Homo sapiens movere ~ geschehen. R. R. Alval
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Читать онлайн книгу Homo sapiens movere ~ geschehen - R. R. Alval страница 6
Jetzt?
Mein Herz klopfte noch einen Tick schneller. „Spring auf. Ich fahre.“ Normalerweise hätte ich Einwände. Niemand fuhr meine Maschine. Aber eine Diskussion würde Zeit kosten. Zeit, die uns das nette, kleine Hündchen möglicherweise nicht ließ. Also stieg ich auf, nahm den Helm, den Roy mir reichte, während er bereits den Motor startete und krallte mich an ihm fest. Den Wolf behielt ich im Auge.
Roy fuhr los.
Das Vieh kam ebenfalls auf die Beine und rannte neben uns her. Keinen Moment seinen Abstand verringernd oder vergrößernd. Ein zweifelhafter Weggefährte. Und verdammt viel schneller als ein normaler Wolf sein sollte. Ich konnte zwar nicht über Roys Schulter lugen, doch ich bezweifelte, dass er langsamer fuhr als achtzig.
Wir kamen zügig voran. Zumindest die zehn Kilometer bis zur nächsten Stadt. Die – theoretisch – vorhandene Straße führte um diese herum. Der Radweg leider nicht. Zu allem Übel sah die vor uns liegende Stadt kein bisschen besser aus als unsere. Oder wenigstens das, was wir von hier aus sahen. Der Himmel war dunkel von Asche und Rauch. Diverse Metallteile, die möglicherweise zu Helikoptern gehörten, lagen überall verstreut. Ausgebrannte, teilweise noch brennende Autowracks taten das Übrige, um das makabre Szenario zu vervollständigen. Roy hielt an. Der Wolf neben uns ebenfalls. Immer noch blieb er auf Abstand. Ich traute diesem Frieden ganz und gar nicht.
Was wollte das Vieh?
Schauen, ob wir in müdem Zustand besser schmeckten?
„Halt dich gut fest.“ Eine zweite Warnung bekam ich nicht. Roy fuhr los. Runter vom Radweg und über das größtenteils unversehrte Feld, dessen Boden glücklicherweise knochenhart war. Es glich trotzdem einem Hindernislauf. Die harten Erdbrocken erschwerten die Strecke. Himmel, Arsch und Zwirn! Mein Hinterteil und mein Motorrad waren für sowas ungeeignet. Eigentlich. Roy jedoch handhabte das schwere Gefährt beinah mühelos. Er nahm seine Beine zu Hilfe; hielt uns damit im Gleichgewicht. Hier erlebte ich einen Crossfahrer in Aktion.
Voll der Wahnsinn!
Anfangs ängstlich, sorgte das Adrenalin bald dafür, dass ich die waghalsige Fahrt lachend genoss. Sollte Roy mich doch für verrückt halten. Trotzdem klammerte ich mich fast schmerzhaft an ihm fest. Mich wunderte, dass er noch nicht ächzte. Waren seine Rippen noch heil? Andererseits – Roy war ziemlich gut gebaut. Muskulös. Nicht so sehr wie mein Paps, aber ausreichend. Genau richtig für Frauen mit schwacher Libido – zu denen ich nicht zählte.
Aus den Augenwinkeln bemerkte ich den Wolf. Er hielt immer noch mit uns mit. Später, sagte ich mir, können wir uns Sorgen machen. Erstmal mussten wir ein Stück vorankommen. Solange uns keine Barrieren im Weg lagen oder unüberwindbare Löcher aufhielten – oder das Feld plötzlich verschwand – klappte das ganz gut.
Roy stoppte. Stirnrunzelnd sah ich an ihm vorbei. Und fluchte. Schöne Scheiße. An die Wesen, die sonst nur in Alpträumen existierten, seit ein paar Stunden jedoch zur Realität gehörten, hatte ich natürlich nicht gedacht. „Die sind nicht ganz so schnell wie die Schönen. Trotzdem werden sie in fünf Minuten hier sein. Was nun?“ Eine hervorragende Frage.
Ehrlich!
Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich sie sogar beantworten. Unter Druck schaltete mein Hirn jedoch auf Durchzug. „Na dann, festhalten.“ Roy änderte die Richtung und gab Gas. Unnötig zu sagen, dass wir beide hofften diese schauderhaften Wesen abzuhängen. Der riesige Wolf lief nun dichter bei uns. Allerdings – auffällig genug – zwischen uns und den Monstern.
Ich war mir unsicher, ob ich das als gutes Zeichen werten sollte. Im Moment war ich jedoch viel zu sehr damit beschäftigt den kürzer werden Abstand zwischen den Wesen und uns nicht zu beachten. Mich fester an Roy zu klammern. Mich so leicht wie möglich zu machen, damit er besser manövrieren konnte. Fakt war, die Viecher holten auf. Anfangs waren wir vor ihnen gefahren. Inzwischen fuhren wir quer zu ihnen.
Zumindest noch.
Eine Katastrophe wäre es, wenn es denen gelang uns einzukesseln. Allein daran zu denken kostete mich Jahre meines Lebens. Zu allem Übel wurde Roy nun wieder langsamer. Waren da noch mehr von den Viechern? „Fahr!“, wies ich ihn an. Roy stoppte, als der Motor zeitglich ein letztes Husten von sich gab. „Ich sag es nur ungern, Süße… aber wann hast du zuletzt getankt?“ So eine gequirlte Scheiße aber auch!
Jegliche Farbe lief mir aus dem Gesicht. Vielleicht war sie auch vorher schon verschwunden. Jetzt jedoch fühlte ich es. Noch immer waren uns die Monster auf den Fersen.
Wir stiegen hastig vom Motorrad. Roy packte mein Handgelenk. Zusammen rannten wir los.
Hah!
Als ob wir auf die Art eine Chance hatten.
Schon nach wenigen Metern keuchte ich. Das unebene Feld war nicht geeignet zum Wegrennen. Nur blieb uns kaum eine andere Wahl… es sei denn, wir wollten zerrissen, gefressen oder einfach überrannt werden.
Wir könnten uns eingraben…
Der Wolf war neben uns, knurrte in unsere Richtung. Dann fiel er langsam zurück. Mich umzudrehen kam nicht in Frage. Ich würde stolpern.
Als nächstes wäre ich tot.
Sowas passierte immer in Horrorfilmen. Ich wusste, was hinter mir war. Und es reichte, dass ich das Knurren hörte.
„Schneller!“, drängte Roy. Versuchte ich doch! Ich war kein Läufer. Besonders nicht auf diesen Dreckklumpen, die genau so hart waren wie Steine. Nur nicht so schön angeordnet. Im Laufen riss ich mir den Helm vom Kopf. Warf ihn beiseite. Er könnte mir von Diensten sein… scheiß drauf. Ich wusste, dass die Dinger sich nicht auf meinen Kopf stürzen würden. Ah… aber ich hätte sie damit schlagen können. Vielleicht. Verdammt!
Nur Roys beharrlichem Ziehen verdankte ich es, dass ich trotz meines Stolperns auf den Beinen blieb. Meine Lunge rasselte vor Anstrengung. Dabei war ich seit zwei Jahren Nichtraucher. Meine Seiten stachen. Meine Beine fühlten sich an wie Blei. Mit jedem Schritt wurden sie schwerer. Ein deutliches Zeichen meiner fehlenden Kondition. Schließlich bemerkte ich, dass das Knurren ein ganzes Stück hinter uns zurück geblieben war. Der Drang mich umzudrehen war überwältigend. Ich ignorierte ihn.
Mit Mühe.
Roy schlug einen Haken, raste mit mir direkt in das kleine, neben uns aufgetauchte Wäldchen. Ob uns das wirklich Schutz bot oder den Dingern hinter uns mehr nützte, blieb abzuwarten. Ich erwartete, dass Roy nun langsamer werden würde.
Irrtum.
Der Waldweg war zwar ausgetreten, aber um Meilen besser als das Feld. Roy legte an Tempo zu. Woher ich die Kraft nahm mitzuhalten? Vielleicht weil ich überleben wollte. Möglicherweise bekamen meine Turnschuhe auch Flügelchen und trugen mich ohne mein Zutun. An meinem Geburtstag den Löffel abzugeben kam nämlich überhaupt nicht Frage.
Roy blieb plötzlich so abrupt stehen und schleuderte mich hinter sich, dass ich gegen seinen Rücken krachte. Mein Kiefer pochte. Ebenso meine Nase. Ich verzog das Gesicht. Fühlte, ob alles heil war.
Anscheinend.
Roy