Die großen Schlagzeilen Ostbayerns. Mittelbayerische Zeitung
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Der Mesner tauchte erst am folgenden Tag wieder auf – nicht in Wackersdorf, sondern am Ortsrand. Der Polizei erzählte er, er sei von zwei maskierten Männern bei der Arbeit auf dem Feld überfallen und mit einer K.o.-Tablette betäubt worden. Er habe Todesangst gehabt, als die Entführer ihm im Auto die Augen verbunden hätten. Doch den Ermittlern kamen schnell Zweifel.
Kripo-Chef Lettl hat den Tatort noch vor Augen: „Die Spuren haben überhaupt nicht übereingestimmt.“ Schon der Fundort sei ungewöhnlich gewesen – der Mann hätte schon viel früher entdeckt werden müssen. Während der Vernehmung habe sich die wiederbefreite Geisel immer wieder in Widersprüche verwickelt, als Lettl nach Details fragte, habe der Mesner sich verflüchtigt und nur gesagt: Er könne sich nicht erinnern. Als passionierter Reiter kannte sich Lettl allerdings mit Knoten aus. Und dem Polizisten ist von Anfang an eines besonders aufgefallen: „Hätte der Entführte an der einen Seite des Seils gezogen, hätte der Knoten sich gelöst.“
Lettl ist sich daher nach wie vor sicher: „Die Entführung war vorgetäuscht.“ Nachzuweisen war dem Mesner, der Mann, der die Briefe des Pumuckls erst bekanntmachte, am Ende aber nichts. Allerdings: Geiselnahme und Entführung verjährt nicht. Die Akten sind noch nicht geschlossen.
Für den pensionierten Polizisten war es eine „Provinzposse, die a bisserl tragisch war“. Um den Schelm zu finden, habe man nichts unversucht gelassen: Beamte ermittelten im Wirtshaus, wühlten im Müll nach einer gestohlenen Schreibmaschine des Mesners, Schriftgutachten wurden angefertigt, selbst die Ministranten wurden vernommen. „Was das alles gekostet hat...“, stöhnt Lettl. Nach außen hin sei zwar nichts passiert, aber zwei Pfarrer hätte der „Pumuckl“ mit seinem Briefterror verjagt.
„Die Toten soll man ruhen lassen“
Das war auch der Grund, warum der damalige Bürgermeister Utzenhofens keine Ruhe gab und einen Brief an die Staatsanwaltschaft schrieb, nachdem Polizisten die Fahndung zwischenzeitlich aufgegeben haben. Hans Raab sagt heute: „Die Aufregung war eben groß.“ Er habe erlebt, wie sich die ganze Ortschaft an dem Fall aufgerieben habe: Im Wirtshaus gab es kaum ein anderes Thema. Die Folge: wüste Spekulationen und Anschuldigungen. Der Mesner trat von seinem Amt zurück.
Als der Pumuckl im September 1989 verkündete, künftig „Frauholle“ zu heißen und dass der Friede zurückkehren werde, seien alle zwar froh gewesen – Klarheit hätten sich die Bürger aber auch gewünscht. Inzwischen verbreitet der kriminelle Kobold keinen Schrecken mehr im Dorf. Raab beruhigt: „Letztendlich ist niemand ernsthaft geschädigt worden. Die Toten soll man auch ruhen lassen.“
Die Oberpfalz ist ein heißes Pflaster
Die großen Schlagzeilen Ostbayerns: Im Tropensommer 1983 schwitzte ganz Deutschland. In Gärmersdorf wurde damals ein Temperaturrekord gemessen.
Am 27. Juli 1983 überschritt die Temperatur erstmals die 40-Grad-Grenze in Deutschland, gemessen im oberpfälzischen Gärmersdorf. Foto: dpa
Von Christine Strasser, MZ
Regensburg. 40,2 Grad auf der nach oben offenen Celsius-Skala, gemessen am 27. Juli 1983 vom geophysikalischen Messzug der Bundeswehr im oberpfälzischen Gärmersdorf – damit konnte, so befand die „FAZ“, der Sommer 1983 endgültig und würdevoll „in die Geschichte der Meteorologie eingehen“. Zum ersten Mal, seit es Wetteraufzeichnungen gibt, hatte in Deutschland die Temperatur die 40-Grad-Grenze überschritten. Bis heute hält Gärmersdorf, ein Ortsteil von Kümmersbruck im Landkreis Amberg-Sulzbach, den deutschen Hitzerekord.
Die Hitze im Juni, Juli und August 1983 machte Schlagzeilen. Die extreme Wärme lag im Bereich der Sommertemperaturen von Saudi-Arabien, ganz Europa blieb wochenlang unter Hochdruckeinfluss. Das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ beschrieb den Sommer 1983 so: „Es war, als habe jemand die Republik, die komplette Landmasse zwischen Alpen und Nordsee, um ein gutes Dutzend Breitengrade in Richtung Äquator transportiert.“
Angestellte der mittleren Führungsebene trugen kurze Hosen am Arbeitsplatz. Wochenlang fuhren die Cabrios offen. Die „Fliegen Sie in die Sonne“-Slogans in den Schaufenstern der Reisebüros erschienen wie Hohn. Im Radio lief Sunshine Reggae von Laid Back, der Sommerhit des Jahres. Die Mineralwasserabfüller verzeichneten im Juli 1983 ein Umsatzplus von 23 Prozent. Die Freibäder waren (verbotenerweise) auch nachts noch gut besucht.
Die Oberpfälzer Kartoffelbauern sahen das Kraut ihrer Pflanzen allerdings schon im Juli ganz gelb werden. Die Knollen blieben klein. Der Hafer ging mancherorts in eine Notreife. Auch die Sorge um den Mais war groß In einem Artikel der MZ hieß es: „Ausgetrocknete wie die Kehlen der meisten Regensburger zeigten sich weite Teile des Flussbetts der Donau.“
Donaupegel sank rasant
Ende Juli sank der Pegelstand während der Tropentage an der Messstelle Schwabelweis mit nur noch 86 Zentimetern erheblich unter den sogenannten „regulierten Niederwasserstand“ ab. Der Minus-Rekord aus dem Jahr 1954 mit 47 Zentimetern wurde damit zwar nicht erreicht, aber das Bemerkenswerte an dem Jahr 1983 sind die gewaltigen Schwankungen. Beim Hochwasser im Frühjahr zeigte der Pegel in Schwabelweis am 12. April noch 510 Zentimeter an.
Der Wasserstand der Donau sank im Tropensommer 1983 innerhalb kürzester Zeit sehr stark ab. Foto: ct
Den sensationellen Sommer verdankten die Deutschen einem machtvollen Azoren-Hoch. Mehr als zwei Monate erschien es in den Wetterberichten jeden Tag immer noch unverrückbarer. Allabendlich gab es auf den Wetterkarten beständige „H’s“ zu bestaunen. Das Azoren-Hoch kennen die Deutschen als Boten milder Luft. Normalerweise liegt ein keilförmiger Ausläufer über Südeuropa. Dieser lässt in Italien, Spanien und Portugal das typische Urlaubswetter aufziehen.
Schützende Hand über Mitteleuropa
„Der Ausdruck Azoren-Hoch hat sich verfestigt“, sagt Gerhard Hofmann, Meteorologe und Leiter der Klimaabteilung beim Deutschen Wetterdienst in München. „Er wird bei uns mit schönem Wetter in Verbindung gebracht.“ Eigent zu Unrecht. „Wenn ein stark ausgeprägtes Hochdruckgebiet über Südeuropa liegt, ist das Wetter bei uns eher schlechter“, erläutert Hofmann. Im Sommer 1983 jedoch dehnte sich der wetterbestimmende Hochdruckgürtelbis weit in den Nordosten aus. Wie eine schützende Hand wehrte dieser mitteleuropäische Hochdruckgürtel die über dem Atlantik kreisenden Tiefdruckgebiete ab. Sommerklima wie im nördlichen Mittelmeer stellte sich ein.
Fast überall in Bayern wurden im Juli 1983 Temperaturrekorde gemessen, so schnell, dass