Homo sapiens movere ~ geschehen. R. R. Alval
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Homo sapiens movere ~ geschehen - R. R. Alval страница 3
Ich blieb liegen. Unfähig aufzustehen; mich unter dem Bett oder im Schrank in Sicherheit zu bringen. Erst als die Geräusche draußen etwas leiser wurden, rappelte ich mich auf. Vorsichtig, um meine Hände nicht an den Glassplittern zu verletzen. Geduckt lief ich aus der Sichtweite möglicher… äh… fliegender Dinge.
Mein Kopf war leer.
Dabei hätten tausend Fragen geklärt werden müssen.
Allerdings sorgten Fassungslosigkeit und pure Angst für statisches Rauschen.
Minuten vergingen. Vielleicht auch Stunden. Allmählich wurde mein Kopf klarer. Ich betete, dass meine Familie sicher war. Hoffte, dass keins der Wesen die Häuser durchsuchte. Oder – an der Wand nach oben kletternd – durch mein Fenster spähte.
Da!
Jemand war im Haus. Um präzise zu sein, an meiner Wohnungstür. Mit einem leisen Klick ging diese auf. Ich hatte damit gerechnet, dass sie einfach eingetreten wurde. Aber was wusste ich schon, wozu diese… diese… Dinger fähig waren? Ich hielt die Luft an. Überlegte, was ich tun sollte. Womit ich mich verteidigen könnte. Meine Waffe lag in der Schlafstube. In einer Kiste. Die Munition daneben.
Ich könnte losrennen.
Wäre ich schnell genug?
Ein riesiger Körper trat durch die Tür. Mit so breiten Schultern, dass er kaum hindurch passte. Kaum hörbar atmete ich aus. Er schloss leise die Tür hinter sich. „Paps.“
Erleichtert sank ich in seine weit ausgebreiteten Arme.
Sofort hatte ich das Gefühl, dass alles wieder gut wurde. Er hatte diese Wirkung auf mich. Auf alle. „Hey meine Große. Ein beschissener Alptraum da draußen, trotzdem… alles Gute.“ Duncan Bricks war nicht mein biologischer Vater. Doch er war alles, was einen Vater ausmachte. Außerdem eine imposante Erscheinung; besonders neben meiner Mutter. Sie war klein; kleiner als ich. Hatte helle Haut, blonde Haare, blaue Augen. Zart wie eine Elfe. Paps hingegen… gäbe es Berserker, er hatte die Statur dazu. Zwei Meter groß. Dunkle Haare. Beinah schwarze Augen, die jeden mit einer Intensität ansahen, als ob er imstande sei bis auf die Seele zu blicken. Muskulös; sehr muskulös. Ich wusste, dass er immer noch einen Waschbrettbauch besaß. Im Sommer beim Grillen sah man so einiges. Selbst mit meinen nunmehr 34 Jahren fühlte ich mich neben ihm immer noch wie ein Kind. Geborgen und beschützt. Mein Fels in der Brandung.
Sein Job hatte ihn hart gemacht. Er hatte ihn überlebt.
Welch Ironie, dass der mit der militärischen Laufbahn einen einfachen Polizisten überlebte. Nicht, dass ich einen der beiden wichtigsten Männer in meinem Leben je freiwillig aufgegeben hätte. Meinen Ehemann zu verlieren hatte nur mich geschwächt. Paps zu verlieren hätte die ganze Familie betroffen.
Dreißig Jahre hatte er gedient. Ich konnte mich nicht erinnern, wie oft wir umgezogen waren. Von einem Stützpunkt zum nächsten. Es war nicht immer toll gewesen. Oder aufregend. Besonders, wenn Paps verletzt von einem Einsatz zurückkam. Doch er hatte es immer geschafft.
„Wo ist Mom?“ Meine Stimme zitterte ein wenig. Ich hatte Angst vor der Antwort. „Bei Katrin. Es geht ihr heute nicht so besonders.“
„Mom ist krank?“ Paps schüttelte den Kopf. „Katrin. Wir denken, sie bekommt eine Grippe.“ Auch das noch! Wo sie doch immer noch so angeschlagen war. „Francine und Alex sind in den Süden gefahren. Rauf zu unserem Bungalow.“ Ich nickte. Der Bungalow verdiente diesen Namen eigentlich gar nicht. Eher entsprach er einem mittelgroßen Sommerhäuschen. Solide Bauweise. Fließendes Wasser. Zwei Etagen. Eigenes Grundstück. „Glaubst du, dort ist es ruhiger?“
„Ich weiß es nicht. Ich hoffe es aber. Ich möchte, dass du ihnen folgst. Sobald es Katrin besser geht, kommen wir ebenfalls nach.“ Ich schluckte meine Befürchtungen hinunter. Sogar meinen Kommentar, dass ich unmöglich unter einem Dach mit Francine wohnen konnte. Ich mochte Alex‘ Frau nicht. Sie war mir zu aufgetakelt. Zu gestelzt. Hielt sich für etwas Besseres. Ich hatte keine Ahnung was Alex an ihr fand. Vielleicht mochte er ihre Titten. Oder ihren Arsch. Mein Bruder war schließlich auch nur ein Mann; und lecker war die Frau.
„Du musst das Motorrad nehmen. Ich glaube kaum, dass du mit dem Auto aus der Stadt rauskommst. Es sind zu viele unterwegs. Wollen alle weg. Nimm Seitenstraßen. Fahr über den Bürgersteig. Ignorier Verkehrsregeln. Denke nur ans Überleben. Hast du das verstanden?“ Der Drang zu salutieren war übermächtig. Ich tat es nicht. Bestätigte seine Aufforderung mit einem klaren Ja.
Unausgesprochen blieb, dass ich nur das Nötigste nitmehmen durfte. Ein Rucksack. Etwas zu trinken. Ein paar Müsliriegel. Irgendetwas, was nicht verdarb. „Wenn es hart auf hart kommt, scheiß’ auf die Regeln. Denk‘ nur an dich.“ Ich nickte. In meinem Hals saß ein Kloß so groß wie ein Medizinball. Er wurde größer, je mehr Instruktionen er mir gab. Ganz der Mann, der seine Lektionen gelernt hatte. „Hier.“ Er drückte mir ein Messer in die Hand. Es steckte in einer ledernen Scheide, an der ein kleiner Gurt befestigt war. „Zögere nicht. Benutze es!“ Wenn es hart auf hart kommt. Er sprach es nicht aus. Wir wussten es beide. Was immer da draußen los war – Menschen waren das keine. „Falls dir jemand eine Handfeuerwaffe verkaufen will – glaub mir, solche Leute wird es geben – lass es bleiben.“ Ich runzelte die Stirn. „Ich hab doch eine.“
„Sie wird dir nichts nützen. Die sind zu schnell.“ Über Paps Gesicht huschte ein kurzes Lächeln. Ein flüchtiger Ausdruck, den ich mir auch eingebildet haben könnte. „Nimm deine Waffe trotzdem mit. Ich weiß, was du kannst. Schließlich war ich dein Lehrmeister.“ Er zwinkerte mir zu, womit er mir mehr Mut gab, als mit irgendwelchen Floskeln. „Handys funktionieren ebenso wenig wie Strom. Das war anscheinend das erste, was die gekappt haben. Wie sie die Handynetze stören, kann ich nur vermuten. Sollten die die Satelliten erwischt haben, hat keiner Nachricht davon geben können.“
Wäre wahrscheinlich auch keinem aufgefallen, wenn so ein Ding ins Meer stürzte. Oder mitten ins Nirgendwo. Sofern sie gerade mit anderweitigem Chaos beschäftigt waren.
„Also keine Möglichkeit miteinander in Kontakt zu treten. Ich lass dich ungern allein gehen. Aber allein dürftest du die besten Chancen haben.“ Verstand ich nur zu gut. Niemand, auf den ich Rücksicht nehmen musste. Allerdings auch niemand, der mir im Ernstfall half. „Noch was…“, er holte tief Luft, „Vermeide offensichtliche Militäreinrichtungen. Wenn ich die wäre, wären diese Stützpunkte mein zweites Ziel.“ Gleich nach der Unterbrechung der Kommunikation. Ich nickte. Hörte auch das, was er nicht sagte. Drückte ihn in einer stummen Umarmung. „Danke Paps.“ Er umarmte mich fest. „Danke mir, indem du überlebst.“ Darauf konnte er sich verlassen. Ich hatte nicht vor ins Gras zu beißen. Er wartete noch, bis ich alles Nötige im Rucksack verstaut hatte und begleitete mich nach unten. Mein Motorrad lag auf der Seite, schien auf den ersten Blick jedoch noch funktionstüchtig. Paps half mir es aufzurichten.
Überall lagen Metallteile, Schutt und Asche. Von anderen Dingen ganz zu schweigen.
Der Himmel – obwohl noch nicht mal drei am Nachmittag – war dunkel. Der Rauch reizte meinen Hals und ließ mich husten. Ich steckte den Schlüssel an, drückte den Zündknopf. Mit einem leisen Röhren erwachte es zum Leben. „Steig auf. Ich bring dich zu Katrin.“
„Negativ. Sieh zu, dass du aus der Stadt verschwindest.“ Paps war im Militärmodus.
Gut.
So musste ich mir weniger Sorgen machen.
Ich