I Ging. Andrea Seidl
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Ich lege Ihnen hier eine Version vor, die vor allem psychologisch orientiert ist. Ich spreche zwar kein Wort Chinesisch, doch durch eine gründliche Sichtung der Literatur und vor allem die spirituelle Vertiefung in den Sinn der Hexagramme ist ein ernsthaftes neues Werk entstanden. „Mein“ I Ging wächst und verändert sich täglich, auch wenn die Erkenntnisse dieses aktuellen Moments jetzt in Buchform fixiert werden. Was hier vor Ihnen liegt, entspricht meinem persönlichen Verständnis zu diesem ganz bestimmten Moment und hat keinen Anspruch auf Ewigkeit.
I Ging und Wissenschaft
Als Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung gehört das I Ging in die Branche der Geisteswissenschaftler, vor allem der Sinologen. Dort wird es im Allgemeinen sehr akademisch erforscht, ohne große Rücksicht auf seinen spirituellen Gehalt. Sollten Sie gar einem konventionellen Vertreter der Naturwissenschaften etwas vom I Ging erzählen, hört dieser meist nur solange aufmerksam zu, bis er registriert, dass das I Ging ein Orakelbuch ist. - Natürlich: Orakel widersprechen dem etablierten materialistisch-rationalen Weltbild und finden deshalb in naturwissenschaftlichen Kreisen allenfalls lächelnde Verachtung.
Rein auf Logik gepolte Menschen bestehen darauf, dass der Zufall sinnlos und chaotisch sei. Dabei sind die allerneuesten wissenschaftlichen Modelle gar nicht mehr so weit von der Möglichkeit entfernt, dass im „Zufall“ tatsächlich Bedeutung steckt. So hat die Chaosforschung herausgefunden, dass im Universum Ordnung eher die Ausnahme ist, während der Zufall erstaunliche Gesetzmäßigkeiten aufweist…
Doch wandern wir ein Stück in der Zeit zurück. Einer der ersten westlichen Wissenschaftler, die sich mit der Denkweise Chinas befassten, war der deutsche Philosoph und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 -1716). Zu seiner Zeit galt er als der Entdecker des mathematischen Binärsystems. Als ihm eine Tafel mit den Hexagrammen des I Ging in die Hände fiel, musste er verblüfft feststellen, dass dessen Grundbausteine genau mit seinem binären System übereinstimmten (Yin = 0 / Yang = 1)1. Diese uralte mathematische Methode ist heute aktueller denn je, da sie an der Basis der digitalen Datenverarbeitung steht. Kein Wunder, dass manche das I Ging scherzhaft als den ältesten Computer der Welt bezeichnen.
Der Aufschwung der Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert propagierte die Welt als Maschine. Heute haben die Theorien von Einstein und Heisenberg das alte mechanistische Paradigma abgelöst und zeigen die Welt aus einem veränderten Blickwinkel. Die moderne Quantenphysik ist im Grunde eine Bestätigung der Kosmologie des I Ging. Hier wie dort gilt: Es gibt keine stabilen oder absoluten Größen. Alles ist gerade dabei, etwas anderes zu werden. Alles kommuniziert miteinander. Gegensätze sind eins. Es gibt keine festen Grenzen zwischen Dingen oder Ereignissen...
Werner Heisenberg erkannte im so genannten „Beobachterprinzip“, dass Subjekt und Objekt untrennbar miteinander verbunden sind. Albert Einstein stellte fest, dass Materie und Energie quasi austauschbar sind, dass Zeit und Raum engstens zusammenhängen… All das hört sich geradezu mystisch an. Und tatsächlich gelangt man, wenn man die Erkenntnisse der Quantentheorie konsequent weiterverfolgt, zu einer erschütternd neuen Weltanschauung. In dieser neuen Wirklichkeit reduziert sich unsere gewohnte Vorstellung separater Dinge und Personen auf eine rein mentale Konstruktion ohne physikalische Realität.
Auch in der Biologie gibt es erstaunliche Parallelen. Der Arzt und Philosoph Martin Schönberger kam Ende der 60er Jahre zu dem Schluss, dass der DNS-Code sich bis ins Detail mit der Struktur des I Ging deckt. Der genetische Bauplan des Lebens ist in den 64 Tripletts der Proteinsynthese verschlüsselt, genau wie das I Ging in 64 Hexagrammen codiert ist. Schönberger fand noch viel umfassendere Analogien, die ihn zu der These brachten, dass beide Muster übereinstimmen und letztlich auf eine einzige „Weltformel“, eine Art mathematischer „Schicksals-Programmierung“ zurückgehen.
All diese Einsichten haben das materialistische Modell des Kosmos ins Wanken gebracht und damit den Weg für ein spirituelles Weltbild gebahnt. Die neuen Wissenschaftszweige wie Bewusstseinsforschung und Quantentheorie liefern Ergebnisse, die sich mit den Erkenntnisprozessen des I Ging grundsätzlich vereinbaren lassen, auch wenn es da sicher noch Vieles zu erforschen gibt.
Da ich selbst von dieser Materie zu wenig verstehe und hier auch nicht den Raum habe, um diese hochkomplexen Zusammenhänge stimmig zu präsentieren, empfehle ich Ihnen, sich selbst ein Bild zu machen. Die Literaturliste am Ende des Buches gibt Ihnen dazu einige Impulse.
1 Diese dualistisch vereinfachte Darstellung wird der Philosophie des I Ging nicht wirklich gerecht: In Wahrheit sind Yin und Yang ja keine digital abgrenzbaren Ja- Nein-Zustände, sondern die beiden polaren Enden eines Kontinuums!
Die Philosophie des I Ging
Das I Ging beruht auf einem metaphysischen Weltgebäude, das auch den chinesischen Kampfkünsten, dem Feng-Shui und der traditionellen chinesischen Medizin zugrunde liegt.
Die Schöpfung
Das Tao erschafft die Eins.
Die Eins erschafft die Zwei.
Die Zwei erschafft die Drei.
Die Drei erschafft alle Dinge.
(Laotse)
Die Schöpfungsgeschichte der alten Chinesen drückt sich in numerischen Metaphern aus, die direkt in die mathematische Symbolik des I Ging münden:
Am Anfang war nur das Tao, jenseits von Zeit und Raum, die Quelle allen Seins, grenzenlos, formlos, ewig und unendlich. Dieser göttliche Ursprung wird dargestellt in der Null oder dem leeren Kreis (Wu Chi) und aus ihm geht der erste Schöpfungsakt hervor: Aus Nichts wird Etwas, aus 0 wird 1, die Leere erzeugt die allumfassende Einheit (Tai Chi, das Paradies). So wie ein Magnet zwei Pole hat, umfasst diese übergeordnete Ganzheit die sexuellen Energien von Yin und Yang (Adam und Eva). Damit erzeugt die Einheit die Zweiheit. Aus der Polarität von Yin und Yang entspringt wiederum die Dreiheit – die Grundbausteine der Welt, die acht Trigramme. Und die Dreiheit erschafft schließlich die Vielheit: aus den Trigrammen entstehen die Hexagramme, der Kosmos in seiner Fülle. So gesehen bringen das männliche Yang und das weibliche Yin in einem ewigen Prozess kosmischer Sexualität die ganze unüberschaubare Welt der „zehntausend Dinge“ hervor.
Die Urpolaritäten
Alle Dinge haben im Rücken das Dunkle
und wenden sich hin zum Licht.
Wenn Licht und Dunkel sich verbinden,
kommt Harmonie in alle Dinge.
(Laotse)
Nach der Grundidee des östlichen Weltbildes ist das Universum also eine Art zweigeschlechtlicher Organismus, in dem das Leben (Chi) zwischen den Polen von Yin und Yang pulsiert. Die Welt ist nichts anderes als der Tanz dieser beiden Grundkräfte, die in ihrem ständigen, kreativen Wechselspiel alles erschaffen, was ist. Der stetige Wandel aller Dinge ist also kein Ausdruck von Chaos, sondern die natürliche Ordnung der Welt. Leben heißt Veränderung und bleibt niemals stehen. Doch diese Veränderung ist nicht willkürlich, sondern folgt einer inneren Gesetzmäßigkeit, die im I Ging aufgezeichnet ist. Seine Hexagramme geben diese fluktuierende Weltordnung, den „Fluss der Dinge“ getreu wieder. So gibt es das Zeichen „Vor der Vollendung“ (Hex. 63), ebenso wie das Zeichen „Nach der Vollendung“