100% Down Under. Wolf Stein

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100% Down Under - Wolf Stein

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auf eigene Faust erkunden, ohne nervende Touris.

      Die Dunkelheit setze äußerst früh ein, wie immer um diese Jahreszeit. Anne und ich brutzelten uns etwas auf dem Gemeinschaftsgrill des Zeltplatzes. Später wurde ein großes Lagerfeuer entfacht. Alle versammelten sich um das brennende Holz. Plötzlich tauchte der Eigenbrötler vom Fluss wieder auf. Wir kamen ins Gespräch. Der Mann stammte aus Auckland/Neuseeland. Er war vor fünfundzwanzig Jahren aus Deutschland dorthin gekommen und hieß, man glaubt es kaum, ebenfalls Matthias. Mit ihm konnte ich mich sehr gut über alle möglichen Themen unterhalten. Und so ronnen die Stunden dahin. Und die Flammen des Feuers erloschen. Und nach endlosen Geschichten und Diskussionen fielen wir müde vom vielen Reden in die Betten.

      Der nächste Tag brachte einen aufbrausenden Sturm, mit dem das Wetter nichts zu tun hatte. Aus unerklärlichen Gründen gab es zwischen Anne und mir immer wieder Zeiten, an denen wir uns gegenseitig mächtig auf die Nerven gingen. Dann redeten wir nicht viel miteinander und dachten beide vom jeweils anderen: »Wieso ist der beziehungsweise die denn so komisch drauf?«

      Sich aneinander zu gewöhnen, wenn man vierundzwanzig Stunden am Tag, sieben Tage die Woche miteinander verbringt, ist eben doch nicht ohne. Wie auch immer, die Stimmung war schon nicht die beste und ich wollte unbedingt eine ziemlich schwierige und lange Wanderung durch den Busch zu einem grandiosen Aussichtspunkt durchführen. Dieses Vorhaben stank Anne gewaltig. Zum einen schien es nicht ganz ungefährlich, zum anderen war das Wandern zwar des Müllers, nicht aber Annes Lust. Und dann gab es da ja noch die Urangst vor den Schlangen, diesen ekelhaften Geschöpfen, denen Frauen sowieso etwas skeptischer als Männer gegenüberstehen. Beste Voraussetzungen also für einen friedlichen Wandertag.

      Als Anne zur Vorbereitung auf die Strapazen ihre Spezialstrümpfe anzog, bemerkte ich durch einen kurzen Blick über ihre Schulter, dass sie den mit L, also LINKS, gekennzeichneten Strumpf über den rechten Fuß zog. Daraufhin erlaubte ich mir anzumerken:

      »Der ist doch aber für den linken Fuß!«

      Auweia, das hätte ich nicht sagen dürfen. Wenn Blicke töten könnten, hätte in diesem Moment mein letztes Stündchen geschlagen. Mit teufelsgleichem Gesicht drehte sie ihr feurig glühendes Haupt zu mir. Zähneknirschend öffnete sich ihr Mund und mit der Lautstärke eines Donnergrollens wehte die knurrige Antwort in meinen Gehörgang.

      »Ich weiiiiiiiiiiiiiißßßßßßßßßßßßßßßßß!!!!!!!!!!«

      Da war aber jemand ganz schön geladen.

      Nachdem ich Annes kleinen Wutanfall verdaut hatte und ihre Temperatur auf Normalpegel zurückgegangen war, zogen wir los in den Dschungel.

      Ich dachte die ganze Zeit: »Warum zieht sie sich die linke Socke über den rechten Fuß? Hm, typisch Frau!«

      Die Wanderung dauerte ewig. Ein schmaler, schlammiger und somit rutschiger Pfad führte uns durch dichtes Gestrüpp beständig bergauf. Anne sandte Stoßgebete gen Himmel: »Bitte keine Schlangen, bitte keine Schlangen!« Dies schien zu helfen, denn uns kroch nicht mal ein einsamer Regenwurm über den Weg.

      Nach langer, anstrengender Kletterei, kamen wir am `Gipfel´ an. Ein traumhafter Blick über den Regenwald bis hin zum Meer entschädigte für die Strapazen des Aufstiegs. Ab hier ging es entlang eines Felsenkammes nur noch für erfahrene Kletterer mit entsprechender Ausrüstung weiter. Uns genügte jedoch der erreichte Punkt, denn wir mussten den ganzen Weg auch wieder zurück. Die Tage waren noch sehr kurz. In der Dunkelheit hätten wir schlechte Chancen, zurück zu finden. Die Tatsache, mit Anne hier oben zu stehen, zeigte mir, dass sie kein Weichei war. Wenn es sein musste, konnte sie durchziehen. Da machte das bisschen Meckern dann auch nichts. Irgendeine zimperliche, zartbesaitete Zicke hätte diesen Aufstieg nie geschafft. Doch auf Anne war Verlass.

      Ein paar Stunden später - wieder auf Höhe des Meeresspiegels angekommen - pflückten wir uns die aufgehalsten Blutegel von den Beinen und sahen uns das Schild mit der Wegbeschreibung genauer an.

      Dort stand: Geben Sie unbedingt jemandem Bescheid, bevor Sie sich an diesen Track wagen! Nehmen Sie genügend Wasser mit! Starten Sie früh genug und planen Sie mindestens sieben Stunden für Hin- und Rückweg ein!

      Nun ja, zugegeben, die Sicherheitsbestimmungen hatten wir nicht ganz befolgt …

      Stolz und erschöpft fuhren wir in Richtung Nachtlager.

      Wenn wir am Cape Trib bei Ebbe am Strand entlang spazierten, waren jedes Mal aufs Neue riesige Flächen mit kleinen Sandkügelchen übersät. Diese bildeten einen regelrechten Teppich. Das sah nicht nur kurios aus, sondern fühlte sich ebenfalls sehr angenehm unter den Füßen an, wie eine sanfte Massage. Als Verursacher entlarvten sich unzählige kleine, blaue Krabben, die den Sand nach Nahrung durchsiebten und die Kugeln als Abfallprodukte hinterließen. Rannten wir hinter ihnen her, hielten die Tiere an und verbuddelten sich blitzschnell im nassen Boden. Das fanden wir sehr witzig.

      Die Wetterlage gestaltete sich mehrheitlich sonnig, aber ab und an gab es Tage, an denen wir deutlich zu spüren bekamen, dass die Regenzeit noch in den Nachwehen lag. Nach zirka einer Woche verließen wir deshalb den Strand. Vorher tauschten wir aber noch Adressen mit Rastamann Matthias aus.

      »Wenn ihr nach Auckland kommt, schaut einfach bei mir vorbei.«

      »Klar, machen wir. Bis dahin alles Gute. Halt die Ohren steif!«

      Unser Ford Falcon Stationwagon sprang ohne Probleme an. Mit ihm hatten wir einen guten Griff gemacht. Jetzt ging es auf den Inlandstraßen wieder Richtung Süden. Unser Ziel war das Atherton Tableland, eine Tafellandschaft, von deren Schönheit wir schon viel gehört hatten. Auf dem Weg dorthin machten wir an der Mossman-Schlucht halt und gaben uns im türkisgrünen Flussbecken des Mossman River einem ausgelassenen Badevergnügen hin.

      Der Tag neigte sich bald wieder seinem Ende entgegen. Verzweifelt auf der Suche nach einem Rastplatz für die Nacht, fuhren wir durch kurvige Straßen, nach links, nach rechts, hoch und runter. Als wir am Straßenrand eine geeignete Restarea fanden, war es schon sehr spät. Die meisten Rastplatzcamper schliefen bereits in ihren Bussen oder Zelten. Wir befanden uns kurz vor dem kleinen Kaff Mount Moloy. Nicht weit von uns entfernt flackerte ein Feuer. Drumherum saßen drei alte Männer, die fröhlich erzählten, sich etwas kochten und Büchsenbier tranken. Da wir Hunger hatten, ging ich rüber, um zu fragen, ob es in der Nähe einen Imbiss gäbe, der noch offen hat.

      Sie antworteten: »Ja, fünf Kilometer weiter gibt es eine Kneipe und einen kleinen Kiosk. Aber ob ihr da jetzt noch was bekommt? Setzt euch doch zu uns. Hier haste ein Bier.«

      Ich rief Anne, die gleich rüber kam. Einer der Männer hieß Bill Hunter. Er kam aus der Stadt Charters Towers. Bill hatte drei kleine Hundewelpen dabei. Diese waren so niedlich, dass wir sie am liebsten adoptiert hätten. Die beiden anderen Herren waren Brüder aus New South Wales. Sie beendeten gerade ihren mehrwöchigen Angelurlaub.

      Die Gastfreundschaft der Australier haute uns um. Man kam schnell ins Gespräch, verstand sich prächtig und hatte schon nach wenigen Minuten das Gefühl, dazu zu gehören. Nachdem Anne und ich jeder eine Büchse Bier intus hatten, entschieden wir uns, trotz aller Gemütlichkeit, doch noch die fünf Kilometer zu fahren, um uns etwas Größeres hinter die Kiemen zu hauen. Wir hielten vor der Kneipe. Im Inneren war es rappelvoll, aber etwas zu essen ... Fehlanzeige! Die Bedienung fragte uns, ob wir aus Deutschland kämen.

      »Ja, kommen wir. Sieht man das etwa?«

      »Ja, ich kann das sehen. Ich bin Roberta. Kommt mit nach draußen, unsere Küche hat zwar schon geschlossen, aber nebenan gibt es einen Kiosk. Vielleicht bekommt ihr da noch was.«

      Sie

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