Andran und Sanara. Sven Gradert
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„Eine Erklärung Reichel. Aber sofort.“
„Ich... wir... es ist die einzige Möglichkeit... die einzige Möglichkeit uns vor der Stadt der Magier zu schützen und nicht von ihren Armeen überrollt zu werden.“
„Hast du den Verstand verloren du kleiner hässlicher Idiot?“ Schrie Godvere den Minister an: „Kushtur ist lediglich eine Stadt. Eine Stadt am anderen Ende der bekannten Welt. Dies hier ist das Darkanische Reich! Wie kannst du dir solche Bedingungen diktieren lassen.“ Der Herrscher packte die Mappe fester und schlug sie dem Minister ins Gesicht, worauf Reichel ängstlich quiekte.
„Niemals werde ich so etwas unterschrieben. Es gibt kein Korn und auch keine Waffen aus Darkan. Wir verteidigen unsere Grenzen mit unserem Stahl und unserem Blut, wenn es jemand wagen sollte uns zu bedrohen.“
„Mein Herr!“ Flehte Reichel, während er sich die schmerzende Wange hielt: „Ich habe etliche Stunden mit den Gesandten aus Kushtur verhandelt. Die Stadt der Magier ist dabei, eine gewaltige Armee aus dem Boden zu heben, um die umliegenden Königreiche zu unterwerfen. Wahrscheinlich sogar die gesamte bekannte Welt.“
Godvere Garien trat so dicht an Reichel heran, dass einige der Blutwölfe nervös wurden. Sämtliche Armbrustschützen hielten ihre Waffen auf Reichel gerichtet.
„Ihr werdet den Gesandten aus Kushtur ausrichten, dass ich ihre kleine Stadt ausradieren werde, sollte je einer ihrer Soldaten unsere Grenzen überschreiten. Sobald ihr ihnen das vermittelt habt, sollen sie verschwinden. Umgehend! Habt ihr das begriffen Reichel?“
„Jawohl, natürlich! Wie ihr wünscht. Sofort!“
Wie ein geprügelter Hund verließ Lord Reichel erneut den Thronsaal. In seinem Kopf überschlugen sich fast panikartig die Gedanken. Von dem euphorischen Gefühl, das ihm vor wenigen Minuten noch innewohnte, war nichts mehr übrig.
Godvere Garien wandte sich um und Schritt in Richtung seines Throns. Gedanklich war er schon wieder bei seinen Kindern, den verschwundenen Zwillingen. Ihr Schicksal lenkte den Herrscher dermaßen ab, dass er nicht länger über Lord Reichels merkwürdige Zugeständnisse an die Stadt der Magier nachdachte. Gemächlich stieg er die Stufen empor und umrundete seinen Thron, um sich etwas von den Speisen zu nehmen, die auf dem Tisch dahinter bereitstanden. Er neigte seinen Kopf ungläubig zur Seite, als er die geplünderten Platten und das Chaos auf dem Tisch wahrnahm. Selbst der Dolch, mit dem er stets die Fleischstücke aufspießte war verschwunden. Godvere wurde bewusst, dass er eine Ablenkung benötigte. Auf einen Wink eilte einer der Gelehrten zu ihm, worauf ein anderer Schreiber dessen Arbeit sofort weiterführte. Der Gelehrte, ein älterer Mann mit einem freundlichen Gesicht erklomm die ersten beiden Stufen und wartete ab, was der Herrscher von ihm wollte.
„Erzählt mir alles,“ forderte Godvere ihn auf, nachdem er dem geplünderten Tisch einen letzten Blick zuwarf: „Was es über Dormus den Schrecklichen zu berichten gibt!“
1.6. Begegnungen
Während die Dämmerung schleichend einsetze, erreichte Vitras die Hauptstadt des Darkanischen Reiches. Das strahlende Leuchten der Sonne wich mehr und mehr einem dunklen satten Orange, welches Darkan und seine Umgebung in ein atemberaubendes Licht tauchte. Die Reise hatte mehrere Tage gedauert, dennoch war er sich sicher, dass außer den Göttern, niemand zuvor diese Wegstrecke schneller zurückgelegt hatte. Der Kriegszauberer lenkte Audris, die kaum Ermüdungserscheinungen zeigte, eine Hügelkette empor, welche einen grandiosen Ausblick über die Stadt offenbarte. Vitras ließ seinen Blick über Darkan schweifen und konnte, wie schon vor etlichen Jahren, nur staunen.
Die Befestigungsanlagen waren wahrhaftig gigantisch. Der erste Wall, der die Stadt umgab, war schräg angesetzt und stieg erst ab seiner Mitte steil empor. Ein ganzes Stück hinter dem Wall, erhob sich eine weitere Mauer, die wesentlich höher war als die erste. Wenn es einer feindlichen Armee tatsächlich gelingen sollte, die erste Mauer zu nehmen, wären dessen Soldaten einem tödlichen Hagel der Bogenschützen der zweiten Mauer ausgesetzt, ohne die geringste Deckung zu haben. Hinzu kamen die gewaltigen Wehrtürme, die in regelmäßigen Abständen im hinteren Wall eingefügt waren. Die Wehrgänge auf beiden Wällen, waren immer wieder von breiteren Plattformen unterbrochen, auf denen mächtige Katapulte standen. Ähnlich wie in Kushtur, befand sich der Palast des Herrschers ziemlich mittig in der Stadt. Anders als der Palast der Magier, war der Palast des Herrschers jedoch auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel errichtet worden. Dafür war er von nahezu unüberwindbaren Befestigungsanlagen umgeben.
Während Vitras die Hügelkette wieder hinab ritt, sann er darüber nach, durch welches der drei großen Tore er Darkan betreten sollte. Vitras verließ den schmalen Weg, der die Hügelkette hinunterführte und fand schnell das kleine Wäldchen, welches vielleicht zwei Meilen vor der Stadt lag und dass er mit vielen Erinnerungen verband. Er stieg vom Pferd und führte Audris bis zu einem kleinen Bach. Dies war der perfekte Ort, wo Audris grasen und sich ausruhen konnte. Es widerstrebte den Kriegszauberer, das edle Tier mit in die Stadt zu nehmen um es dort in die Obhut irgendeines Stallburschen zu geben. Zumal er das Gefühl hatte, Darkan nicht auf die Weise verlassen zu können, wie er es betreten würde. Auch Filou, wäre hier wesentlich besser aufgehoben. Es stellte nie ein Problem dar, den Nager alleine zu lassen, solange er einen Bezugspunkt hatte. Bisher war dies stets seine inzwischen zerstörte Hütte in den Doronischen Wäldern, einmal aber auch Hegren und ihr Vater in Dormal gewesen. Nun hoffte Vitras, dass Filou sich an Audris halten würde und hatte keinen Zweifel mehr daran, als er das Frettchen aus der Satteltasche ließ. Als ob Filou seinen Herrn verstand, kletterte er auf den Sattel den Vitras unter eine große Eiche gelegt hatte und blickte sich neugierig um.
Vitras packte jetzt die andere Satteltasche aus und kleidete sich um. Neben der Robe der Kriegszauberer hatte Mirna ihn mit komplett neuer Kleidung versorgt. Eine Hose die extrem leicht aber dennoch warm und robust erschien. Schwarze Stiefel aus einem Material das er noch nie zuvor gesehen hatte. Sie passten wie angegossen und Vitras bekam den Verdacht, dass sie unverwüstlich waren. Ein mit feinsten Kettengliedern gefüttertes Leinenhemd sowie ein breiter schwarzer Gürtel. Zum Schluss streifte sich Vitras die Robe über und legte den Gürtel an. Dann nahm er das Stirnband mit dem magischen Rubin aus der Schachtel und streifte es sich über seinen kahlen Schädel. Nach einem kurzen Schnippen seiner Finger entrollte sich die Sattelpacktasche und die Zwillingsschwerter von Asylya schwebten samt dem Schwert Gehänge zu ihm herüber. Er legte sich die Riemen um und trug nun beide Schwerter auf dem Rücken. Noch einmal ging er zu Audris und streichelte den Nacken der edlen Stute. Während ihrer Reise hatte Vitras festgestellt, das Audris ihn verstehen konnte. Er konnte sich zunächst nicht erklären, wie das möglich war, aber Audris war weit davon entfernt ein normales Pferd zu sein.
„Warte hier auf mich und achte gut auf Filou!“ Flüsterte er dem Tier ins Ohr: „Wenn du Menschen witterst versteckt euch im Wald!“ Als ob das Pferd ihn verstand, wieherte es kurz auf und drückte seine Stirn beinahe zärtlich gegen die Brust des Kriegszauberers. Vitras lächelte kurz, drehte sich um und marschierte auf die Stadt zu. Er hatte sich entschieden, Darkan durch das Südtor zu betreten, da hier stets der größte Betrieb herrschte und er somit hoffte, dort am wenigsten aufzufallen. Die Luft um den Kriegszauberer begann kurz zu flimmern und er veränderte seine Gestalt. Anstatt des furchterregenden Kämpfers sah er nun wie ein verhärmter Bauer aus, dessen zerrissener grauer Umhang kaum genug Wärme für die kommende Nacht versprach.