Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig (Roman). H. G. Wells

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Der Diktator oder Mr. Parham wird allmächtig (Roman) - H. G. Wells

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Wiedererscheinen des Lord Tremayne unterbrochen, der eine der Damen, die er Mr. Parham bereits vorgestellt hatte, am Arme führte.

      »Hier ist er«, rief Tremayne fröhlich. »Sie kennen meine Kusine Lady Glassglade! Wenn irgend jemand, so kann er dir die Angelegenheit Westernhanger auseinandersetzen. Er hat neulich famos darüber gesprochen, einfach famos!«

      Mr. Parham blieb mit Lady Glassglade allein.

      Die Glassglades hatten ein Besitztum in Worcestershire und waren ganz gewiß Leute, die man kennen soll. Was aber die Dame hier wollte, war nicht recht begreiflich. Verwunderlich, wie weit Sir Bussys gesellschaftliche Beziehungen reichten. Sie war eine freundlich lächelnde und sehr selbstbeherrschte kleine Dame mit ein wenig angegrautem Haar. Mr. Parham verbeugte sich anmutig. »Wir sind hier der Musikkapelle zu nahe, um plaudern zu können«, sagte er. »Wollen wir in den Speisesaal hinuntergehen?«

      »Da war es vorhin furchtbar voll, ich konnte nichts bekommen«, sagte die Dame.

      Mr. Parham gab ihr zu verstehen, daß das nun anders werden sollte.

      »Und ich bin eigentlich nur hierher gekommen, weil ich so hungrig war!«

      Reizend! Sie vertrugen sich sehr gut miteinander, und er sorgte dafür, daß sie etwas zu essen bekam. Mit ruhiger Gelassenheit bestand er darauf, diese Aufgabe auf sich zu nehmen. Sie sprachen von dem Glassgladeschen Besitz in Worcestershire und dem so durchaus englischen Zauber Oxfordshires; dann kamen sie auf ihren Gastgeber zu reden. Lady Glassglade erklärte, sie finde Sir Bussy »einfach wunderbar«. Sein Urteilsvermögen im Geschäftsleben sei instinktiv, habe sie sagen hören, unglaublich schnell überblicke er die Dinge, während andere Leute umherliefen und Erkundigungen einzögen. Er müsse acht bis zehn Millionen im Vermögen haben.

      »Und doch dünkt er mich einsam«, meinte Mr. Parham. »Einsam und losgelöst.«

      Lady Glassglade stimmte dem zu.

      »Wir haben ihn nicht assimiliert«, sagte Mr. Parham, und sein Gesichtsausdruck deutete auf ein fein organisiertes soziales System hin, das an einer Verdauungsstörung litt.

      »Nein«, bestätigte Lady Glassglade.

      »Ich habe ihn erst vor kurzem kennen gelernt«, sagte Mr. Parham. »Er dünkt mich merkwürdig typisch für unsere Zeit. Dieser neue Reichtum ist so sicher und kühn, doch fehlt es ihm in so unglaublichem Maße an dem noblesse oblige.«

      »Das stimmt«, meinte Lady Glassglade.

      Beide füllten ihre Gläser aufs neue mit Sir Bussys Champagner.

      »Wenn man bedenkt, wie ernst unser alter Landadel seine Standespflichten stets genommen hat …«

      »Ganz richtig«, sagte Lady Glassglade traurig.

      Doch dann raffte sie sich zusammen: »Trotzdem ist er eine amüsante Erscheinung.«

      Mr. Parham stellte sich auf einen höheren Standpunkt. Er blickte auf die Vergangenheit zurück und faßte die dunkle Drohung der Zukunft ins Auge. »Ich weiß nicht«, meinte er.

      Lady Glassglade und Mr. Parham blieben ziemlich lange plaudernd beisammen. Mit ernstem Humor entwickelte er den Plan, daß Oxford Fortbildungskurse für die neuen Reichen werde einrichten müssen. Lady Glassglade schien sehr belustigt über diesen Gedanken.

      »Als Nebenfächer Tennis, Tischmanieren, Waldhühnerjagd und Golf.«

      Die Eindrücke, die Mr. Parham in Sir Bussys Gesellschaft gewann, verloren an Schärfe, je weiter die Nacht fortschritt. Irgendwie wurde er von Lady Glassglade getrennt. Als er davon sprach, daß jede Aristokratie, auch eine, die es nur dem Namen nach sei, die Pflicht habe, den Massen Führer zu sein, wandte er den Kopf, um festzustellen, ob sie den Sinn dieser Bemerkung auch recht erfasse: doch da war sie verschwunden, offenbar schon seit längerer Zeit. An Stelle des rhythmisch bewegten Flimmerns in seiner Geistesverfassung war allmählich etwas wie ein goldenes Dämmerlicht, eine schwere und doch humorvolle Feierlichkeit getreten. Er sprach mit fremden Leuten über den Gastgeber des Abends. »Er ist ein einsamer und führerloser Mensch«, sagte Mr. Parham. »Und warum? Weil er keine Tradition hat.«

      Eine lange, lange Zeit hindurch stand er, wie er sich später erinnerte, ganz still und betrachtete bewundernd und voll Mitleid eine schöne schlanke Frau mit ruhigem Gesicht, die allein war und auf jemanden zu warten schien, der nicht kam. Er verspürte Lust, zu ihr hinzugehen und mit leiser, aber klarer Stimme »Warum so nachdenklich?« zu fragen.

      Wenn sie dann erschreckt und überrascht die schönen dunkelblauen Augen auf ihn richtete, gedachte er im Nu ein höchst geistreiches Gespräch mit ihr zu beginnen. Phantasie und Wirklichkeit wollte er in eins verweben, wollte Sir Bussy mit Trimalchio vergleichen, in einer kurzen, aber lebensvollen Darstellung das Wirken des Petronius schildern und schließlich allerlei merkwürdige und amüsante kleine Geschichten über die Königin Elisabeth oder Kleopatra oder andere historische Persönlichkeiten zum besten geben. Und sie, davon war er überzeugt, würde ihm hingerissen lauschen.

      »Sagen Sie mir«, sprach er zu einem jungen Mann mit Monokel, der sich im Gedränge an ihm vorüberschob. »Sagen Sie mir«, wiederholte er.

      Indem er die Hand bewegte, merkte er, daß mit seinen Fingern irgend etwas Sonderbares los war. Dieser Umstand fesselte seine Aufmerksamkeit so sehr, daß er zunächst nicht weitersprach.

      Der Ausdruck von Ungeduld in des jungen Mannes Gesicht verwandelte sich in einen des Interesses und der Sympathie. »Was soll ich Ihnen denn sagen?« fragte er, indem er erst Mr. Parhams fast völlig selbstständig gewordene Hand und dann dessen ganze Person durch sein Monokel hindurch betrachtete.

      »Wer ist diese reizende Dame in Schwarz und – Jett nennt man das, glaube ich, da drüben?«

      »Die Duchess von Hichester, mein Herr.«

      »Besten Dank«, sagte Mr. Parham.

      Doch sein Verlangen, die Dame anzusprechen, war verflogen. Er war dieses törichten, lärmenden, nächtlichen Festes, dieses ganzen hohlen Flitterkrams müde. Ein ungeheuerliches Fest war es. Ein Fest außerhalb der Geschichte, das nirgends anfing und nirgends hinführte. Ein Durcheinander. Herzoginnen und Tänzerinnen. Professoren, Plutokraten und Schmarotzer. Er wollte gehen. Doch eines hielt ihn noch eine Weile auf: sein Klapphut war ihm abhanden gekommen. Er befühlte seine Rocktaschen und betrachtete den Fußboden ringsum mit prüfendem Blick. Der Hut war weg.

      Sonderbar!

      In einiger Entfernung sah er einen Herrn, der einen Klapphut in der Hand trug. Einen Klapphut, just wie der seine, das sah er deutlich. Sollte er ihn dem Herrn mit einem ernsten »Verzeihen Sie« aus der Hand reißen?

      Wie aber sollte Mr. Parham beweisen, daß es sein Klapphut sei?

      4

      Notturno

      Mr. Parham fuhr aus dem Schlafe. Nun erinnerte er sich ganz deutlich daran, daß er seinen Klapphut auf den Tisch im Speisesaal gelegt hatte. Irgend ein übereifriger Bediensteter hatte ihn wahrscheinlich von dort weggenommen. ›Morgen früh muß ich an das Hotel Savoy schreiben‹, überlegte er.

      An die Direktion des Hotels Savoy. Oder einfach an das Hotel Savoy. »Ich ersuche Sie höflichst …« Nicht zu steif, aber auch nicht zu familiär … Ta ra ra ra – tim ta – pum pum.

      Wenn

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