100% Down Under. Wolf Stein

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100% Down Under - Wolf Stein

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wir nicht weit von uns ein auffälliges Feuerflackern. Schnell reinigten wir den Grill und liefen dem Flammenspektakel neugierig entgegen. Ein Spektakel war es wirklich. Auf dem kleinen Fleckchen Sand, das der `Strand´ von Cairns zu bieten hatte, wirbelte eine Gruppe von Männern und Frauen wie wild mit Feuerstöcken und Feuerbällen umher. Fire Twirling nennt sich diese Art der Feuerkunst. Alle bewegten sich rhythmisch zur Musik. Mit ihren brennenden Instrumenten erzeugten sie Kreise, Achten und die wildesten Formen und Figuren aus Feuer. Das entstehende Gesamtbild erntete verdient den jubelnden Applaus der umstehenden Zuschauer.

      Fire Twirling - das wollte ich auch können. Deshalb kaufte ich mir einen Firestick und nahm mir fest vor, auf der uns bevorstehenden Reise damit zu üben, zu üben und zu üben - so lange, bis keine Gefahr mehr bestünde, mir selbst die Haare vom Haupt zu brennen oder gar einen Buschbrand auszulösen.

      »Liebes Cairns, dich werden wir so schnell nicht wiedersehen«, lautete die einstimmige Meinung, mit der wir im Morgengrauen die Stadtgrenze überquerten. An Bananen- und Zuckerrohrplantagen vorbei, flog unser Falcon den Bruce Highway entlang. Eines mussten wir den Australiern lassen, sie hatten die beste Kampagne für Verkehrssicherheit, die Anne und ich bis dato gesehen hatten. Am Highwayrand standen viele Schilder, die darauf hinwiesen, dass man als Fahrer unbedingt genügend Pausen einlegen und nicht rasen solle. Müdigkeit ist bei langen Touren, wie jeder Autofahrer weiß, der größte Feind des Fahrzeugführers. Die Australier bewiesen hier einen köstlich schwarzen Humor. `Rest or r.i.p.´ - `Ruhe dich aus oder ruhe in Frieden´ und `High speed - low I.Q.´ - `Hohe Geschwindigkeit - niedriger I.Q.´ sind nur zwei Sprüche von vielen, die für mehr Sicherheit auf den Straßen warben. Wir fanden diese Wortspiele sehr lustig und feixten uns jedes Mal eins, wenn uns ein neuer Spruch vor die Augen kam.

      Weniger witzig sahen zu dieser Zeit Annes Füße aus. Am Cape Tribulation hatten wir Bekanntschaft mit sogenannten Sandfliegen gemacht - winzige Biester, so klein, dass man sie kaum sieht, dafür aber umso unangenehmer. Sandfliegen beißen nämlich, oder stechen, oder eine Mischung aus beidem, und das juckt dann unerträglich. Mich hatten sie zwar auch gebissen, doch meine Haut reagierte nicht so empfindlich wie Annes. Sie musste ständig kratzen, was ich versuchte, ihr auszureden.

      »Hör auf! Vom Kratzen wird es nur schlimmer!«

      Und das wurde es auch. Es bildeten sich große Blasen und entzündete Krater. Annes Füße sahen aus wie eine brodelnde Vulkanlandschaft.

      »Siehste, das haste davon!« meinte ich belehrend.

      Es dauerte lange, bis die aufgekratzten Bisswunden heilten.

      Wir folgten den Wegweisern nach Innisfail. Dort kamen wir jedoch vorerst nicht an, da Anne, die sich mehr und mehr zu einem professionellen Navigator entwickelte und ständig sämtliche Karten studierte, einen riesigen Feigenbaum, die sogenannte Cathedral Fig, als nächstes Reiseziel festgelegt hatte. Australien kann kaum mit für Europäer interessanten, geschichtsträchtigen Bauten aufwarten, umso mehr werden die hiesigen Naturwunder angepriesen. Ist ja auch logisch. Dazu gehört alles, was einmalig, unglaublich groß oder in irgendeiner Hinsicht anders ist. So auch die Cathedral Fig, ein Feigenbaum mächtig wie eine Kathedrale. Dagegen wirkt man als 1,83 Meter großer Mensch so winzig wie eine Ameise. Nicht schlecht für eine Schmarotzerpflanze, die ursprünglich als Samen, wahrscheinlich verpackt in einen kleinen Tropfen Vogelkot, im Wipfel des Baumwirtes landete, von dort aus ihre Wurzeln dem Boden entgegenwachsen ließ, langsam aber sicher den Stamm des Wirtes umschloss, und so nach und nach einen schleichenden aber effektiven Baummord vollbracht hat. Das Resultat war ein bizarr wirkender Koloss aus unzähligen Wurzelsträngen. Vom ursprünglichen Baum darunter war nichts mehr zu sehen. Um uns dieses Meisterwerk der Evolution ansehen zu können, mussten wir den Bruce Highway verlassen und auf den Gillies Highway wechseln, der uns weiter ins Landesinnere brachte. Noch blieben die Distanzen, die wir täglich zurücklegten, im überschaubaren Bereich. Hundert Kilometer erschienen viel. Doch unser Tacho sollte noch einiges vor sich haben. Das letzte Bild vom prächtigen Schmarotzerbaum wurde geknipst und wir gingen zurück zum Auto.

      »So Anne ... und wohin fahren wir jetzt?«

      Wir entschlossen uns, dem matschigen Weg zu folgen, der mit dem gut klingenden Ziel Lake Tinaroo gekennzeichnet war. Diese Route verlangte unserem Ford alles ab. Es war eine einerseits wunderschöne, andererseits extrem anstrengende Fahrt. Sie führte entlang sonnendurchfluteter Wälder. Die Strahlen durchstießen die Kronen der Bäume und zauberten ein Wechselspiel aus Licht und Schatten. Das Schlechte daran: Ich konnte die tiefen Schlaglöcher, die in ausreichender Zahl auf der Waldpiste verteilt waren, kaum erkennen. Eine wahre Schaukelpartie. Für einen kurzen Moment dachten wir daran, lieber umzukehren, doch die Neugier auf das Kommende trieb uns voran. Und plötzlich war es soweit. Eine majestätische Allee baute sich vor uns auf. An deren Ende erspähten wir das im Sonnenlicht funkelnde Wasser. Dort lag er, Lake Tinaroo, ein riesiger See mit nordisch anmutender Uferumrandung. Tatsächlich dachten wir, uns hier nicht in Australien, sondern eher in Kanada zu befinden. Nadelwälder und kleine Berge - ein unerwartetes Panorama. Durch Zufall landeten wir auf einem einsamen Uferarm, der sich einige Kilometer in den See schlängelte. Die vorhandenen Feuerstellen und das Plumpsklo waren eindeutige Zeichen, dass es sich hier um eine gute Stelle zum Zelten handeln musste. Bevor wir jedoch unser Lager aufschlugen, badeten wir. Das Wasser war angenehm kühl, die Sonne trocknete und wärmte die nasse Haut. Wir fühlten uns frei. Am späten Nachmittag hämmerten wir die ersten Heringe in den Boden. Neben uns hatte Margeret ihren Wohnwagen platziert. Sie campte schon mehrere Tage hier.

      Bei Anbruch der Nacht suchten Anne und ich eine versteckt gelegene Feuerstelle am Wasser auf und entzündeten unser erstes eigenes Lagerfeuer. Wir brieten Hühnchensticks und Bouletten, die wir in Cairns gekauft hatten. Dazu servierten wir Folienkartoffeln, die wir vorher in die Glut gelegt hatten. Einige kamen etwas schwarz aus dem Feuer, dennoch schmeckten sie bestens. Es war ruhig um uns herum, kein Mensch in der Nähe. Nur das Knistern des brennenden Holzes, das leise Plätschern kleiner, ans Ufer schlagener Wellen und der ein oder andere quakende Frosch waren zu hören. Romantik pur. Wir erzählten ewig, genossen die Stille und wussten beide, wie gut es uns ging.

      Als ich am nächsten Morgen ziemlich früh den Reißverschluss unseres Zeltes öffnete, glaubte ich zu träumen. Über dem See lag leichter Nebel, die Sonne war gerade dabei, hinter einem Berg hervorzubrechen und ihre ganze Kraft zu entfalten. Es herrschte ein angenehmes Zwielicht und Totenstille. Solche Momente kann man sich nicht kaufen, für kein Geld der Welt.

      Wir blieben drei Tage am Lake Tinaroo. Aktivitäten wie Schwimmen, Spazieren, Faulenzen und Sonnen standen auf dem Programm. Nur irgendwelche Typen, die hin und wieder mit ihren Motorbooten Wasserski fuhren, störten die Idylle.

      Margeret setzte sich zu uns ans abendliche Feuer. Sie erzählte uns, dass sie genau dies liebe - am gemütlichen Feuer im Freien sitzen und sich mit netten Leuten unterhalten. Margeret stammte aus Canberra, der Hauptstadt Australiens. Sie war Mutter von zwei erwachsenen Söhnen und allein unterwegs. Ihr Mann hatte drei Jahre zuvor den Kampf gegen den Krebs verloren. Seit diesem Schicksalsschlag genieße und schätze sie das Reisen umso mehr, sagte sie. Man wisse nie, wie lange man noch lebt. Sie beneidete uns. Wir würden genau das Richtige tun.

      »Man sollte die Welt entdecken, solange man jung und fidel ist.«

      Außerdem zeigte sie sich beeindruckt von unserem Englisch. Wir fanden unsere Sprachkenntnisse nicht besonders ausgereift, aber unser bis zu diesem Zeitpunkt schon verbessertes Schulenglisch reichte immerhin für halbwegs tiefgreifende Gespräche. Im Allgemeinen zeigten sich die meisten Ausis, die wir trafen, beeindruckt, dass wir so gut Englisch sprechen konnten. Oft, weil sie selbst keine Fremdsprache beherrschten.

      Natürlich tauschten wir auch mit Margeret unsere Adressen und Telefonnummern aus. Zum einen gaben wir immer unsere Heimatadressen, zum anderen auch unsere Postanschrift in Down Under mit auf den Weg. In Australien hatten Anne und ich eine Hauptadresse, den Travellers Contact Point in Sydney. Dort wurden

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