Pyjamamord. Ole R. Börgdahl
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Читать онлайн книгу Pyjamamord - Ole R. Börgdahl страница 8
»Was soll das, was denken Sie denn über mich? Suspendiert!«
Bruckner klang sichtlich empört. Es lag aber etwas in seiner Stimme. Ich spürte es irgendwie und es sagte mir, dass sein derzeitiger beruflicher Status nicht sehr weit von einer Suspendierung entfernt sein konnte. Er versuchte mich einigermaßen aufzuklären, aber es war wohl nur die halbe Wahrheit.
»Ich habe Ihnen doch erklärt, dass man mir andere Aufgaben in einem anderen Dezernat übertragen hat«, begann er. »Ich bin daher gezwungen, auch räumlich mit den neuen Kollegen zusammenzusitzen.«
»Und die haben ihre Büros in einer anderen Sternspitze des Polizeipräsidiums?«
»Ich bin derzeit nicht mehr am Bruno-Georges-Platz.«
Wir schwiegen einige Sekunden. Vielleicht war es besser nicht weiter über Bruckners Situation zu sprechen. Es musste ernster sein, als er bisher vor mir zugegeben hatte.
»Jetzt lassen wir das mal«, sagte er schließlich. »Mir dauert das alles zu lange.«
»Was dauert zu lange?«
»Na, es hätte doch schon längt eine Reaktion auf den Leserbrief geben müssen.«
»Nach drei Tagen?«
»In der heutigen Zeit mit den mobilen Medien sind doch drei Tage wie früher drei Wochen.«
»Nein, nein, das ist Quatsch«, warf ich ein. »Lassen Sie den Dingen doch ihren Lauf. Wenn wir wirklich jemanden mit dem Leserbrief getroffen haben, dann wird es nicht sofort eine Reaktion geben und das ist auch gut so.«
»Warum?«, fragte Bruckner.
»Ich meine, Ihre Theorie. Wenn es Scherzbolde sind, dann könnte ich mir vorstellen, dass sie sich sofort melden.«
»Es handelt sich hierbei aber um keinen Scherz. Ich bin seit zwanzig Jahren Bulle. Ich spüre, wenn an einer Sache mehr dran ist ...«
»Verdammt, ich hab’ es ja verstanden.« Ich musste mich zurückhalten, um nicht ins Telefon zu schreien. »Hören Sie, je länger eine Reaktion auf meinen Leserbrief ausbleibt, desto wahrscheinlicher ist es, dass Sie recht haben.«
»Dann muss ich auch Recht haben, wenn niemand antwortet, ja, aber das nützt uns nichts, weil wir dann genauso schlau sind wie vorher.«
»Wenn das eintritt, dann müssen wir es eben ein zweites Mal probieren«, antwortete ich.
»Ja genau, das ist auch meine Meinung. Ich habe über Ihren Text nachgedacht. Vielleicht sollte man noch etwas hinterherschieben, etwas Schärferes, etwas das wirklich provoziert.«
»Was denn?«, rief ich. »Sie dürfen auch nicht übertreiben, sonst druckt es die Zeitung nicht.«
»So meine ich es doch gar nicht.« Bruckner schien zu überlegen. Es dauerte wieder ein paar Sekunden, bis er weitersprach. »Ich habe da mehrere Ideen. Ich schreibe was anderes als Sie, nur eine neue Theorie, zum Beispiel, dass in Süddeutschland ähnliche Schaufensterpuppen aufgetaucht sind.«
»Warum Süddeutschland?«
»Ach ist doch egal, Süddeutschland, Ostdeutschland, Westdeutschland. Es kann auch irgendeine andere Großstadt sein. Ich will doch bloß provozieren und andeuten, dass schon vorher jemand auf den Scherz mit den Schaufensterpuppen gekommen ist.«
»Und Ihre anderen Ideen?«
»Was?«
»Sie sagten, Sie hätten mehrere Ideen?«
»Ach so, ja. Das ist etwas heikel. Ich könnte einen Brief schreiben, anonym, und behaupten, ich habe das mit den Schaufensterpuppen gemacht. Ich fordere die Zeitung auf, es zu drucken ...«
»Also, jetzt hört es aber auf. Am Ende werden wir beide verhaftet, weil man uns die Sache mit den Schaufensterpuppen anhängt. Bitte unterlassen Sie solche Dinge.«
»Ja, ja, ist schon gut.« Bruckner klang wieder nachdenklich. »Aber irgendetwas muss ich tun.«
»Abwarten, das können Sie tun«, sagte ich scharf.
»Passen Sie auf«, entgegnete Bruckner. »Ich hab’ da was formuliert. Nichts davon, dass ich ... Sie wissen schon. Ich schicke es Ihnen gleich mal, und wenn es in Ordnung ist, geben Sie mir grünes Licht und wir haben einen zweiten Leserbrief in Hamburg Direkt, und wenn wir Glück haben, dann ist das das Zünglein an der Waage.«
Ich überlegte. Ich hatte jetzt keine Lust mehr, weiter mit Bruckner zu diskutieren. Es führte zu nichts. Er musste erst einmal wieder runterkommen.
»Meinetwegen, dann schicken Sie mir Ihren Text«, schlug ich vor. »Wenn ich mich bis heute Nachmittag nicht mehr melde, dann halten Sie die Füße still, versprechen Sie mir das?«
»Ja, aber urteilen Sie nicht zu voreilig. Sie werden sehen, dass ich recht habe. Wir müssen noch etwas nachlegen.«
Ich kommentierte seinen letzten Satz nicht. Wir beendeten das Gespräch, nachdem Bruckner angedeutet hatte, dass seine neuen Kollegen ihn schon suchen würden. Ich konnte seine derzeitige Situation wirklich nicht einschätzen und ich überlegte, ob ich nicht auch ein wenig schuld daran war.
*
Ich hatte mir seine Mail mehrfach durchgelesen. Ich hatte sogar überlegt, es etwas umzuschreiben, war am Ende aber zu dem Schluss gekommen, dass man gar nichts mehr unternehmen sollte. Anstatt mich nicht mehr zu melden und Bruckner damit zu signalisieren, dass ich seinen Vorschlag ablehnte, schrieb ich ihm wenigstens eine Antwort. Ich feilte lange daran, weil ich auch erreichen wollte, dass er selbst davon überzeugt war, noch abzuwarten. Eine Stunde später schickte er ein Einfaches Danke zurück.
Ich hörte über eine Woche nichts mehr von Bruckner. Ich hatte mir zwei-, dreimal ein Exemplar von Hamburg Direkt gekauft und dabei Stirnrunzeln bei Frau Sievers ausgelöst. Das Einzige, was es mir brachte, waren Tipps für billige Tankstellen in allen Hamburger Bezirken. Eine Antwort auf meinen Leserbrief fand ich nicht und ich fand auch nichts, was von Bruckner stammen konnte. Er hatte sich zurückgehalten. Am Vormittag war ich zu mehreren Objekten unterwegs, hatte einige Termine mit Kaufinteressenten für eine Doppelhaushälfte in Bahrenfeld. Ich kam auch an der ehemaligen Tierarztpraxis vorbei. Ich hielt kurz an, stellte sogar den Motor ab. Das Haus stand noch immer leer. Aus dieser Sache war Bruckner offenbar noch als großer Held hervorgegangen, obwohl der Haupttäter nie zur Rechschaft gezogen werden konnte. Und wieder war ich es, der daran nicht ganz unschuldig war. Es gab nur einen Trost, es hatte Bruckner und mir das Leben gerettet. Ich startete den Motor, der kraftvoll aufheulte, und fuhr weiter. In unmittelbarer Nähe zur Trabrennbahn fand ich einen Italiener und beschloss dort zu Mittag zu essen. Als ich schon beim Kaffee war, versuchte mich Frau Sievers zu erreichen. Ich nahm nicht ab, weil ich ohnehin in der nächsten halben Stunde wieder im Büro sein wollte. Als ich dort schließlich ankam, war Frau Sievers nicht mehr im Haus. Auf meinem Schreibtisch fand ich keinerlei Notiz. Mit ihrem Anruf hatte sie sich wahrscheinlich nur abmelden wollen. Ich ging in die Küche, um mir einen Kaffee zu holen. Als ich an Gustavs Büro vorbeikam, hörte ich, dass er Besuch hatte. Ich blieb kurz stehen, nicht um zu lauschen, sondern, weil mir die Stimme seines Gastes bekannt vorkam. Ich brauchte nicht lange zuzuhören. Bruckner! Ich zögerte kurz, klopfte an und trat sofort