Andran und Sanara. Sven Gradert

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Andran und Sanara - Sven Gradert Band 1&2

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liebt noch immer die großen Abschiede,“ murmelte er leise: „Genau wie vor zwanzig Jahren!“

      Dann wandte er sich wieder der prächtigen Stute zu und strich ihr zärtlich über die Nüstern:

      „Hallo Audris!“ Flüsterte er dem stolzen Tier ins Ohr. Ein freudiges Scharren mit den Vorderhufen verriet ihm, das Audris mit dem Namen der Göttin der Jagd und Mirnas Schwester einverstanden war. Als nächstes überprüfte Vitras den Inhalt der Satteltaschen. Er zog ein Päckchen hervor und wickelte vorsichtig den hauchdünnen Stoff vom Inhalt. Beinahe blieb ihm das Herz stehen und plötzlich verstand er den tieferen Sinn der neckischen Bemerkungen Mirnas, bezüglich seines Aussehens. Er hielt ein kostbares schwarzes Gewand der Kriegszauberer von Kushtur in seinen Händen. Die Robe war an den Ärmeln, sowie auf der rechten Brustseite, mit feinen goldenen und roten Runen versehen, die den Träger als mächtigsten Kriegszauberer auswiesen. Es war die gleiche Robe, die ihm damals in der großen Halle überreicht wurde und die er trug, als er Mirna das erste Mal begegnete. Vitras packte die Robe zunächst wieder in die Tasche, als ihm ein wesentlich kleineres Päckchen auffiel. Er nahm es und wickelte auch dieses aus, dessen Inhalt sich in einer Schachtel befand. Mirna hatte an alles gedacht! In der Schachtel befand sich sein ledernes Stirnband, in dessen Mitte, ein kraftvoller magischer Rubin eingearbeitet war. Aus diesem Stein konnte er magische Kraft ziehen, wenn die ihm innewohnende magische Quelle so erschöpft war, dass sie sich erst wieder regenerieren musste. Der Kriegszauberer dachte seinen persönlichen Magiestein, seit Jahren als verloren. Er legte das Stirnband mit dem Stein zurück in die Schachtel und verstaute auch diese zunächst wieder in der Satteltasche. Dann machte er sich daran, Filou sein Reiseplätzchen in der anderen Tasche zu bereiten. Freudig kletterte das Frettchen in die Tasche als Vitras damit fertig war. Filou liebte diese Art zu reisen.

      Nachdem der Kriegszauberer sich davon überzeugt hatte, dass in den traurigen Überresten seiner Hütte tatsächlich nichts brauchbares mehr vorzufinden war, ließ er ein letztes Mal seinen Blick über die Lichtung schweifen. Viele Jahre, war dieser friedliche Ort zu seiner zweiten Heimat geworden. Vitras blickte hoch zu den Wipfeln der Schwarzerlen, hinter denen Harun Ar Sabah verschwand. Es ging ihm durch den Kopf, welche furchtbare Macht dem großen Übel schon jetzt innewohnte. Zu was ES fähig sein mochte, sobald er soweit wäre die Welt der Lebenden zu betreten, ließ Vitras erschauern.

      Der Kriegszauberer stieg in den Sattel und klopfte Audris noch einmal zärtlich den Nacken:

      „Nun denn meine Schöne, dann lass uns mal sehen wozu wir zwei in der Lage sind.“

      Audris antwortete ihm mit einem lauten, freudigen wiehern. Vitras drückte mit seinen Beinen sachte gegen die Flanken des Tieres und Audris verstand sofort. Pfeilschnell schoss es den Pfad hinunter. Von den Doronischen Wäldern bis zur Hauptstadt des Darkanischen Reiches, benötigte man normalerweise mehrere Wochen. Doch Audris war kein normales Pferd. Hindernisse, schien die Stute überhaupt nicht wahrzunehmen. Das Pferd sprang mit einer Leichtigkeit, über umgestürzte Bäume, kleinere Flüsse oder sonstigen Barrieren. Viel schneller als erwartet, erreichten sie die ersten besser ausgebauten Handelsstraßen. Im halsbrecherischen Tempo galoppierte die Stute weiter. Als ob sie auf diesem Untergrund erst recht in ihrem Element war. Vitras war plötzlich äußerst zuversichtlich, dass sie ihr Ziel weitaus früher erreichen würden, als er es zu Beginn noch für möglich gehalten hätte.

      1.5. Godvere Garien

      Der Thronsaal der Darkanischen Herrscher, war eine reine Zurschaustellung purer Macht, was in erster Linie dazu dienen sollte, Gesandten anderer Nationen und Königreichen, die pure Überlegenheit des Darkanischen Reiches vor Augen zu führen. Der gewaltige Saal war ganz bewusst äußerst düster gehalten und vermittelte somit jedem Besucher ein beklemmendes Gefühl. Vier Reihen von Säulen, aus schwarzem Tygischem Marmor, bildeten eine Phalanx, vom Thron bis hin zur gegenüberliegenden riesigen Doppeltür aus massivem Eichenholz. In den Wänden links und rechts vom Thron, waren mannshohe Nischen eingelassen, in denen jeweils eine Person Platz hatte. Zu jeder Tag und Nachtzeit, waren diese Nischen mit Soldaten der gefürchtetsten Eliteeinheit der Darkanischen Armee besetzt – den Blutwölfen. Jeder dieser Männer hatte einen heiligen Eid auf den Herrscher geschworen. Sie alle waren bereit, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, für Godvere Garien in den Tod zu gehen. Die langen schwarz gefärbten Fellumhänge, sowie ihre aus Wolfsköpfen gefertigten Helme, verliehen ihnen ein finsteres, bedrohliches Aussehen. Über den Nischen, von denen sich auf jeder Längsseite fünfundzwanzig befanden, hingen wie Trophäen die Flaggen der besiegten Königreiche, welche nun dem Darkanischen Reich eingegliedert waren. Der Fußboden des gewaltigen Raumes bestand komplett aus schwarzem Granit. Rund um den gesamten Saal befanden sich zwei Galerien, wobei die oberste selbst bei Empfängen, niemals geöffnet wurde. Auf ihr hielten die besten Armbrustschützen des Reiches ein wachsames Auge auf ihren Herrscher.

      Godvere Garien, stieg langsam die marmornen Stufen, die zum höher platzierten Thron führten, hinab. Er trug einen dunkelblauen samtenen Mantel, der ihm bis zu den Knöcheln reichte. Ein schwerer schwarzer, aber schlichter Gürtel hielt ihn um die Hüften herum verschlossen. An seinem Gürtel hingen sein Schwert sowie mehrere Dolche in ebenfalls einfachen Scheiden. Der Herrscher hielt nichts von überzogenem Prunk. Anstatt einer Krone, trugen die Darkanischen Herrscher eine Goldene Tiara die an der Stirn mit einem Wolfskopf verziert war. Dem Wappensymbol Darkans. Bedrohlich ging er auf den jungen Hauptmann zu, der den Oberbefehl über die Wärter des Kerkerkomplexes innehatte, blieb dann aber am gewaltigen Arbeitstisch, der sich links vom Thron befand stehen. Godvere starrte auf all die Pergamentrollen und endlos scheinenden Stapel von Papieren, die sich auf dem Tisch türmten. Völlig unerwartet schlug er plötzlich mit seiner flachen Hand so kräftig auf den Tisch, dass die umstehenden Schreiber ängstlich zusammenzuckten oder zur Seite sprangen.

      „Sie ist verschwunden!“ brüllte der Herrscher den Hauptmann dermaßen wütend an, dass diesem augenblicklich die Schweißperlen von der Stirn liefen.

      „Ich... ich!“ Der Hauptmann brachte vor Angst kein weiteres Wort über die Lippen.

      „Und...“ Godvere machte eine kurze Pause woraufhin seine Stimme gefährlich leise klang:

      „Nur das ich das richtig verstehe. Ein seit über dreihundert Jahren toter Herrscher ist in seiner Zelle wieder zum Leben erwacht und hatte nichts Wichtigeres im Sinn, als diese Hexe aus dem Verlies zu befreien?“

      „Die... die Suchmannschaften sind bis in die untersten Bereiche vorgestoßen, Herr. Bis in die Zelle von Dormus dem Schrecklichen.“ Versuchte der Hauptmann sich zu verteidigen: „Dormus hat die Fackeln seiner Zelle entzündet,“ fügte er noch verschwörerisch hinzu. Godvere konnte nicht glauben was er da hörte und verdrehte beinahe fassungslos die Augen:

      „Vollidiot!“ Brüllte er mit seiner kräftigen Stimme dermaßen laut, dass die Schreiber erneut zusammenzuckten:

      „Habe ich es hier eigentlich nur mit Versagern zu tun?“

      Blitzschnell und mit unglaublicher Geschicklichkeit, zog er einen seiner Dolche und warf ihn in Richtung des Hauptmannes, wobei er auf dessen Kehle zielte. Die Waffe fand ihr Ziel wobei der Offizier nur noch in der Lage war, entsetzt die Augen aufzureißen, bevor er tot zu Boden ging.

      „Schafft mir diesen Müll aus den Augen!“ Fuhr er zwei Diener an, die sich in unmittelbarer Nähe befanden. Sofort eilte ein halbes Dutzend Bediensteter herbei, um den Leichnam aus der Halle zu schaffen. Andere machten sich sofort daran, das Blut vom Boden zu wischen. Lord Reichel, der sich ebenfalls im Thronsaal befand, freute sich insgeheim diebisch über die neueste Entwicklung der Dinge. Dadurch, dass die Mutter der Zwillinge fliehen konnte, ergaben sich ganz neue Möglichkeiten für ihn.

      „Eure Exzellenz,“ begann er mit seiner krächzenden Stimme: „Es kann einfach

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