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heraus begriff. Diese Lebenspraxis ergänzte sich ganz von selbst mit meinem Fachwissen aus Psychologie und Spiritualität.

      Richard Wilhelm blieb in diesem ganzen Prozess mein hochgeschätzter Dreh- und Angelpunkt, doch auch einige neuere Autoren vermittelten mir wertvolle Ansätze. Mit großem Gewinn habe ich vor allem drei Werke gelesen, die ich hier explizit und in Dankbarkeit nennen möchte: „I Ging, das Buch vom Leben“ von René van Osten, die „Schule des I Ging“ von Franciscus Adrian und „Das kosmische I Ging“ von Carol Anthony und Hanna Moog. Viele ihrer Gedanken sind in das vorliegende Buch eingeflossen.

      Einführung

      Vielleicht schauen Sie ja gerade zum ersten Mal in eine Ausgabe des I Ging, mit der stirnrunzelnden Frage:

      Was ist das I Ging überhaupt?

      Viele Menschen mit bester Schulbildung und Universitätsabschluss haben noch nie etwas davon gehört. Das ist auch gar nicht verwunderlich, denn es gehört ja in den höchst esoterischen Kontext des alten chinesischen Denkens. Kampfsportler und Feng-Shui-Anhänger mögen schon einmal darauf gestoßen sein, da die acht grundlegenden Bausteine des I Ging, die so genannten Trigramme, in der Philosophie dieser Disziplinen ebenfalls eine tragende Rolle spielen und immer wieder abgebildet werden – oft nur, weil das so hübsch chinesisch und bedeutsam aussieht.

      Wenn Sie also noch nicht viel Ahnung vom I Ging haben, muss Ihnen das nichts ausmachen. Sie sind in guter Gesellschaft.

      Dennoch möchte ich diesem „Defizit“ ein wenig abhelfen, ohne dabei zu akademisch zu werden. Ich erzähle Ihnen das, was mein eigenes Interesse erweckt hat, im vollen Bewusstsein, wie subjektiv das ist. Den Anspruch auf Objektivität habe ich längst aufgegeben, er ist für niemanden einlösbar. Ich stelle Ihnen hier vor, was ich für wichtig halte und was mich bewegt. Wenn Sie mehr wissen möchten, kann Ihnen die Literaturliste im Anhang gute Dienste leisten.

      Also noch einmal: Was ist das I Ging?

      Das I Ging (oder I Ching oder Yijing) ist ein Buch, ein uraltes Buch – eines der ältesten der Welt, ein Orakel- und Weisheitsbuch aus dem alten China, aufgeschrieben vor gut 3000 Jahren, doch mit noch viel älteren Ursprüngen. Das I Ging ist kein Buch, das zum Durchlesen gedacht ist – obwohl man natürlich auch das mit Gewinn tun kann. Im Grunde ist es ein Buch, das uns auf die Fragen unseres Lebens Antwort geben will, also ein Buch, das mit uns spricht.

      Wortwörtlich bedeutet I Ging: „Buch (Ging) vom Werden und Vergehen (I)“ oder, so hat es sich eingebürgert: „Buch der Wandlungen“. In diesem kurzen Titel steckt schon die zentrale Idee der chinesischen Philosophie: dass alles in Bewegung und nichts von Dauer ist, oder wie es Heraklit formulierte: dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann, weil „alles fließt“.

      Im I Ging verdichtet sich das Weltbild der alten Chinesen, ein Modell des Kosmos aus vorpatriarchaler Zeit, als die Menschen sich noch im Einklang mit dem Ganzen fühlten. Dieses spirituelle Meisterwerk mit universellem Gültigkeitsanspruch stammt nicht aus der Hand eines einzigen Autors, es wurde von Generationen von Schamanen und Weisen zusammengetragen, die im innigen Kontakt mit der kosmischen Wirklichkeit standen. In diesem Buch bilden die sichtbare Wirklichkeit und die unsichtbare, geistige Welt noch eine Einheit, ganz so wie es das esoterische Gesetz des Hermes Trismegistos ausdrückt: „Wie oben, so unten“ (oder auch: „Wie innen, so außen“ – und umgekehrt). Dieses Buch offenbart also ein durch und durch ganzheitliches Weltverständnis, in dem auch die Zeit symbolische Qualitäten aufweist.

      Ja, und dieses steinalte Buch aus dem fernen Osten will auch für uns, hier und heute, gültig sein. Es hat den Anspruch, die Gesamtheit aller kosmischen Gesetzmäßigkeiten und ihrer Auswirkungen in einem Code von 64 Strichmustern zu umschreiben. Damit bietet es sich uns als wertvoller Ratgeber für die Entscheidungen unseres Alltags an.

      Viele Menschen sind überrascht und betroffen, wenn sie sich zum ersten Mal an das I Ging wenden – denn es kommt ihnen entgegen wie ein lebendiges, bewusstes Wesen mit größter Einfühlungskraft. Es vermittelt uns das starke Gefühl, von einer unsichtbaren Präsenz gesehen zu werden, was sich zunächst geradezu unheimlich anfühlen kann. Doch mit der Zeit kann es zu einem intimen Freund werden, zu einem persönlichen Coach, ja, zu einem spirituellen Lehrer.

      Mir hat das I Ging schon oft den Kopf gewaschen, wenn mein Ego sich aufgeplustert hatte, und mich in anderen Situationen wieder liebevoll aufgemuntert und an meine Ressourcen erinnert. Jenseits unserer alltäglichen Moralvorstellungen verfolgt es eine eigene Zielrichtung, die ausschließlich auf unser spirituelles Wachstum hinzielt. Nach vielen Jahren der Erfahrung mit dem I Ging kann ich sagen: Ich weiß, dass es funktioniert. Für das Warum fehlen mir beweiskräftige Erklärungen, auch wenn ich natürlich meine persönlichen Lieblingshypothesen habe.

      Dieses merkwürdige alte Buch hat schon viele Menschen in seinen Bann gezogen, auch hier bei uns im Westen. Carl Gustav Jung, der über die Archetypen der Welt forschte, experimentierte damit und kam zu dem Ergebnis, es zeige einen Ausblick auf den unsichtbaren Plan des Lebens. Dieser ungewöhnliche Forscher besaß den Mut, seinen spottenden Zeitgenossen zum Trotz zu bekennen, dass er den Aussagen des I Ging vertraue. Und er versuchte, über die Dynamik des kollektiven Unbewussten aufzuzeigen, warum seine Antworten stimmen. Hermann Hesse war vom I Ging ebenso tief beeindruckt. Er verarbeitete seine Begegnung mit dem Orakel im komplexesten seiner Bücher, dem Spätwerk „Das Glasperlenspiel“. Darüber hinaus standen auch große Wissenschaftler wie Werner Heisenberg und Künstler wie Bob Dylan fasziniert vor jener Weisheit, die alle wissenschaftlichen Beweise transzendiert.

      Historischer Hintergrund

      Vorgeschichte

      Die Ursprünge des I Ging liegen in der Jungsteinzeit (ca. 3000 v. Chr.). Damals gab es noch keine geschriebene Sprache, so dass jegliches Wissen mündlich weitergegeben wurde. In unserem typisch modernen Hochmut neigen wir dazu, die Menschen von damals als „Primitive“ zu bezeichnen. Doch es ist gut möglich, dass sie uns auch Einiges voraushatten, da sie noch im ungestörten Einklang mit der Natur lebten – sowohl mit der Natürlichkeit ihres eigenen Wesens als auch mit ihrer Umwelt. Der Ethnologe Claude Lévi-Strauss hat das als „participacion mystique“ bezeichnet, als mystische Teilhabe am Göttlichen. Heutzutage schauen wir fast ein wenig neidisch auf diese „edlen Wilden“, die wohl in einer Art paradiesischen Symbiose mit dem Kosmos lebten. Das idyllische Bild, das wir von ihnen malen, macht uns bewusst, wie fremd und verloren wir uns selbst in unserer Welt fühlen und in welchem Maße wir das Gespür für das harmonische Mitfließen im Großen Ganzen verloren haben.

      Dieses Gefühl von Abgetrenntheit scheint physiologisch mit der Weiterentwicklung der Sprache und des linkshemisphärischen, rationalen Denkens zusammenzuhängen, die unsere rechte, ganzheitliche Hirnhälfte ins Hintertreffen brachte. So stolz wir auch auf unseren hoch differenzierten Intellekt sind – durch ihn kam uns auch etwas Wesentliches abhanden: das Gefühl heimischer Geborgenheit in der Welt.

      Im Zuge dieses evolutionär fortschreitenden Entfremdungsprozesses wurde schließlich besonders eingeweihten Menschen die Aufgabe übertragen, die Verbindung zum Göttlichen zu erneuern. So schlug die Geburtsstunde der Religion. Durch Trancen und ekstatische Zustände versuchten die archaischen Schamanen den Kontakt zu den versperrten Erfahrungswelten wiederherzustellen. In ihren außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen „sahen“ sie überzeitliche Zusammenhänge, die sowohl das Diesseits wie auch die Welt der „Götter“ betrafen. Diese seherische Funktion der Schamanen im alten China wurde mit der Zeit immer mehr an Orakelmethoden delegiert: Zunächst las man in der Musterung der Rückenpanzer der heiligen Schildkröte, später griff man zu Schafgarbenstengeln – dem traditionellen Werkzeug der I Ging-Befragung.

      Taoismus

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