Homo sapiens movere ~ geliebt. R. R. Alval
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Ich nutzte das integrierte Bad und fiel kurz darauf ins Bett.
Augenblicklich schlief ich ein.
2
Das Bett in Romans Gästezimmer war ein Traum. Ich hatte wunderbar geschlafen. Dementsprechend fiel es mir schwer, aus dem gemütlichen wolkenweichen Bett aufzustehen. Gern wäre ich noch liegen geblieben. Nur, um das herrliche Gefühl auszukosten. Ich fühlte mich wie eine Königin. Eine zerzauste, vom Schlaf noch zerknitterte, grinsende Königin.
In Unterwäsche.
Bei mir daheim schlief ich ab und zu nackt. Hier würde ich mich das nie wagen. Zum Glücklichsein fehlte mir nur noch das Frühstück ans Bett. Hm, wollte ich das wirklich?
Nein.
Edgar musste meine Unterwäsche nun wirklich nicht sehen.
Ich grinste noch ein bisschen breiter. Mit einem tiefen Atemzug sprang ich beschwingt aus dem Bett, trottete ins Bad und stellte mich unter die Dusche.
Eine halbe Stunde später saß ich mit Edgar am Frühstückstisch. Von Roman keine Spur. Super. Dabei wollte ich gern wieder heim. Es ging mir gut. Falls ich nochmal umkippte, konnte Roman sowieso nichts dran ändern. Ich ebenso wenig. Solange mir die Ursache unbekannt war, blieb mir nur ins Blaue zu raten. Zu hoffen, dass mir bis zum nächsten Blackout etwas Zeit blieb.
Ein paar Jahre oder so.
Den Vormittag verbrachte ich faul in Romans Garten. Einem sehr schönen Garten. Mit viel Gras und Blumen und einem Pool. Einem echten. Riesengroßen. Mit türkisblauem Wasser. Rings um das weite Grundstück gab es perfekt gestutzte Hecken. Um den Pool standen blaue und gelbe Büsche. Ebenfalls korrekt gestutzt und blickdicht. Sollte Roman ein paar Kumpel zum Fußballspielen einladen, würden die mich nicht sehen. Ich lachte heiser bei der Vorstellung. Roman und Fußballspielen? Ebenso gut könnte ich mir vorstellen, dass er häkelte. Das wäre zum Brüllen komisch.
Das Wasser lockte mich.
Zu schade.
Denn Badesachen hatte ich unter den Klamotten nirgends entdeckt. Seufzend drehte ich mich auf den Rücken. Schlimm genug, dass ich in Unterwäsche am Pool lag. Rosa Spitze. Nicht zwingend unsexy, aber kein Ersatz für einen Bikini. Woher kannte Roman meine Kleidergröße? Gut geraten? Schon wieder seufzte ich. Die Sonne schien erbarmungslos. Wenigstens hatte ich mir von Edgar etwas Sonnencreme ergattert. Ansonsten würde sich die Farbe meiner Haut nur noch dezent von der einer Tomate unterscheiden.
Ach was soll‘s!
Kurz entschlossen stand ich auf, schlüpfte aus dem BH, stieg aus dem Höschen und glitt in das kühle Nass.
Herrlich.
Unbezahlbar.
Ich schwamm ein paar Bahnen. Dann ließ ich mich auf dem Rücken treiben. Toter Mann –har har. Dabei hatte mich die Presse oft genug den ‚grauen Mann‘ genannt. Tja… ich war weder tot noch grau noch ein Mann.
Gott sei Dank.
Ein Räuspern hätte fast dafür gesorgt, dass ich mich selbst ersäufte. Edgar stand neben dem Pool. In der Hand ein Telefon. „Ihre Mutter, Samantha.“ Jetzt war ich dunkelrot.
Trotz Sonnencreme.
„Danke.“
Ich glitt an den Rand des Pools und nahm das Telefon entgegen. Es wäre idiotisch, würde ich jetzt noch versuchte meine Blöße zu bedecken – indem ich erst aus dem Wasser stieg und das Handtuch um mich schwang. Was Edgar gnädigerweise gleich mitgebracht hatte.
Ich Trottel. An ein Handtuch hatte ich natürlich nicht gedacht. Edgar ging unbeeindruckt wieder hinein. Als wäre es alltäglich, einer nackten Frau das Telefon zu bringen.
„Bin dran.“, meldete ich mich. Mein Kopf fühlte sich immer noch heiß an. Mein Körper war schön. Peinlich war es mir trotzdem. Am liebsten wäre ich untergetaucht. Nur für ein paar Minuten. Aber dann hätte ich meine Mutter nicht mehr gehört. Zudem war Edgar längst außer Sichtweite. Und vermutlich auch außer Hörweite.
Meine Mutter fragte mich aus. Ich glaubte, um sich selbst zu beruhigen. Die Telefonnummer hatte sie von Roman bekommen, der sie bereits in Einiges eingeweiht hatte. Deshalb fiel es mir auch ziemlich leicht, Auskunft zu geben. Ich musste nichts für mich behalten.
Es war … erleichternd.
Nach dem Vormittag am und im Pool war ich hungrig. Ich aß mit großem Appetit. Edgar benahm sich ganz wie er selbst. Falls ihn mein Anblick schockiert haben sollte, konnte er das gut verstecken. Oder aber, ich interpretierte zuviel hinein. Edgar hatte mit Sicherheit schon mehr als eine Frau nackt gesehen. Er schien meinen inneren Zwiespalt zu bemerken. „Machen Sie sich nicht so viele Sorgen, Samantha. Ich kann mich, damit es ihnen besser geht, selbstverständlich ebenfalls ausziehen. Allerdings ist mein Körper nicht halb so ansehnlich wie ihrer. Nun? Was meinen Sie?“ Prompt verschluckte ich mich. „Äh… danke. Nein. Ich… es ist mir bloß peinlich.“ Edgar nickte. „Das muss es Ihnen nicht sein. Ich werde jetzt allerdings nicht sagen, dass Sie meinen Tag gerettet haben. Eine solche Abwechslung könnte zu aufregend für mich sein.“ Meine Lippen zitterten.
Nur kurz.
Dann prustete ich los.
Lauthals.
Edgar schloss sich meinem Ausbruch von Heiterkeit an. Das Thema hatte sich damit erledigt.
„Was ist denn hier so lustig?“ Roman. „Nichts.“, antworteten Edgar und ich unisono. Mit dem feinen Unterschied, dass ich nach wie vor kicherte. Edgar hingegen offenbarte stoische Bescheidenheit. Noch nicht mal ein Mundwinkel zuckte. Alles an ihm schrie ‚Perfekter Butler‘.
Man!
Soviel Selbstbeherrschung hätte ich auch gern. Ob man die irgendwo kaufen konnte? Bei meinem Glück musste die hart erarbeitet werden.
Also fragte ich nicht.
„Wenn du dann fertig bist, Sam, komm bitte in den Salon.“ Ich schluckte, weil Roman sehr ernst aussah. Salon – das klang scheiße vornehm. Für mich war das ein Wohnzimmer. Eine verflixt großes. Falls er mir irgendwas predigen wollte, konnte ich es sowieso nicht ändern. In aller Ruhe aß ich mein Mittag. Edgar hatte frischen Kaffee angesetzt. So ein netter Mann. Ob ich mir den hin und wieder borgen konnte?
Mit einer Tasse des frischen, herrlich duftenden Getränks ging ich in den Salon.
Wenigstens erwartete mich keine Grabesstimmung.
Keine allzu erdrückende.
War jemand gestorben?
Bei dem Gedanken zuckte ich innerlich zusammen. „Ganz ruhig, Sam. Du siehst aus, als hättest du etwas überfahren.“