Andran und Sanara. Sven Gradert
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Читать онлайн книгу Andran und Sanara - Sven Gradert страница 24
„Wie heißt du Bursche?“ Fragte Vitras: „Wie wirst du genannt?“
„Devon!“ Antwortete er ihm: „Devon Delvoran, aber ich mag den Namen nicht. Niemand soll mich so nennen. Er erinnert mich nur daran, dass meine ganze Familie tot ist!“
„Das wirst du ebenfalls schneller sein als dir lieb ist, wenn wir hier nicht sofort verschwinden.“
Devon blickte zu dem Kriegszauberer empor und griff widerwillig nach der Hand, die die Vitras ihm reichte.
„Und jetzt raus hier!“
Die beiden wateten durch die Trümmer der Taverne und stiegen dabei über jede Menge regloser Körper. Der Lärm der zerborstenen Außenwand und das Geschrei der Verwundeten musste für Aufmerksamkeit gesorgt haben. Als sie die Gasse betraten, war von weitem auch schon das Gebrüll der Hafenwache zu hören, das rasch lauter wurde.
„Hier entlang!“ Flüsterte der Junge und zog Vitras am Ärmel: „Die Watschelgänger sind gleich hier!“
„Die Watschelgänger?“
„So nennen wir die Soldaten der Hafenwache. Sie watscheln immer so komisch mit ihren großen Stiefeln.“ Der Kriegszauberer war davon überzeugt, das Devon sich in Darkan wie kein zweiter auskannte. Also gab er dem Jungen ein Zeichen, voraus zu laufen und folgte ihm. Zuerst kam es Vitras so vor, als rannte der Junge planlos mal nach rechts, mal nach links abbiegend, durch die teilweise finsteren Gassen. Doch je weiter sie kamen, desto mehr wurde ihm bewusst, dass Devon sie ganz gezielt aus dem Hafenviertel herausführte, ohne dass sie auch nur einen einzelnen Soldaten der Wache begegneten. Die engen Gassen wichen schon bald wieder den breiten ausgebauten Straßen, an denen jede Laterne brannte, als Devon direkt auf ein großes weißes Gebäude zuhielt. Deutlich waren die billigen roten Vorhänge durch die erleuchteten Fenster zu erkennen. Das fröhliche Gelächter und die ausgelassene Stimmung die aus dem Inneren des Hauses kam, sowie all die bunten Papierlaternen, die an der Vorderfront befestigt waren, ließen in Vitras einen Verdacht aufkommen. Als er nach oben blickte und in einem der Fensterrahmen eine halb nackte Frau wahrnahm, die ihnen zuwinkte, sah er seinen Verdacht bestätigt. Devon führte sie direkt in ein Bordell. Vitras legte seine Hand auf die Schulter des Jungen, und veranlasste ihn stehen zu bleiben:
„Kannst du mir einmal erklären was wir dort sollen? Erwartest du von mir, dass ich in einem Freudenhaus untertauche?“
„Wir brauchen uns nicht mehr zu verstecken.“ Antwortete ihm Devon: „Die Hafenwache verlässt während ihres Dienstes, niemals das Hafenviertel. Außerdem, die Leistungen die hier angeboten werden, könnten die Watschelgänger mit einem ganzen Monatslohn nicht bezahlen!“
Vitras blickte den Bruder des toten Meisterdiebes ungläubig an:
„Und was wollen wir... ich meine was willst du in diesem Haus?“
„Na ich wohne da!“
Fast verschlug es Vitras die Sprache:
„Du wohnst in einem solchen Haus?“ Der Kriegszauberer musste tief durchatmen: „Wieso lässt man dich überhaupt dort wohnen?“
„Na, weil ich ihnen Miete bezahle!“ Lächelnd hielt Devon ihm den prächtigen Dolch hin: „Was denkst du? Sollte der für zwei oder drei Monatsmieten reichen?“
Schlagartig wurde Vitras klar, dass der kleine Kerl, längst in die Fußstapfen seines toten Bruders getreten war. Zum ersten Mal betrachtete er die Waffe, die Devon in der Hand hielt genauer. Augenblicklich erkannte er das Darkanische Herrschaftswappen, das in die schmale Klinge eingraviert war. Der Kriegszauberer führte den Jungen bedächtig vom Schein der nahen Straßenlaterne weg in den Schatten einer hohen Mauer. Dann ging er in die Knie und legte seine Hände auf die Schultern des Jungen:
„Erkläre mir bitte ganz genau, wie du an den Dolch gelangt bist!“ Vitras ließ seine Augen für einen Sekundenbruchteil rot aufleuchten, während er Devon anschaute: „Und vergiss dabei nicht, dass ich es sofort bemerke, wenn man mich anlügt.“
„Ich habe ihn gestohlen.“ antwortete Devon frei heraus, als ob er über das normalste der Welt sprach: „Ich habe mich in den Palast des Herrschers geschlichen. Der Trottel war sogar dabei als ich ihn im Thronsaal geklaut habe. Und er hat nichts gemerkt.“
„Bei den Göttern!“ Schoss es Vitras durch den Kopf. Es hätte ihm schon auffallen müssen, als Devon ihn aus dem Gassengewirr des Hafenviertels herausführte und dabei der gesamten Hafenwache aus dem Weg ging. Die Art wie der Knabe sich bewegte. Er hatte das einzigartige Talent, sich nahezu unsichtbar zu machen ohne Magie anwenden zu müssen. Auch die Art, wie er in seinem Alter schon zu kämpfen vermochte. Der Knabe bewegte sich wie ein Schatten.
„Kannst du mich in den Palast des Herrschers bringen, ohne dass irgendjemand, irgendetwas davon mitbekommt?“
„Na klar!“ Antwortete Devon: „Aber muss das sofort sein? Seitdem die Kinder des Herrschers weg sind, wimmelt es da nur so von Soldaten.“
Vitras glaubte seinen Ohren nicht zu trauen: „Die Kinder des Herrschers – die Zwillinge wurden entführt?“ Seine Stimme bekam einen ängstlichen Unterton, den der Junge nicht einordnen konnte.
„Das weiß doch jeder hier,“ erklärte ihm Devon: „Bis vor kurzem haben die Soldaten jeden Stein in der ganzen Stadt zweimal umgedreht. Außerdem sind mir die beiden Frauen in den geheimen Gängen nicht ganz geheuer. Aber... du bist doch ein Zauberer, kannst du dich nicht einfach in den Palast zaubern?“
„Frauen? Geheime Gänge?“ Platzte es aus Vitras heraus.
„Der Palast ist von einem Wirrwarr aus Geheimgängen durchzogen.“ begann der kleine Dieb zu erklären: „Ich kenne zwar nur ein paar von ihnen. Aber immerhin so viele, um ungesehen hinein und wieder heraus zu kommen. Ich dachte immer das niemand darüber Bescheid weiß. Bis ich die beiden Frauen dort längs schleichen sah. Ich habe ein bisschen was mitbekommen, als sie sich unterhielten. Sie suchen auch nach den Kindern des Herrschers. Aber weißt du was komisch ist, eine von ihnen ist aus dem Kerker ausgebrochen.“
Vitras stand auf, ließ den Jungen los und stützte sich an der Wand ab. Seine Gedanken überschlugen sich. War es tatsächlich möglich, dass seine Tochter aus dem Kerker entkommen war und Devon sie gesehen hatte. Waren Haruns Häscher tatsächlich schon erfolgreich, indem sie sich der Zwillinge bemächtigen konnten. Er musste handeln – und zwar schnell. Dabei war er jetzt von einem Kind abhängig.
„Geht es dir nicht gut Vitras?“ Fragte Devon besorgt.
Vitras kniete erneut vor dem Jungen nieder: „Hör mir gut zu Devon...“
„Nenn mich nicht so...“brachte der Knabe ungehalten hervor: „Ich habe dir doch gesagt, dass ich meinen Namen nicht leiden kann... und auch warum!“
„Wie möchtest du denn genannt werden?“ Fragte Vitras beinahe hilflos. Devon zuckte mit den Schultern:
„Egal wie, nur nicht Devon Delvoran.“
„Also gut,“ fuhr Vitras fort: „Ich kann mich nicht einfach in den Palast zaubern, so funktioniert das nicht. Außerdem könnte es im Palast magische Vorkehrungen geben, die mich daran hindern ihn mit Hilfe von Magie zu betreten. Verstehst du das?“
Devon