Pyjamamord. Ole R. Börgdahl

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Pyjamamord - Ole R. Börgdahl Tillman-Halls-Reihe

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las die nächsten Sätze, bis zum Ende des Textes, ohne dass mir eine inhaltliche Trennung auffiel. Ich musste etwas länger nachdenken. Bruckner öffnete die Augen. Unsere Blicke trafen sich.

      Ich nickte ihm zu. »Schon gut, ich hab’s ja gleich. Der Rest des Textes, also: Geben ihr Schicksal weiter. - Der Kreis muss sich schließen. - Mein Opfer ist die Erfüllung. - Die Sätze sieben bis neun haben etwas mit Rache zu tun, davon bin ich überzeugt.« Ich stutzte. »Auf der anderen Seite kann ich mir auch vorstellen, dass die Leute, die das mit den Schaufensterpuppen und diesen Versen getan haben, sich totlachen, wenn sie uns jetzt hier so sehen.«

      Bruckner verzog keine Mine. Er überlegte, bevor er etwas erwiderte. »Erstens ist Ihre letzte Aussage nicht sehr gut für meine derzeitige Gefühlslage. Zweitens können Sie natürlich recht haben. Was schlagen Sie also vor, um herauszufinden, was wirklich hinter der Sache steckt. Am Ende möchte ich nämlich gerne jemandem in den Arsch treten. Entschuldigung!«

      Ich lachte. »Das ist gut, wenn Ihnen das hilft, wieder aus Ihrem Tief herauszukommen, dann bin ich dabei. Was sagten Sie, wann ist der Artikel erschienen?«

      »Der in dem Revolverblatt?«

      »Ja, Hamburg Direkt. Die finde ich eigentlich gar nicht so schlimm, haben manchmal ganz interessante Themen, schnell zu lesen, mit Aha-Erlebnis.«

      »Was soll das denn heißen?«, fragte Bruckner stirnrunzelnd.

      »Naja, man kann sich so herrlich aufregen. Da gibt es nur Gut und Böse, das kann sich jeder merken.«

      Bruckner zuckte mit den Schultern. Er holte ein nagelneues Smartphone aus seiner Jackentasche, machte ein paar Klicks und reichte mir dann das Gerät.

      »Letzten Mittwoch! Der Online-Text ist identisch mit der Printausgabe.«

      Ich scrollte durch den Text. Hier standen einige von den Details, über die mir Bruckner vor wenigen Minuten berichtet hatte. Das Ganze schloss mit den Worten, dass die Zeitungsredaktion mit der Polizei kooperiere und sie tatkräftig unterstützte, die Angelegenheit aufzuklären. Ich ließ mir noch einmal die Schlagzeile des Artikels durch den Kopf gehen. Mord an Schaufensterpuppen! Es klang nicht sehr reißerisch, eher seriös, und es stimmte, der gesamte Artikel sollte den Eindruck von Seriosität vermitteln.

      »Wissen Sie was«, sagte ich schließlich. »Ich veröffentliche einfach einen Leserbrief, und zwar mit dem Titel Puppenmord. Kennen Sie Puppenmord?«

      Bruckner überlegte kurz, schüttelte dann aber den Kopf.

      »Das kennen Sie bestimmt, ist ein Roman von Tom Sharpe. Im Original heißt er Wilt, nach dem Protagonisten. Es gab mehrere Fortsetzungen. Der erste Teil wurde sogar verfilmt. Es ist eigentlich eine Komödie, eine sogenannte Verwechslungskomödie. Wilt ist mit einer lebensgroßen Gummipuppe unterwegs und entsorgt sie in einer Baugrube. Dann geht der Spaß erst richtig los, weil ihn jemand beobachtet hat.«

      »Für mich ist die ganze Sache aber kein Spaß«, warf Bruckner ein.

      »Ich mache aber einen daraus und behaupte in meinem Leserbrief einfach, dass das mit den Schaufensterpuppen alles schon dagewesen und aus meiner Sicht extrem langweilig ist. Dass es eben Puppenmord von Tom Sharpe ist. Vielleicht kann ich ja jemanden damit provozieren, aus der Reserve locken. Die Leute haben sich einmal mit der Presse eingelassen, vielleicht tun sie es wieder und machen diesmal einen Fehler und wir haben ganz schnell unsere Scherzbolde. Das Ganze nennt sich proaktive Strategie.«

      »Ja, ja, das kenne ich«, erwiderte Bruckner. Gezielte Veröffentlichung von Informationen, um einen unbekannten Täter zu gewünschten Handlungen zu verleiten. Es mag ja sein, dass sich Scherzbolde darauf einlassen, die machen das mit, aber was ist mit einem Mörder?«

      Mittwoch, 3. April 2013

      Bruckner konnte es nicht gefallen, dass unsere Angelegenheit in Sachen Leserbrief so lange dauerte. Ich wollte meinen journalistischen Erguss natürlich so gut wie möglich machen. Ich schrieb den Text vor, kam aber erst am Wochenende dazu, ihn druckreif fertigzustellen. Ich wollte schließlich nicht, dass die Redaktion von Hamburg Direkt meinen Kommentar ablehnte. Bruckner hatte bis Freitag mehrere Male versucht, mich am Telefon zu erreichen. Am Wochenende ließ er mich aber in Ruhe und gleich am Sonntagnachmittag konnte ich ihm den Text mailen. Er hatte keine Einwende, keine Verbesserungen, er wollte nur, dass das Ding, wie er es bezeichnete, so schnell wie möglich rausging. Ich wählte natürlich den Postweg, gab den Brief noch am Abend beim Hauptpostamt am Bahnhof ab. Ich konnte natürlich keine Expresszustellung daraus machen, das wäre zu auffällig gewesen. Dann hatte ich doch nicht damit gerechnet, dass es so schnell gehen würde.

      Bruckner war es wieder, der mir eine Mail schickte. Im Anhang befand sich der Link auf die Website von Hamburg Direkt. Bruckner hatte mit seinem Smartphone auch ein Foto von der betreffenden Zeitungsseite geschossen. Die Redaktion hatte meinen Leserbrief tatsächlich gedruckt. Wenn Bruckner mich nicht darauf aufmerksam gemacht hätte, wäre mir allerdings entgangen, dass der Text gekürzt wurde. Ich verglich ihn mit meiner Version. Die Änderungen waren aber nicht sehr gravierend. Obwohl ich bei der Postzustellung meinen vollen Namen angegeben hatte, war die Redaktion meinem Wunsch gefolgt und hatte nur das Kürzel TH unter den Leserbrief gesetzt. Hier schien Bruckners Revolverblatt durchaus seriös zu sein.

      In den folgenden Tagen kümmerte ich mich nicht mehr um das, was in Hamburg Direkt erschien, denn ich ahnte schon, dass Bruckner ein wachsames Auge auf alles haben würde. Ich hatte allerdings nicht mit seiner Ungeduld gerechnet. Wieder ein paar Tage später saß ich morgens in meinem Büro, als mein Mobile klingelte. Ich hörte es erst nicht, weil ich es in meiner Jacke hatte stecken lassen. Ich schaffte es gerade noch zum Garderobenschrank.

      Bruckners Stimme klang verärgert. »Mein Gott, ich dachte schon, Sie hätten sich heute einen freien Tag genommen.«

      »Habe ich aber nicht. Sind Sie das, Bruckner?«

      »Ja, Entschuldigung! Hier spricht Kriminaloberkommissar Kurt Bruckner, Kriminaloberkommissar auf Eis. Ist das so in Ordnung?«

      »Ja, ja, jetzt kommen Sie mal wieder runter«, forderte ich ihn auf. »Gab es eine Antwort?«

      »Gab es eine Frage«, rief Bruckner trotzig.

      »Ich meine den Leserbrief, oder warum rufen Sie an?«

      »Ach so, das meinen Sie mit Antwort, Antwort auf den Leserbrief.« Es entstand eine kurze Pause. Bruckner holte tief Luft. »Warum wissen Sie das denn nicht selbst?«

      »Es reicht doch, dass Sie es herausfinden. Das nenne ich Arbeitsteilung. Ich habe den Leserbrief geschrieben, Sie haben die Zeitung im Blick.«

      Dann hörte ich einige Sekunden lang gar nichts mehr. Bruckner musste den Hörer mit der Hand abgedeckt haben, denn auch das leise Stimmengewirr im Hintergrund war verstummt.

      »Hallo, sind Sie noch da?« Keine Reaktion. Ich wartete. »Hallo!« Dann hallte es und Bruckner meldete sich wieder.

      »Entschuldigung, ich musste mir mal eben eine ruhige Ecke suchen.«

      »Wieso, wo sind Sie denn?«, fragte ich etwas irritiert.

      »Wo soll ich denn wohl sein, im Büro natürlich. Ich habe Ihnen doch erklärt, dass ich zur Zeit Schreibtischtäter bin.«

      »Aber Sie waren eben nicht in Ihrem eigenen Büro, oder?«

      »Ich

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