AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND. Erhard Schümmelfeder
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Erhard Schümmelfeder
AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND
24 wirrtuose Geschichten über ALLES und MEHR oder WENIGER
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Inhaltsverzeichnis
AUS DEM PAPIERKORB EINES ÜBERSETZERS
DER MANN DER IMMER UNRECHT HATTE
AUSNAHMEZUSTAND IM SCHLARAFFENLAND
DIE INSEL DES FRIEDENS
Eine Rucksack-Geschichte
ACROLLAM ist der Name jener einstmals unbewohnten Insel, die der Privatgelehrte und Weltverbesserer Samuel Fielding für lumpige einhundertfünfzigtausend Pfund in einem seriösen Londoner Maklerbüro erwarb. Ausgerüstet mit Proviant für zwei Monate, Gewehr, Buschmesser, Kompass und einem noch unbeschriebenen Wachstuchheft machte er sich auf den Weg, fuhr mit der Bahn durch Deutschland, Frankreich und erreichte bald Spaniens Küste, von wo aus er den Rest der Strecke auf einem Frachtschiff zurücklegte.
Noch während der stürmischen Überfahrt begann Samuel Fielding die ersten Seiten jenes braunen Wachstuchheftes mit schwarzer Tinte zu beschriften. Von den neugierigen Matrosen ahnte niemand, was der weißhaarige Sonderling abends in seiner Kajüte, im trüben Schein einer Öllampe, auf die Seiten des Heftes kritzelte. Samuel Fielding schrieb weder Briefe noch Tagebuchaufzeichnungen. Er begann stattdessen mit der sorgsam durchdachten Niederschrift zu einer neuen Staatsverfassung für das vom ihm gegründete Erdenparadies ACROLLAM, als dessen Eigentümer er sich durch den notariell beglaubigten Kaufvertrag mit einem spanischen Kaufmann fortan bezeichnen durfte. Es war seine Absicht, der Welt den Rücken zu kehren, um ein neues und schöneres Leben in der beschaulichen Abgeschiedenheit seiner Insel zu beginnen. Von den ihm verbliebenen fünfzehntausend Pfund seines ererbten Vermögens gab er vierzehntausend Pfund aus für großformatige Zeitungs-Annoncen, die in allen bedeutenden Städten Europas erschienen und interessierte Zeitgenossen, die der sogenannten zivilisierten Lebensweise überdrüssig waren, aufforderten, ihre Zelte abzubrechen, um auf ACROLLAM unter südlicher Sonne wahre Lebenserfüllung und irdisches Glück zu finden. Einzige Vorbedingung für die einreisewilligen Bürger sollte ein kompliziertes und undurchsichtiges Aufnahmeverfahren sein, das Samuel Fielding persönlich durchzuführen gedachte. Die aufmerksamen Leser der Anzeigen begriffen, dass vor allem keine Nörgler, Besserwisser, Ignoranten, Schwätzer, Geschäftemacher, Narren oder gar Dummköpfe auf der Insel erwünscht seien. - Die übriggebliebene Summe von eintausend Pfund schenkte Samuel Fielding den Matrosen, die ihn mitsamt seinem Gepäck in einem schaukelnden Boot vom Schiff zum Strand von ACROLLAM ruderten; mit dieser großzügigen Tat hatte er die letzte Brücke zur alten Welt endgültig hinter sich abgebrochen.
Samuel Fielding kniete nieder, küsste den Boden der neuen Heimat und warf eine Handvoll Sand in die Lüfte. Der Wind blies den Sand von Westen nach Osten. - Dies war also der Weg, den er einschlagen würde. In einer Felsenhöhle verstaute er seine schwere Seekiste, versorgte sich mit Proviant für drei Tage, schulterte das Gewehr, ergriff die Machete und begann mit der Erkundung der Insel.
Seine Erwartungen und Träume wurden noch übertroffen von der Schönheit, die die greifbare Wirklichkeit ihm offenbarte: Palmen, blaue Lagunen, riesige Fischbestände, Wald, so weit das Auge reichte, exotische Vögel, Wild, frisches, sauberes Quellwasser ... Kokosnüsse, Bananen, Zitronen, Ananasfrüchte, Gemüse! - Das war der Beginn einer neuen Zivilisation! Holz- und Lederverarbeitung! Fischerei! Tauschwirtschaft! Zufriedene Menschen, Handwerker, Fischer, glückliche