Homo sapiens movere ~ geschehen. R. R. Alval
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Читать онлайн книгу Homo sapiens movere ~ geschehen - R. R. Alval страница 5
„Mist. Mit älteren Modellen und Crossmaschinen kenne ich mich aus. Diese neuartigen Dinger…“ Er holte tief Luft. „Äh… und die Leitplanken? Willst du das etwa drüber heben?“ Er lachte leise. „Ich fühle mich geehrt, dass du mir solche Kraft zutraust. Aber nein, dafür habe ich eine andere Lösung.“ Abwartend sah er mich an.
Fast, als verlange er Stillschweigen von mir.
Dann ging er zügig zur Leitplanke. Legte beide Hände darauf; in einem Abstand von geschätzt anderthalb Metern. Das Metall an seiner linken Hand lief weiß an. Das an seiner rechten begann rot zu glühen.
Mein Mund klappte schon wieder auf. Langsam wurde das zur Gewohnheit. Ich war doch kein Karpfen, verdammt! Obendrein entfuhr mir ein Laut des Erschreckens. Möglicherweise auch des Erstaunens.
Immerhin hatte er mich vorhin mit eben diesen Händen festgehalten.
Die Leitplanke zu seiner linken knackte. Die zur rechten begann zu tropfen. Und dann war sie weg. Abgefallen!
Mit den Füßen trat er das Stück Metall zur Seite. „Beeindruckend, hm?“ Ich äußerte mich nicht. „Ach komm schon. Gib es zu. Ein bisschen bist du neidisch.“ Vielleicht. Würde ich nie im Leben zugeben.
Also zuckte ich lediglich mit den Schultern.
Unsere Unterhaltung verlief leise. Wir wollten keine Aufmerksamkeit auf uns ziehen. Nur aus diesem Grund vernahm ich das leise Knacken seitlich von mir. Roy hörte es auch. Ruckartig flogen unsere Köpfe herum. Ich sah nichts. Hörte auch nichts mehr. Roy deutete mit der Hand zum Motorrad. Mit dem Kopf nickte er zum Graben. „Ich halte es vorn. Sollte ich wegrutschen, versuch es von hinten zu stützen. Drüben wieder rauf müssen wir beide nach vorn und schieben.“ Ich nickte zustimmend. Das Risiko, dass einer von hinten schob und das Gewicht des Motorrads uns zurück zog, war extrem hoch. Derjenige hinter dem Krad hätte das Nachsehen. Sichtlich mühelos gelang es Roy das Motorrad den Graben hinunter zu bringen. Bei einer Tiefe von zwei Metern eine Meisterleistung. Besonders da die Böschung eine beachtliche Neigung aufwies. Unten stand das Krad leicht schräg. Die Idee, quer zum Graben auf der anderen Seite hinauf zu fahren, verwarf ich noch ehe ich sie aussprach. Genau wie der hinter uns liegende Abhang war sie zu überwuchert. Roy gab mir ein Zeichen, dass ich zu ihm an den Lenker kam. Auf drei schoben wir.
Verflixt!
Das Ding war scheiße schwer. Ich hatte das Gefühl mich gegen einen Baum zu stemmen. Dabei kamen wir ein paar winzige Zentimeter voran. „Ein Seil hast du zufällig keins dabei, oder?“ Zweifelnd zog ich meine Augenbrauen in die Höhe.
Woher hätte ich wissen sollen, dass die verfickte Straße weg war?
„Du sagst, du kennst dich mit alten Maschinen aus. Könntest du bei der hier mit ein wenig Fingerspitzengefühl ebenso gut agieren?“ Konnte er überhaupt fahren? Roys Stirnrunzeln war irgendwie… Nein! Es war nicht sexy.
Er war der Freund… der Exfreund meiner Freundin. Meiner… hoffentlich irgendwo sicheren Freundin.
Schnell stopfte ich den Gedanken in eine Schublade im hintersten Teil meines Gehirns. Damit musste ich mich später beschäftigen. „Erster Gang, Standgas. Da kackt sie bestimmt ab. Aber wenn du ein klein wenig Gas gibst…“ Roy nickte. „Ein Versuch kann nicht schaden. Wieviel PS hat das Teil?“ Ich sagte es ihm, was ihn anerkennend pfeifen ließ. „Ordentlich. Einen Tick zuviel Gas und die Lady geht auf die Hinterbeine.“ So sah es aus.
Roy startete.
Legte den Gang ein. Nickte mir zu, so dass ich den Lenker ebenfalls ergriff. Vorsichtig gab er Gas. Es funktionierte. Irgendwie. Trotzdem war es beschwerlich, denn der Untergrund bot nicht genügend Angriffsfläche für die Räder. Wir fluchten zeitgleich. Bissen die Zähne zusammen. Anerkennend musste ich feststellen, dass Roy das Gas selbst unter diesen Umständen genauestens unter Kontrolle hatte. Kein einziges Mal bockte die Maschine. Endlich standen wir wieder auf ebener Fläche. Beide keuchend. Allein hätte ich dieses Hindernis nie und nimmer überwältigen können.
Entschuldige Paps. Aber manchmal ist eine zweite Person durchaus hilfreich.
Trotz der Kälte standen uns Schweißperlen auf der Stirn. „Kannst du notfalls hier fahren?“ Mit ‚hier‘ meinte Roy den schmalen Streifen zwischen Zaun und Abgrund. „Wenn einer von uns die Knie riskieren möchte, klar.“ Ebenso gut hätten wir im Graben fahren können. Nur wurde der weiter hinten von einigen Betonröhren unterbrochen. Durch die passten wir auf keinen Fall hindurch; höchstens gefaltet und gebügelt. Ganz zu schweigen von den auch dort überall wuchernden Minibüschen und Ranken. „Warum?“ Roy nickte kaum wahrnehmbar mit dem Kopf zur Seite. „Wir haben Besuch.“ Ich sah in die Richtung, aus der wir vorhin das Geräusch gehört hatten. Tatsächlich stand dort ein Hund. Ein… sehr großer Hund. Zumindest hoffte ich, dass es einer war. „Sag mir bitte, dass das ein Hund ist.“, flüsterte ich. „Ein Wolf.“ Yippieieh! „Bei uns gibt es keine Wölfe.“ Roy verdrehte die Augen. „Sag mir was Neues, Klugscheißer. Bei uns gibt es auch keine Monster, richtig?“ Ich schluckte.
Für einen Hund war das Tier zu groß. Für einen Wolf… äh… auch. Sowohl zu groß, als auch zu muskulös. Wolf auf Steroiden? Wovon zum Geier ernährte der sich? Er war fast so groß wie ein Kalb!
Mein Herz raste augenblicklich auf Hochtouren. Glücklicherweise blieb der Hund… Wolf auf Abstand. Er schien uns lediglich zu beobachten. Interessiert. Hoffentlich war der nicht hungrig.
Während Roy sich um den Zaun kümmerte – mit derselben Methode wie vorhin – ließ ich das Vieh nicht aus den Augen. Das machte weiterhin keine Anstalten uns zu nahe zu kommen. Stattdessen legte es sich hin; den Kopf auf die riesigen Pfoten. Trotzdem tastete ich nach dem Messer, das ich an meinen linken Unterarm geschnallt hatte. Vorsicht war die Mutter der Porzellankiste.
Der Wolf knurrte. Blieb jedoch liegen. Wusste er, dass ich ein Messer trug? Das war irrsinnig. Andererseits: Wenn es kein echter Wolf war? Sondern ein… Werwolf?
Haha! Die Vorstellung war kein bisschen amüsant.
Wölfe jagten in Rudeln, falls ich mich recht entsann. Traf das auch auf Werwölfe zu? Wo war dann der Rest? Hinter uns? Vor uns? Ich schluckte. Wandt meinen Blick kurz zu Roy. Der war fast fertig. Die eine Hälfte des Zauns war von Weiß überzogen, die andere Seite von einem glühenden, tropfenden Rot. Einige der Tropfen trafen seine Haut. Er nahm das offensichtlich nicht wahr. Ein heißes Händchen und ein… nun ja… eiskaltes Händchen. Ich kicherte dümmlich. Wahrscheinlich gingen meine Nerven langsam mit mir durch. Kein Wunder nach den letzten Stunden, die wahnsinniger und blutrünstiger kaum sein konnten. Außerdem lag nur wenige Meter von mir entfernt ein riesiger Köter, der vermutlich nur nach einem Zahnstocher Ausschau hielt. Um damit später unsere Überreste aus seinen Zähnen