Andran und Sanara. Sven Gradert
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Читать онлайн книгу Andran und Sanara - Sven Gradert страница 23
Zielstrebig hielt der Kriegszauberer auf das Hafenviertel Darkans zu. Die Stadt wurde an einer der breitesten Stelle des Doran errichtet. Der mächtige Fluss mündete im Ulrunischen Meer. Daher machte es für die Erbauer Darkans durchaus Sinn, die Stadt mit einer Hafenanlage zu versehen.
Obwohl der Herrscher dafür bekannt war, nicht viel auf Magie zu geben, musste Vitras davon ausgehen, dass es magische Vorkehrungen und Schutzzauber gab, falls jemand versuchen sollte, mit Hilfe von Magie in den Herrscherpalast einzudringen. Mit Hilfe eines Diebes, eines ganz bestimmten Diebes, so der Plan des Kriegszauberers sollte es jedoch gelingen, auch ohne Magie in den Palast einzudringen. Als Vitras im Hafenviertel ankam, veränderte sich das prachtvolle Darkan schlagartig. Die breit ausgelegten Straßen wichen engen Gassen. Die großenteils prunkvollen Gebäude sowie die wunderschönen Fachwerkshäuser wichen heruntergekommenen Gebäuden und Baracken. Ein fauliger Geruch hing in der Luft, der dem großen Fluss geschuldet war, wenn er Tiefwasser führte. Die Straßenlaternen wurden nur hier und da entzündet, da die Leuchtmacher sich nicht trauten, viele der engen Gassen zu betreten. Selbst die Wachmannschaften die hier ihren Dienst taten, um die öffentliche Ordnung zu bewahren, wirkten wenig vertrauensvoll auf Vitras. Viel zu oft hielten sie ihre Hände auf, um anschließend wegzuschauen. Ganz gleich ob eine Leiche im Doran versenkt oder auch nur Diebesgut illegal in einem der vielen Schuppen gelagert wurde. Vitras blieb stehen und betrachtete die Taverne, Zur Lachenden Meerjungfrau, nach der er gesucht hatte. Die Huren vor dem Gebäude würdigten ihn genauso wenig irgendeines Blickes, wie die Wachen am Südtor. Trotzdem betrat der Kriegszauberer die Spelunke mit äußerster Wachsamkeit. Der Gestank, der ihm beim Eintreten entgegenschlug, ließ ihn zunächst schwer atmen. Das übelste Gesindel, das man sich in dieser Gegend vorstellen konnte, traf sich hier, um seinen zwielichtigen Geschäften nachzugehen. Die Taverne galt zudem als heimliches Hauptquartier der Diebesgilde von Darkan. Vitras war auf der Suche nach Alteres Delvoran, ein Meisterdieb der seines gleichen suchte. In der Spelunke herrschte reges Treiben. Betrunkene, die nicht mehr wussten wer oder wo sie waren, lagen auf dem Boden, und Vitras musste über sie hinweg steigen. Mehrmals konnte er sich gerade noch unauffällig ducken, um Wurfgeschossen in Flaschenform, die nicht ihm galten, auszuweichen. Eine füllige Frau mit entblößtem Oberkörper stolperte ihm in den Weg und bedachte Vitras mit einem abfälligen Blick. Sein Zauber tat seinen Dienst. Mühsam kämpfte er sich zur Theke durch und wartete geduldig bis den Wirt ihm einen fragenden Blick zuwarf. Der Mann war gerade dabei, einem schlaksigen Jungen, den Vitras auf vielleicht acht Jahre schätzte, kräftig durchzuschütteln.
„Was willst du – Bauer?“ Brüllte der Wirt von dem Vitras wusste, dass er ein wichtiger Hehler war, den Kriegszauberer an. Dabei verpasste der überaus kräftige Kerl, der von allen nur der Grobe Johann genannt wurde, dem Jungen eine Ohrfeige, dass diesem die Tränen über die Wangen liefen. In Vitras kochte die Wut hoch, aber er beschloss ruhig zu bleiben:
„Ich suche Alteres Delvoron. Ich hörte, dass man ihn hier finden kann.“
Der grobe Johann ließ von dem Jungen ab und bedachte Vitras mit einem Blick, als ob er einen Schwachsinnigen vor sich hätte. Vitras bemerkte, dass der Junge ihn mit dem gleichen Blick bedachte.
„Bist du besoffen du Bauerntölpel?“ blaffte der Grobe Johann Vitras an: „Alteres Delvoron haben sie vor einem Jahr geschnappt und auf dem unteren Marktplatz aufgeknüpft. Der Drecksack hatte es auch nicht anders verdient. Der hat ja selbst seine Brüder von der Gilde beschissen.“
Die Nachricht musste der Kriegszauberer erst einmal verdauen. Was jedoch als nächstes geschah, ließ selbst ihn nach Luft schnappen.
Der Junge riss sich mit einer ungeheuerlichen Kraftanstrengung von seinem Peiniger los. Im nächsten Moment hielt er einen Dolch in seinen Händen, der eines Königs würdig gewesen wäre.
„Du schimpfst meinen Bruder nie wieder einen Drecksack.“ brüllte der Knabe aus Leibeskräften, wobei ihm die Tränen jetzt wie ein Schwall Wasser übers Gesicht liefen. Dann stach er zu. Blitzschnell. Mehrmals stach er dem groben Johann in den rechten Oberarm und in die Seite. Der Mann holte zu einem Schlag aus, doch der Junge rollte sich zu Boden, unter den Beinen des Wirtes hindurch und stach erneut von hinten zu. Keiner der Gäste schien sich um den Tumult hinter der Theke zu kümmern. Hier war man offenbar ganz anderes gewohnt. Der Grobe Johann blutete inzwischen wie ein Schwein auf der Schlachtbank. Ein kräftiger Tritt jedoch, zu dem er noch in der Lage war, streckte den tapferen Burschen nieder. Schwankend hielt Johann sich an der Theke fest und blickte auf sein Opfer herab:
„Nun reicht es mir endgültig! Jetzt schlachte ich dich ab du kleine Drecksau!“
Johann griff nach einem großen Messer, als Vitras plötzlich über den Tresen sprang und sich schützend vor den Jungen stellte.
„Ach...“ tönte Johann: „Du willst dem Bastard Gesellschaft leisten? Das kannst ...“
Entsetzt riss Johann die Augen auf. Vollkommen geschockt, brachte er den Rest des Satzes nicht mehr über die Lippen. Das Flimmern in der Luft nahm er gar nicht war, aber die Verwandlung schon. Von einer Sekunde zur anderen wurde aus dem heruntergekommenen Bauern ein Krieger, dem er nicht in seinen finstersten Alpträumen begegnen wollte. Schlagartig wurde es still in der Taverne. Ungläubig starrten die Anwesenden auf den kräftigen Zauberer im schwarzen Gewand, mit zwei Schwertern von deren Erlös man wahrscheinlich ein ganzes Königreich kaufen konnte. Die tätowierten Runen auf dem kahlen Schädel des Mannes begannen rötlich zu leuchten. Ein Nicken des Kriegszauberers reichte aus, und der Grobe Johann wurde von einer unsichtbaren Macht gepackt, die ihn quer durch die gesamte Taverne schleuderte. Dabei wurde er gegen etliche Besucher geworfen, die er allesamt mit zu Boden riss. Vitras blickte zu Boden, wo noch immer der Junge lag und ihn mit großen Augen anstarrte.
„Bist... bist du der Zauberer von dem mein Bruder mir immer erzählte?“
„Alteres Delvoron war wirklich dein Bruder?“ Überging Vitras die Frage des Jungen mit einer Gegenfrage. Der Junge nickte nur, hielt aber immer noch den prächtigen Dolch mit einer Hand fest umschlossen. Vitras lächelte:
„Bleib unten Junge!“
Mehrere Männer mit Leder beschlagenen Knüppeln und schlecht verarbeiteten Schwertern, näherten sich unsicher der Theke. Vitras verzichtete darauf, die Zwillingsschwerter zu ziehen. Stattdessen vollführte er eine kreisrunde Bewegung seines Armes von links nach rechts. Im nächsten Moment schoss eine Druckwelle, von Vitras ausgehend, durch die Taverne. Sie riss alles mit, was sich im Weg befand. Menschen, Mobiliar und selbst nahezu die komplette Wand, die zur Gasse nach draußen führte. Putz, Staub und Holzspäne wirbelten durch die Gegend. Vitras überlegte für einen kurzen Moment, doch zu den Waffen zu greifen, als er den Groben Johann wahrnahm. Der Mann hatte tatsächlich überlebt und erhob sich zwischen all den Trümmern. Er warf Vitras einen Blick gemischt aus Wut, Hass und tödlicher Angst zu. Dann drehte er sich um und wankte davon.
„Du bist es!“ Brachte der Knabe mit einem Mal lauthals hervor und rappelte sich hoch: „Du bist Vitras! Alteres hat mir so viel von dir erzählt.“
„Komm Junge, wir müssen hier weg!“
„Gleich!“
Fassungslos beobachtete Vitras, wie der kleine Bursche eine Metallschachtel unter den Überresten