Andran und Sanara. Sven Gradert
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Читать онлайн книгу Andran und Sanara - Sven Gradert страница 29
„In dieser Dunkelheit finde ich mich beim besten Willen nicht zurecht.“ Dann rüttelte sie am mannshohen eisernen Gitter, das mit einem Schloss versehen war: „Außerdem geht es hier nicht weiter. Vitras starrte auf das Hindernis und war gerade im Begriff sich zu konzentrieren, als der kleine Dieb zwischen Elze und dem Schloss glitt:
„Das habe ich gleich!“ Trotz der Dunkelheit konnten die anderen drei erkennen wie der Junge in seinem Rucksack kramte und sich anschließend mit kleinen dünnen Metallstäben am Schloss zu schaffen machte. Vitras begann erneut, leise in einer Sprache zu sprechen die niemand verstand. Plötzlich erschien eine winzige Kugel aus Feuer dicht über seiner rechten Handfläche. Rasch begann sie an Größe zuzunehmen, bis sie beinahe den Ausmaßen eines menschlichen Kopfes entsprach. Sie erhob sich, kreiste kurz über ihren Köpfen um dann direkt über dem Jungen in der Luft zu verharren. Mit einem lauten quietschen und krächzen öffnete sich das Gitter nachdem der Schatten das Schloss geknackt hatte.
„Ich hätte es schneller geschafft, wenn du mir gleich etwas Licht besorgt hättest Vitras!“
Morna blickte ungläubig zu ihrem Vater, der gequält schmunzeln musste:
„Wunderst du dich noch immer über seinen Namen?“
Sie schüttelte mit dem Kopf: „Nein, dafür verstehe ich jetzt auch deine Befürchtungen, was seine Zukunft anbelangt.“
Der Schatten machte eine übertriebene Verbeugung nachdem er das Gitter mühsam soweit zur Seite gedrückt hatte, dass die vier nach einander hindurch schlüpfen konnten.
„Meine Damen!“ forderte er Elze und Morna angeberisch auf, die Kanalisation zu betreten.
„Gut gemacht Schatten!“ Lobte die Halbgöttin den kleinen Dieb, strich ihm einmal durch sein volles, dichtes, schwarzes Haar und betrat als erste die Kanalisation. Die Feuerkugel folgte ihnen, wobei sie dicht über den Köpfen der vier schwebte. Entgeistert betrachtete Elze die Licht spendende Kugel, die keinerlei Wärme abgab. Dabei spendete sie mehr Licht, als wenn jeder von ihnen eine Fackel getragen hätte. Die Kanalisation war ein Meisterwerk Darkanischer Baukunst. Erst recht, wenn man bedachte, dass sie schon vor Jahrhunderten errichtet wurde. Das Gewölbe war hoch und ging in einem halbrund rechts und links in die Wände über. Am Grund der Wände befanden sich ungefähr drei Fuß breite Steinpfade, die als Weg genutzt werden konnten. Zwischen diesen Pfaden schlängelte sich, zwei Schritt vertieft, die Jauchegrube wie ein zäher Strom. Die Wände sowie der Boden waren dermaßen glitschig, dass sie sich nur äußerst vorsichtig vorwärts bewegen konnten. Immer wieder gelangten sie an Kreuzungen, die schmale leicht nach oben geschwungene Steinbrücken aufwiesen, so dass man den Jauchefluss überqueren konnte. Da die Vorsprünge auf denen sie sich fortbewegten, an den Kreuzungen etwas breiter waren, hielt Elze an der ersten die sie erreichten an, um den Platz auszunutzen. Sie zog ihre Karten aus ihrem Jutebeutel und studierte sie sorgsam. Der Schatten bekam große Augen, als er erkannte, was Elze da in ihren Händen hielt:
„Ist in einer der Karten auch der Weg zur Schatzkammer des Herrschers beschrieben?“
„Vergiss den Gedanken mal lieber wieder ganz schnell!“ Forderte Vitras ihn missbilligend auf. Die alte Dienerin ignorierte den Jungen völlig und überlegte fieberhaft. Dabei schaute sie sich mehrmals um, obwohl hier unten ein Weg wie der andere aussah.
„Von hier wo wir uns befinden,“ begann sie unvermittelt zu erklären: „Führen zwei Wege aus der Stadt heraus. Woher sollen wir wissen welchen wir nehmen müssen?“
„Die Gesandten haben doch vor durch den schwarzen Wald, meinen Wald, zu fliehen, um den Darkanischen Soldaten zu entkommen!“ Stellte Morna fest.
„Dann werden sie vermutlich diesen Tunnel hier genommen haben.“ Antwortete ihr Elze und zeigte in einen der röhrenförmigen Gänge der in Richtung Westen verlief. Morna, Elze und der Schatten blickten Vitras fragend an.
„Also gut!“ Brummte dieser und fuhr sich mit einer seiner Hände über den kahlen Schädel:
„Nehmen wir diesen Weg!“
Vitras ließ den Schatten vorweg gehen, da der Junge mit dem tückisch glatten Untergrund am besten zurechtkam. Somit konnte er sie immer wieder warnen, wenn Pfützen in Kuhlen oder leichten Absenkungen sich als wahre Stolperfallen entpuppten. Elze dirigierte ihn dabei anhand einer Karte, die sie jetzt ständig in der Hand hielt. Allmählich gewöhnten sich auch alle vier an den erbärmlichen Gestank. Die alte Dienerin empfand ihn als dermaßen grauenvoll, dass ihr sogar die Ratten leidtaten, die hier unten in Mengen hausten, jedoch sofort die Flucht ergriffen, wenn sie in den Lichtschein von Vitras magischer Feuerkugel gerieten. Alles in allem kamen sie recht zügig und ohne jegliche Zwischenfälle voran. Vitras hoffte inständig, am Ausgang der Kanalisation keine Darkanischen Soldaten anzutreffen. Solange sich seine Tochter nicht im Schwarzen Wald befand, würde sie sich bei Kampfhandlungen in tödlicher Gefahr befinden. Auch für die ältere Frau fing der Kriegszauberer an einen Beschützerinstinkt zu entwickeln, besonders da er bemerkte wie sehr seine Tochter an ihr hing. Bei dem Schatten beschlich ihn das merkwürdige Gefühl, das der Junge es wohl auch fertigbringen mochte, einen ganzen Trupp Darkanier an der Nase herumzuführen. Die Hetzte durchs Gewirr der unterirdischen Kanäle schien sich endlos hinzuziehen. Inzwischen mussten sie auch öfter Halt machen, da der Dienerin die Erschöpfung inzwischen ins Gesicht geschrieben stand. Irgendwann gelangten sie endlich an einen Punkt, von dem aus die Steinpfade leicht nach oben verliefen. Elze wirkte schlagartig regelrecht aufgekratzt:
„Wir müssen es bald geschafft haben. Von hier aus kann es nicht mehr weit sein!“ Frohlockte sie.
Links von ihnen tauchte plötzlich ein Tunnel auf, der aus einem breiten Steinpfad bestand, wohingegen der Kanal weiter geradeaus verlief. Zielsicher bog Elze ab, und nach kurzer Zeit begann der Pfad stark ansteigend zu verlaufen. Durch ein weiteres Eisengitter, auf das sie nun zuhielten, konnten sie alle den Nachthimmel sehen wobei ihnen eine angenehme, frische und kühle Luft entgegenschlug. Der Schatten erreichte als erster das Gitter:
„Es ist aufgebrochen!“ Rief er den anderen zu.
„Warte auf uns!“ Befahl Vitras und der Junge gehorchte. Der Kriegszauberer benutzte wieder die seltsame Sprache, die selbst Morna nicht kannte und die Feuerkugel erlosch augenblicklich. Daraufhin betrat er als erster das hügelige Gelände, in das die Kanalisation sie entließ. Das aufgebrochene Gitter bestärkte ihn in der Hoffnung, dass sie den Entführern dicht auf den Fersen waren. Ein Blick zu den Gestirnen verriet Vitras, dass die Morgendämmerung nicht mehr lange auf sich warten ließ. Nachdem alle ins Freie geklettert waren, bedeutete er den anderen zu warten, um die Umgebung zu erkunden. Schnell fand der Kriegszauberer frische Hufspuren und fluchte innerlich. Die Gesandten aus Kushtur waren gut vorbereitet. Nahe den Spuren entdeckte er auch die Leichen von drei Darkanischen Soldaten. Offensichtlich hatten sie die Gesandten überrascht und dies mit ihrem Leben bezahlt. Der Magier war sich sicher, dass bald mit wesentlich mehr Darkaniern zu rechnen wäre. Hastig kehrte er zu den anderen zurück:
„Wir müssen schnell weiter!“ erklärte er ihnen: „Das wird hier bald von Soldaten nur so wimmeln.“
Jetzt marschierte der Kriegszauberer vorweg, wobei ihm die drei folgten. Sie mussten so schnell wie möglich das kleine Wäldchen erreichen, wo Audris auf ihn wartete. Er überlegte fieberhaft, wie er sich entscheiden sollte. Audris konnte sie unmöglich alle vier tragen. Würde er mit Audris die Verfolgung aufnehmen, so war er sich sicher, die Entführer noch vor dem Erreichen des Schwarzen Waldes einzuholen. Damit wären die beiden Frauen und der Junge jedoch der Gefahr