100% Down Under. Wolf Stein
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Sie meinte nur: »Dann nenn dich hier lieber nur Wolf.«
Woody bedeutet umgangssprachlich nämlich so viel wie Latte oder Steifer. Näher muss ich darauf wohl nicht eingehen. Es leuchtete mir ein, dass es von jetzt an besser wäre, mich nur noch Wolf rufen zu lassen. Also Wulf, wie man es auf Englisch ausspricht.
Auf den wenigen Metern bis zum Kiosk kamen uns einige laut gestikulierende Alkoholopfer entgegen. Von einem in der Nähe ausgetragenen Kricketturnier wollten sie zum `Nachtanken´ in die Kneipe.
»So spät spielen die hier noch Kricket?« fragte ich. »Die sind doch alle verrückt. Und wen interessiert überhaupt Kricket?«
Freunde hätten wir uns mit dieser Einstellung bestimmt nicht gemacht, denn Kricket ist neben Rugby Volkssport Nummer 1 in Down Under.
Am Kiosk bekamen wir zum Glück noch zwei Sandwiches, die uns von einem sehr kuriosen Pärchen serviert wurden. Der Kioskinhaber hieß Rudi. Er stammte aus der Schweiz und seine Frau aus Mexiko. Beide hatten sich vor etlichen Jahren eine gemeinsame Existenz im Land der Kängurus aufgebaut. Neben dem Kiosk kümmerten sich die beiden um verletzte und verlassene Tierbabys, deren Mütter überfahren oder erschossen worden sind. Zur Demonstration holte er ein kleines Possum aus seinem Gehege. Es saß die ganze Zeit auf Rudis Kopf. Ich setzte mir das kleine Bündel auch kurz auf meinen Haarschopf, doch bei mir hatte es zu viel Angst. Also gab ich es gleich wieder an Rudi zurück.
Plötzlich lallte ein äußerst hässlicher und dummdreister Jemand von der Straße: »Die Viecher muss man alle abknallen!«
Auch er kam vom Kricketspiel. Manche Menschen können so unglaublich beknackt aussehen.
»Hau bloß ab, du Vollidiot!« rief Rudi wütend.
»Jetzt gibt’s ne Schlägerei«, dachten wir uns.
Doch nach einem harten Wortgefecht zog die `dumme Sau´, wie wir den torkelnden Volltrunkenen nannten, weiter in Richtung Kneipe. Rudi brachte das Possum zurück in seinen Bau. Dann ging der Abend erst richtig los. In seinem früheren Leben hatte Rudi seinen Lebensunterhalt als Hafenarbeiter in Hamburg verdient, deshalb kramte er nun all seine vergessen geglaubten Deutschkenntnisse hervor.
»Wenn ihr aus Deutschland kommt, kennt ihr doch bestimmt `Die Flippers´?«
Was sollte denn diese Frage? Wir befürchteten das Schlimmste. Und das trat auch ein. Rudi wühlte in seinem Tonträgerregal und präsentierte uns mit stolzer Brust ein paar alte Flippers-Kassetten.
»Neiiin, bloß nicht einlegen!« beteten wir in Gedanken.
Doch es war bereits zu spät. Die einprägsamen Melodien der Schlagerkapelle schallten durch die australische Nacht. Rudi sang die herzerweichenden Texte voller Inbrunst und schunkelte kräftig mit. Es dauerte nicht lange und seine mexikanische Frau stimmte mit ein. Womit hatten wir das nur verdient? Erst gegen 1 Uhr Nachts, nach einer musikalischen Höllenfahrt, entließen uns die beiden aus den Fängen der `Flippers´. Wir waren heilfroh, als wir endlich in unserem Zelt lagen.
Die Sonne stand strahlend am wolkenlosen Himmel. Wir erwachten. An unserem kleinen Klapptisch sitzend, genossen wir ein ausgiebiges Frühstück. Danach gingen wir erneut rüber zu Bill Hunter und den zwei anderen Reisenden. Bill gab uns einen roten Zettel mit seiner Adresse und erklärte mir genau, wo er wohnt und wie man dort hinkommt. Falls unsere Route an Charters Towers vorbeiführen sollte, müssten wir ihn unbedingt besuchen kommen, meinte er. Auf dem roten Stück Papier standen viele Straßen und Wege. Es war scheinbar nicht ganz einfach, Bills Behausung zu finden.
»Wenn ihr in Charters Towers ankommt, müsst ihr zuerst da lang, dann dort lang, dann rechts, dann links, dann dieser Straße bis zu einer Senke folgen und dann seht ihr die Bill Hunter Road. Ich habe nämlich meine eigene Straße.«
»So, so«, dachten wir, »klingt ja interessant, seine eigene Straße.«
Ich knickte den Zettel mit der Wegbeschreibung in der Mitte und legte ihn zu meinen Reiseunterlagen. Doch falten hätte ich ihn lieber nicht sollen, wie sich später noch herausstellte.
Nach einer großen Verabschiedungszeremonie von Bill, seinen Hunden, den drei Welpen und den zwei alten Brüdern, fuhren wir auf der Devil Creek Road, am Lake Mitchell vorbei in Richtung Mareeba. Erster Stopp an diesem Tag war das Mareeba Tropical Savana and Wetland Reserve, eine riesige Seen- und Sumpflandschaft, mit seltenen und weniger seltenen Arten von Wasservögeln und Amphibien. Diese konnte man aus gut getarnter Stellung in speziellen Ausguckhäuschen hervorragend beobachten. Es folgte die Besichtigung einer Kaffeefarm und einer Mangoplantage. Da keine reifen Mangos an den Bäumen hingen, verkosteten wir stattdessen den angebotenen Mangowein, den Anne und ich für sehr schmackhaft befanden. Jeder kaufte eine Flasche. Die tranken wir allerdings nicht selbst, sondern schickten sie später als Geschenke nach Hause, was unsere Familien sehr freute. Von der Mangofarm aus führte uns die Landkarte zur Granit-Schlucht. Das Besondere hieran bildeten sowohl die gigantischen grauen Felsbrocken, die von kleinen Bächen durchschnitten wurden, als auch die kleinen niedlichen Wallabys, die in großer Zahl hin und her hüpften. Hinter einem Felsen saß eine ganze Wallabyfamilie genau in einer Reihe hintereinander - Vater, Mutter und das aus dem Beutel herauslukende Wallabyjunge, - das perfekte Fotomotiv.
In den kommenden drei Tagen führte uns der Kompass wieder Richtung Cairns. Ich musste ja noch meinen internationalen Führerschein abholen. Wir brauchten sowieso neuen Proviant und - ganz wichtig - eine gute und helle Campinglampe, die man an die Autobatterie anschließen kann. Schnell hatten wir festgestellt, dass wir, sobald die Nacht einbrach, immer unter einem gewissen Leuchtmitteldefizit litten. Unsere Taschenlampen waren der totalen Dunkelheit nicht gewachsen.
Bevor wir jedoch erneut in Cairns aufschlugen, durchquerten wir das besagte Atherton Tableland. Ein Wasserfall reihte sich hier an den nächsten - die Emerald Lake Falls, die Davies Creek Falls, die Barren Falls und wie sie alle hießen. Die Landschaft des Tablelands empfanden Anne und ich als grandios.
In einem Ort, dessen Namen mir nicht mehr in den Sinn kommen will, besuchten wir einen kleinen Wildtierzoo. Krokodile, Burramundies, Wombats, Koalabären, Dingos, Kängurus, Schlangen ... alles konnte man hier bestaunen. Der Besuch gefiel mir trotzdem nicht. Ich war nicht nach Australien gekommen, um mir die hiesige Flora und Fauna in irgendwelchen Gehegen anzugucken.
Ich sagte zu Anne: »Das war der erste und letzte Zoo, den wir uns antun. Wir sollten lieber versuchen, so viele Tiere wie möglich in freier Wildbahn zu Gesicht zu bekommen. Und was wir nicht sehen, das sehen wir eben nicht.«
Es war früh am Morgen, als wir unser `geliebtes´ Cairns erreichten. Eine aufregende Zeit lag hinter uns mit vielen neuen Eindrücken. Wir setzten uns in ein Restaurant am Hafen und frühstückten. Danach ging es los: Einkaufen, Lampe suchen, Foto-CDs brennen, E-Mails schreiben, endlich den Führerschein entgegennehmen, zu Hause anrufen und, und, und. Die Erledigung all dieser Dinge nahm so viel Zeit in Anspruch, dass im nächstgefühlten Moment die Nacht hereinbrach. Darum beschlossen wir, diese im Ort zu verbringen. Wo? Das ist wohl nicht so schwer zu erraten! Doch bevor wir zum Caravan Park aufbrachen, besorgte Anne etwas Grillfleisch. Damit spazierten wir die `Strandpromenade´ entlang und schnappten uns einen der fest installierten Barbecuegrills.
»Das ist eine gute Idee«, dachten wir, »alle können hierher kommen und grillen, kostenlos. Nur das, was man drauflegen will, muss sich jeder selbst mitbringen.«
So waren wir umgeben von den verschiedensten Menschen. Familien, Freundeskreise, Einzelgänger und andere Backpacker verbrachten