Geh heraus, mein Volk!. Daniel Seidenberg
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Ur gilt als eine der ältesten Städte der Menschheit. Abgeleitet von ihrem Namen ist der Begriff ‹uralt›, denn Archäologen schätzen, dass ihre Anfänge etwa 6000 Jahre zurückreichen, bis zu den ersten menschlichen Zivilisationen schlechthin. Umfangreiche Ausgrabungen erlauben es heute, uns ein detailliertes Bild vom Leben in Ur machen zu können. Wie im grossen Vorbild Babel, wo Gott die Sprachen verwirrte, gab es auch in Ur einen Stufenturm aus gebrannten Ziegeln, eine sogenannte Zikkurat (Götterberg). Diese Kultstätte zu Ehren des Mondgottes Nanna (auch Sin genannt) hatte mit 62 auf 43 Metern Grundfläche und 25 Metern Höhe für damalige Verhältnisse beeindruckende Masse. Sie ist die am besten erhaltene Mesopotamiens und kann heute noch besichtigt werden. Die Frau des Mondgottes Nanna war die grosse Herrin Ningal, seine Kinder der Sonnengott Utu und die Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin Inanna, deren Zeichen der Morgen- und der Abendstern waren. Die Grösse der Tempelanlagen entsprach der Bedeutung, die diese Götter für die Einwohner von Ur hatten. Eine öffentlich zur Schau getragene Frömmigkeit gehörte zum guten Ton ihrer Bürger, die sich gerne als Menschen präsentierten, die ihren Göttern tief ergeben waren. Wie in dieser Zeit üblich, waren Religion, Politik und Wirtschaft hier ganz selbstverständlich vereinigt. Zur Zeit Avrams war die Stadt ein mächtiges Handelszentrum. Ihre strategische Lage am mächtigen Strom Euphrat – mit 2736 km Länge die grösste der beiden grossen Wasserstrassen Mesopotamiens – machte Ur zu einer bedeutenden Drehscheibe eines florierenden Handels mit Gütern aller Art, die aus fernen Ländern eingeführt oder nach diesen exportiert wurden. Die daraus geschöpften Gewinne und die Kontakte mit anderen Völkern ermöglichten der Metropole einen hohen Lebensstandard. Ein reichhaltiges und hochwertiges Warenangebot aus aller Herren Länder stand ihren Bewohnern jederzeit zur Verfügung, ihre Kultstätten garantierten den Beistand der Götter, lockten viele Besucher von weitherum an und boten alle Arten von Unterhaltung. Mit einem Wort: Ur, das war angesagtestes Citylife pur. Warum sollte jemand von hier wegziehen wollen?
Die Schrift berichtet uns nicht, warum Terach es tat, als er mit seiner Familie stromaufwärts Richtung Nordwesten nach Charan übersiedelte. Ob er etwa schon wusste, dass JAHWEH seinen Sohn ins Land K’naan führen wollte? Jedenfalls kam Avram so seinem Ziel schon ein grosses Stück näher. Von Ur bis nach Charan sind es etwa 800 Kilometer, eine beschwerliche, lange und wohl auch nicht ganz ungefährliche Reise. Von dort ins verheissene Land sind es dann immerhin noch einmal ca. 600 km. Als ihn JAHWEH nach dem Tode seines Vaters rief, hatte Avram bereits mehr als die Hälfte des Weges zurückgelegt. Der nächste Schritt dürfte ihm daher sicher einiges leichter gefallen sein, als wenn er direkt von Ur nach K’naan hätte aufbrechen müssen. Denn auch Avram war nur ein schwacher Mensch, und inzwischen immerhin schon 75 Jahre alt geworden. So liess ihn JAHWEH die erste Strecke in jungen Jahren unter der Führung seines Vaters Terach gehen. Unser himmlischer Vater hat auch uns schon auf so manchem Weg begleitet, dessen Sinn und Ziel wir nicht verstehen konnten. Erst wenn wir unsere Berufung erkennen und wahrnehmen, erschliesst sich uns mancher grösserer Zusammenhang, und wir begreifen, dass uns vieles im Verborgenen auf unsere Aufgabe vorbereitet hat.
Und JAHWEH sprach zu Avram: Geh aus von deinem Land und von deiner Verwandtschaft und von deines Vaters Haus in das Land, das ich dir zeigen will! So will ich dich zu einem grossen Volk machen und dich segnen und dir einen grossen Namen machen, und du sollst ein Segen sein. 1. Mosche 12:1-2
Der Name Charan bedeutet Reise oder Karawane. Dies weist darauf hin, dass diese Stadt nur eine Zwischenstation für Avram war und wie Ur als Knotenpunkt an einem wichtigen Handelsweg lag. Charan liegt im Südosten der heutigen Türkei, nahe der syrischen Grenze. Der Umzug dorthin dürfte für Avram bereits ein ziemlicher sozialer Abstieg gewesen sein, denn mit dem reichen und prächtigen Ur liess sich die staubige Karawanenstadt sicher nicht vergleichen. Nun sollte er selbst diesen Ort noch verlassen, um ans Ende der Welt zu ziehen, in eine unbekannte Gegend, in der halbwilde Stämme ein primitives Leben führten. Er, dessen Name Av-Ram ‹hoher Vater› bedeutete und der seine aussergewöhnlich schöne Frau nur Sarah, also Fürstin, nannte. Wir dürfen davon ausgehen, dass es über diesen Umzug einige Diskussionen gab im Hause Avram, über seine Nachteile, die Gefahren der Reise, was sie zurücklassen mussten und was sie dort erwarten würde. Von all dem aber lesen wir kein Wort in der Schrift, es schien der Aufzeichnung nicht wert zu sein. Was allein zählt ist, dass Avram gehorchte.
Durch Glauben gehorchte Avram, als er berufen wurde, nach einem Ort auszuziehen, den er zum Erbteil empfangen sollte; und er zog aus, ohne zu wissen, wohin er komme. Ebräer 11:8
Es ist wohl kein Zufall, dass gerade der Brief an die Ebräer auf Avrams Auszug Bezug nimmt. In K’naan wurde Avram erstmals ein Ebräer genannt (1.Mo.14:13). Diese Bezeichnung ist abgeleitet von dem Verb ‹abar› – hinübergehen, überschreiten. Denn Avraham war als einer bekannt, der von weither von jenseits des Euphrat herüber gekommen war. Er hatte den Dunstkreis Babylons verlassen, um in diese einfache Gegend zu ziehen. Auch in Ägyten wurden seine Nachkommen Ebräer genannt, lange bevor man sie Israeliten nannte. So sind auch die Kinder im Geiste Avrahams solche, die ihr Vaterhaus und ihr Land verlassen, um ihr Erbe anzutreten, und die nicht wissen, wohin ihre Reise führen wird, in ein Land, das sie nie zuvor gesehen haben. Denn auch sie ruft JAHWEH heute, Babel zu verlassen, den Ort an dem das Fundament der Rebellion gegen JAHWEH gelegt wurde.
Berufen, ein Segen zu sein
Als JAHWEH Avram berief, hat er nicht nur verheissen, ihn selber zu segnen und zu vermehren, sein Segen sollte so überfliessend werden, dass er alle Völker auf dieser Welt erreichen würde. Tatsächlich hat kein anderes Volk der Menschheit auch nur annähernd so viel Segen gebracht wie die Nachkommen Avrahams, Jizchaks und Jaakovs. Die Weisungen der Torah (5 Bücher Mose), welche JAHWEH Mosche auf dem Horeb gab, haben die Rechtsordnungen der freien Welt massgeblich geprägt, denn die Bibel ist das meistgelesene Buch der Welt. Auch der Humanismus hat seine Vorstellungen von Menschenwürde aus der Ethik der Bibel abgeleitet. Der Nobelpreis, die höchste von Menschen verliehene Ehrung, geht jeweils an solche, die Hervorragendes im Dienste der Menschheit geleistet haben. Mehr als ein Viertel dieser Preise gingen an Juden. Im Verhältnis zu ihrem geringen Anteil an der Weltbevölkerung (1:500) werden sie demnach über 125 mal häufiger ausgezeichnet als Angehörige anderer Völker. Denn unzählige jüdische Künstler und Wissenschaftler haben Bedeutendes geschaffen und bahnbrechende Fortschritte in Medizin und Technik erzielt. Und Jeschua, der Maschiach, welcher auch der heidnischen Welt JAHWEHS Heil gebracht hat, ist der König der Juden.
Ich will segnen, die dich segnen
Ich will segnen, die dich segnen, und verfluchen, die dir fluchen; und durch dich sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden! 1. Mosche 12:3
Im 15. Jahrhundert lebten viele Juden in Spanien, das in dieser Zeit zu einem mächtigen Land mit einer prächtigen Kultur aufstieg, das die Meere beherrschte. 1492 entdeckte Kolumbus Amerika und spanische Eroberer plünderten die immensen Goldschätze der Indio-Reiche. Spanien wurde sehr reich und schuf ein weltumspannendes Reich. Doch schon nach kurzer Zeit verlor es seinen Rang als Weltmacht an die Engländer und sank in die Bedeutungslosigkeit ab. Geschichtlich spielte es seither nur noch eine Nebenrolle und auch geistlich gab es in Spanien nie einen nennenswerten Aufbruch. Denn zur gleichen Zeit, als Kolumbus in See stach, erliess das katholische Herrscherpaar Isabella I. und Ferdinand II. das Alhambra-Edikt, das die Juden unter Todesdrohung vor die Wahl stellte, sich entweder taufen zu lassen oder Spanien innert drei Monaten zu verlassen. All ihren Besitz mussten sie zurücklassen.[5]
Die Auferstehung des Staates IsraEl in unserer Zeit wäre nicht denkbar ohne den grossen Beitrag von Christen, welche felsenfest an die uralten Prophezeiungen glaubten, allen voran die englischen Puritaner, welche sich auch aktiv dafür einsetzten, dass sie Wirklichkeit wurden.[6] In der dreihundertjährigen Zeitspanne des