Der Ruf aus Kanada. Rudolf Obrea
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reellen, wenn auch etwas vorgeschobenen Begründung zufrieden. „Ich bringe euch schnell nach Hause zu meiner Frau und muss anschließend zurück in die Firma. Heute Abend erwarte ich dafür eure spannenden Geschichten aus der großen Welt.“
Während sie in sein Auto stiegen, fügte er noch hinzu: „Ich wähle einen kleinen Umweg und fahre am Seeufer entlang, damit ihr euch orientieren könnt und später vom Wasser aus an der weithin sichtbaren Schlossfassade erkennt, wo ihr am Abend eure Ausflüge beenden müsst.“ Das auf einer Anhöhe rechts von ihnen gelegene ehemalige Sommerschloss der dänischen Könige bot baulich nichts besonderes, eignete sich aber, wie Michael richtig erwähnt hatte, mit seiner langgezogenen, zum See ausgerichteten Seitenfront ausgezeichnet als Kennzeichen der Stadt. Auf einer bewaldeten Anhöhe der Straße nach Ascheberg bogen sie rechts in einen Seitenweg und kamen zum Haus ihres Gastgebers.
Angela, die ihre Ankunft gesehen hatte, kam ihnen entgegen. Im Gegensatz zu asketisch wirkenden Gestalt ihres Mannes war sie klein und untersetzt, glich dieses aber durch ihren temperamentvoll wirkenden Ausdruck ihres runden Gesichtes aus. Zur Begrüßung umarmte sie Sven und ließ dadurch sofort erkennen, dass er und seine Begleiterin willkommene Gäste waren. Zufrieden fuhr Michael wieder weg und überließ seiner Frau die Betreuung der Besucher. „Kommt mit mir zur Werkstatt, damit ich euch den Gästebereich zeige und Gelegenheit zum Auspacken und Erfrischen gebe.“ Mit dieser Bemerkung ging sie voran zu einem Nebengebäude, bei dem eine Seitentreppe zur Mansarde führte, die zu einer kleinen Gästewohnung ausgebaut war. Sie blieb unten stehen und sagte: „Wenn ihr mich sucht, klopft an das Werkstattfenster.“
Sie stiegen die etwas wackelige, enge Holztreppe hoch. Sven öffnete die Tür zu einem kleinen Vorplatz, erkannte im Hintergrund ein geräumiges, mit modernen Möbeln ausgestattetes Wohn-Schlafzimmer und ließ Sabine den Vortritt für die erste Besichtigung. Sie rief: „Komm rein! Das musst du auch sehen. Ein ideales Domizil für uns.“ Er folgte ihr und konnte ihr nur zustimmen. „Hast du bei deinem letzten Besuch auch schon hier gewohnt?“ „Nein, ich wohnte in einem kleinen Nebenzimmer bei ihnen im Haus. Der Vater von Michael nutzte dieses Gebäude für seine Schlosserei.“ Demnach bist du schon länger nicht mehr hier gewesen.“ „Stimmt, gab er zu, dafür gefällt mir diese neue Behausung um so besser.“ Nachdem sie ihr Gepäck abgelegt hatten, gingen sie zum Fenster und sahen direkt unterhalb von ihnen auf die Wasserfläche eines Sees, von dessen Ufer aus sich das Grundstück an einem Abhang hinaufzog. Stolz erklärte Sven: „ Dieser Blick auf den „Kleinen Plöner See“ mit seinen vielen versteckten Buchten und der dahinter sich ausbreitenden, bewaldeten Hügellandschaft fasziniert mich immer wieder und ist die Überraschung, die ich dir bieten wollte.“ Sie sah ihn bewundernd an, gab ihm einen ihrer kurzen, aufmunternden Küsse und sagte: „Deine Überraschungen gefallen mir. Ich wünsche mir noch mehr davon!“ Unwillkürlich erinnerte er sich an die fast gleichen Bilder in der Nähe seines Arbeitsplatzes in Kanada, die vielleicht in Zukunft eine dieser Überraschungen werden könnten, momentan aber besser noch als Wunschtraum aufge-hoben blieben.
Ähnlich einem Hotelzimmer fanden sie vom Flur ausgehend ein Duschbad, konnten sich dort erfrischen und klopften anschließend, für neue Erkundungen gerüstet, an Angelas Werkstattfenster. Sie erschien in einem weißen Arbeitsmantel gehüllt und genoss sichtlich das Staunen ihrer Gäste beim Anblick ihrer Töpferei. „Kommt herein! Nachdem die Männer, mit Verachtung im Blick für diese alte Bude, ausgezogen waren, eroberte ich mir hier mein eigenes Reich, um mich ungestört mit meinem eigenen Hobby zu beschäftigen.“ Neugierig und zugleich etwas neidisch fragte Sabine: „Wie hast du deinen Mann überredet?“ „Er kannte meine Vorliebe für die Töpferei. Ich appellierte einfach an seine männliche Logik, mir das nutzlose Gebäude zu überlassen, ihm die Neugestaltung zu ersparen und gleichzeitig meine Eigeninitiative zu beweisen.“ Sabine verbarg das Eingeständnis ihrer eigenen Versäumnisse, nämlich ihre lediglich von der Stellung ihres Mannes abhängige, passive Rolle während ihres Partylebens in Teheran, und interessierte sich für weitere Einzelheiten des offensichtlichen Erfolges dieser Frau.
Sven erkannte, dass er bei der Unterhaltung der beiden nicht unbedingt erwünscht war, und fragte Angela: „Kannst du mir Michaels Fahrrad leihen? Ich möchte zum Strand fahren und uns für morgen ein geeignetes Boot mieten.“ Ihre knappe Antwort lautete: „Das Fahrrad steht oben unabgeschlossen im Geräteschuppen neben dem Haus. Hier auf dem Land leben nur ehrliche Leute.“ Er verstand den kleinen Seitenhieb, bedankte sich aber trotzdem und verschwand, bevor sie ihn zu zweit weiter in die Zange nehmen konnten. Nach einer gemütlichen Fahrt durch die Altstadt von Plön kam er zur Uferpromenade, die in einem leicht geschwungenen Bogen das nördliche Ende des Großen Plöner Sees markiert. Er erinnerte sich an seine Bootstour mit Michael und erkannte die rechts in den See hinein ragende Prinzeninsel, deren Windschatten ihnen die Rückkehr zum Hafen erschwert hatte. Die Bootsvermietung, die ihm sein Freund empfohlen hatte, entdeckte er links vor ihm zwischen den Masten der dort vor Anker liegenden Boote. Er begrüßte den Besitzer, der sich als Erich Lüders vorstellte, und durfte sich mit Bezug auf Michaels Empfehlung ein für zwei Personen geeignetes, offenes, aber trotzdem zahmes Kielboot aussuchen. Sie vereinbarten, sich am anderen Morgen wieder zu treffen, damit Sven und Sabine, gutes Wetter vorausgesetzt, zu ihren Erkundungsfahrten starten konnten. Auf der Rückfahrt beglückwünschte sich der Urlauber zu seinem bisherigen, ungetrübten Erfolg und trat als Zeichen seiner guten Laune kräftig in die Pedalen.
Angela erklärte in der Zwischenzeit ihrer Besucherin enthusiastisch ihre Tätigkeit und zeigte ihr die verschiedenen, von ihr produzierten Vasen und Krüge. Sabine bezeugte durch wiederholtes Fragen ihr ungeteiltes Interesse und erreichte damit, dass beide im vertrauten Gespräch zueinander fanden. In ihrer Plauderei vertieft, ließen sie sich deshalb auch kaum stören, als Sven durch das Klopfen am Fenster seine Rückkehr anzeigte. Er deutete dieses als gutes Zeichen der Akzeptanz seiner Freundin und beschloss die beiden nicht zu stören, sondern mit einem Spaziergang Erich von der Arbeit abzuholen. Alle trafen sich anschließend im Haus der Gastgeber wieder und verbrachten, durch einen süffigen Rotwein unterstützt, mit ihren Erzählungen und den dazugehörigen Reaktionen einen kurzweiligen Abend.
Als sie sich schließlich auf ihre Gästemansarde zurückgezogen hatten, blieb Sabine in der Mitte ihres Zimmers stehen, betrachtete Sven staunend, gleichzeitig aber auch anerkennend wohlgefällig und sagte: „Du, deine Freunde und die Umgebung hier versetzen mich in eine Traumwelt, die ich mir zwar immer herbeisehnte, an deren wirkliche Existenz ich aber nicht mehr zu glauben wagte. Komm zu mir und lass dich umarmen!“ Sven, der die begehrenswerte Gestalt seiner Geliebten vor sich sah, ging rasch auf sie zu. Beide ließen sich nur noch von ihren Gefühlen leiten, mit denen sie sich innig umarmten, küssten und anschließend, von zärtlichen Liebkosungen begleitet, gegenseitig auszogen, um durch das Ineinander ihrer Körper ihre Vereinigung in völliger, ausschließlicher Hingabe zu genießen.
Das Liebespaar sah sich verwundert an, als am anderen Morgen die Sonne bereits eine Ecke ihres Zimmers hell ausleuchtete und Sven sich verschwommen daran erinnerte, wo er sich befand und daß im Hafen von Plön ein Segelboot nach seiner aktiven Betätigung verlangte. Sabine hob ihren Kopf, beugte sich über ihn und holte ihn mit einem sanften Kuss auf die Nasenspitze in die Gegenwart zurück. Dazu grinste sie und sagte: „Der schlafende Vulkan scheint noch aktiv zu sein. Ich traue ihm einen neuen Ausbruch zu und bringe mich erst einmal in Sicherheit.“ Daraufhin stand sie auf und beflügelte Svens Tatendrang endgültig, indem sie sich nackt und unbeschwert durch das Zimmer bewegte und im Duschbad verschwand. Angela wartete mit einem reichhaltigen Frühstück auf ihre Gäste, ließ sich von deren guter Laune anstecken und zeigte ihre Verbundenheit, indem sie die beiden mit ihrem Auto zur Bootsvermietung fuhr. Dort trafen sie Sven Lüders, der an diesem Morgen wenig zu tun hatte und gemütlich seine Pfeife rauchend