Auf zum Nullarbor. Hermine Stampa-Rabe
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Mir geht die morgige Strecke von 125 km nicht aus dem Kopf. Die schaffe ich bei dieser Gebirgslage nicht. Da muss etwas passieren. Ein Bus fährt an mir vorüber in die Stadt. Ob mich einer bis Mortlake mitnimmt?
Nach einer weiteren Zeit des Radelns ins Stadtzentrum finde ich linkerhand ein Hinweisschild zur Tourist-Information. Dem folge ich und trete dort ein. Vier nette Damen bemühen sich per Computer, Telefon und Informationsmappe darum, mir zu helfen, wie ich die Strecke bis Mortlake menschlich zurücklegen kann. Sie rufen bei der Busgesellschaft an. Dort wird das Mitnehmen eines unverpackten Fahrrades abgelehnt. Daraufhin mache ich mich schiebenderweise mit meinem Rad zum ca. 200 m entfernten Busdepot auf und frage am Schalter, ob mich am nächsten Tag ein Bus bis Mortlake mitnimmt. Aber das geht nicht. Diese Busse besitzen keinen Frachtraum unter den Sitzen. Außerdem ist das Mitnehmen eines Push-Bikes gesetzlich verboten. Ich solle wieder zurück zur Information gehen und nachsehen lassen, ob es nicht doch einen kleinen Caravan-Park unterwegs gibt.
Ich betrete wieder die Information. Die netten Damen stürzen alle gleich fragenden Blickes auf mich ein. Sie informieren sich im Internet über Skipton, ob es dort eine Bleibe gibt. Gibt es, aber entschieden zu teuer. Da kommen sie auf die Blitzidee, dass ich ja ein kleines Zelt besitze, das dort auf dem Rasen neben dem Golf-Platz aufgestellt werden darf. Eine famose Idee! Das werde ich morgen machen. Auf diese Weise ist die lange Strecke bis Mortlake in zwei menschlich fahrbare Etappen geschnitten.
Nun brauche ich hier in Ballarat eine günstige Bleibe. Im Western Hotel kann ich am Günstigsten wohnen. Die eine Dame meldet mich dort an und zeichnet mir auf dem hiesigen Stadtplan die Route auf, die ich entlanggehen muss, um dort anzukommen.
Zum Radeln habe ich beim besten Willen keine Lust mehr. Nach einer Fahrradtour verlangt mein Körper immer nach Ruhe. So schiebe ich mein Rad in die richtige Richtung. Da sich die Querstraße immer noch nicht zeigt, spreche ich eine Frau an. Sie wohnt noch hinter dem Western Hotel und will mich dorthin bringen. Das tut sie auch, während sie mir erzählt, dass ihre Tochter das Weihnachtsfest und Silvester in Deutschland bei einer hier in Australien kennengelernten Deutschen ganz glücklich verbrachte. Deutschland ist sehr schön.
Im Western Hotel nimmt mich der junge Wirt ganz liebenswürdig in Empfang. Er schenkt mir eine CocaCola, die ich in einem Zug wie eine Ertrinkende austrinke. Danach zeigt er mir mein Doppelzimmer, das ich allein bewohnen darf und von hier oben, wie ich über den Hinterhof hinunter zu meinem dort abzuschließenden Fahrrad gelange, ohne durch den Gastraum meine vielen Packtaschen schleppen zu müssen.
Bald befindet sich alles hier oben und mein Rad abgeschlossen auf dem abschließbaren Hinterhof. Nun muss ich mich aber beeilen; denn ich bin mit Gudrun in Spanien per Skype um 17.00 Uhr für das nächste Video für facebook verabredet. Aber das schaffe ich nicht mehr. Mit einer halben Stunde Verspätung holen wir es nach. Das Video wird durch Gudruns Computer aufgenommen. Sie wird es dann morgen ins facebook stellen.
Meine Emails beantwortet, meinen Kurzbericht und mein Tagebuch nun auch geschrieben, kann ich mich duschen und ins weiche, breite Bett legen. Da ich morgen nur 52 km zu fahren habe - wer weiss, wie bergig diese Strecke ist - brauche ich nicht schon um 6.00 Uhr zu starten. Ich bin total kaputt!
05.02.2013: Ballarat – Warnambool: 21 km
Während ich splitterfasernackt im Waschraum vor den Duschen stehe, geht plötzlich die Tür auf und ein tätowierter, mitteljunger Mann möchte herein.
„Huch!“, sage ich, „uno momento. Sie können gleich hereinkommen.“
Die Tür geht zu. Ich schlüpfe ganz flott in meinen Pyjama und lasse den Mann eintreten.
„Sorry“, meint er ganz verschämt.
„Ach, das ist schon ganz okay so“, erwidere ich.
Kurz darauf ist er wieder verschwunden und ich bald danach auch, um mich anzuziehen. Dabei fällt mir meine gestern getragene Fahrradgarderobe in die Hände. Nun weiß ich auch, weshalb ich gestern so fror. Meine wärmere Fahrradhose und die wärmeren Fahrradshorts sind noch schweißnass. Darum muss ich heute die ganz dünne lange Fahrradhose samt der ganz dünnen kleinen Fahrradunterhose tragen.
Bald trage ich meine Taschen nach draußen in den Hof zu meinem dort abgeschlossenen Fahrrad. Es sind nur 12°C. Aber die stören mich heute nicht, vielleicht nur an den Händen aufgrund meiner dünnen Sommerhandschuhe.
Um 6.15 Uhr rolle ich vom Hof und auf die mir von meinem Wirt aufgemalte Straße, die mich zum Glenelg-Highway bringt, auf dem ich heute nach Skipton radle, um dort die Nacht wild zeltend in deren Park zu verbringen. Es ist diesig und kühl. Zu dieser Zeit fahren nur ganz wenige Autos auf der Straße entlang.
Es dauert eine ganze Zeit, bis ich auf diesen Highway stoße. Dann geht es gen Westen. Hier rollen schon allerhand Trucks und Road Trains entlang. Aber für mich steht ein Seitenstreifen mit einer sehr glatten Oberfläche zur Verfügung. Es rollt sich gut. Die Autos fahren noch alle mit Licht. Ist es nun neblig oder diesig? Ich weiss es nicht. Meine Hände frieren. Zum Glück besitze ich ja die neue rosa Jacke. Darin ist mir pudelwarm.
Als ich so dahinradle, hupt von hinten ein Truck. Huch, denke ich. Was will der denn? Ich radle doch artig auf dem Seitenstreifen. Aber der Truck hupt nicht nur dreimal, sondern fährt langsam neben mir her und rechts auf einen freien Platz. Heraus steigt der Truckerfahrer, der heute früh in den Waschraum kam, als ich dort gerade stand.
Er fragt mich lächelnd: „Darf ich dich bis nach Warnambool mitnehmen? Unser Wirt erzählte mir von dir und dass du auf dem Weg nach Warnambool bist.“
Ich bin glücklich und platt. Na, da sage ich natürlich nicht „nein“. Dieser Mann ist so stark, dass er mein bepacktes Rad - bis auf die Lenkertasche und die beiden kleinen Lowrider-Taschen, die ich vorher abnahm - hoch auf seinen Anhänger heben kann. Das hätte ich nie für möglich gehalten! Ich lobe ihn. Er lächelt. Dann hilft er mir mit meinen beiden kleinen Lowrider-Taschen und meiner Lenkertasche vorn auf den Beifahrersitz und fährt mit mir durch die frühen Morgenstunden. Bald hebt sich der Nebel. Die Sonne kommt durch. Das Gelände wird langsam flacher.
Wir beide unterhalten uns prima. Auf diese Weise lerne ich. wie es kommt, dass die australischen Bäume nach einem Waldbrand wieder wachsen. Hin und wieder stehen beidseitig verkohlte Eukalyptusbäume, die aber alle ein dichtes Blätterdach aufweisen. Ich frage ihn: „Wie kommt das? Wenn bei uns in Europa die Baumrinde verbrannt oder rundherum beschädigt ist, stirbt der Baum unweigerlich, weil zwischen der Rinde und dem Holz die Säfte von den Wurzeln bis in die Blattspitzen transportiert werden. Wenn dieser Weg unterbrochen wird, stirbt er.“
„Ja“, antwortet mein männlicher Engel. „Bei diesen Bäumen hier wird der Saft von den Wurzeln bis zu den Blattspitzen in der Mitte des Baumstammes befördert. Deshalb überleben sie die Hitze und das Feuer.“
Ich bin sprachlos. „Das habe ich noch nie gehört. Hier hat der liebe Gott eine ganz andere Sorte Bäume wachsen lassen.“
„Jason, bei Euch in Australien sind alle Preise so schrecklich hoch. Wie könnt ihr das eigentlich bezahlen? Oder seid ihr alle so reich?“
„Man sollte keine Urlaubsreisen oder Fahrradtouren unternehmen, immer zu Hause bleiben, sein Essen selbst kochen, möglichst einen eigenen Garten für Gemüse haben und wenn es geht, seine Garderobe selbst nähen und stricken.“
Das ist wie: Zurück in die Vergangenheit, Jason.“ - „Ja.“
Wir sehen vor uns kleine