100% Down Under. Wolf Stein
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Wir brachen erneut auf und drehten eine letzte große Runde um den See bis hin zur Staumauer. Aha! Lake Tinaroo war also ein Stausee. Wenn der See künstlich angelegt wurde, entstammte der Nadelwald vermutlich auch menschlichen Ursprungs. Egal, uns gefiel es hier.
Wenig später luden wir in Atherton neue Lebensmittel ein und zogen weiter zu den Inner Hot Springs - natürlichen heißen Quellen. Hier befanden wir uns einige hundert Meter über dem Meeresspiegel, was bedeutete, dass es nachts saukalt werden konnte. Sechzehn Dollar kostete die Übernachtung im Camp und der damit verbundene Zutritt zu den heißen Quellen. Nachdem unser Zelt stand, probierten wir sie ohne Umschweife aus. Es gab verschiedene Hallenbäder und knietiefe Wasserlöcher im Freien. Die rochen etwas komisch. Ihre Temperaturen reichten von angenehm warm bis kochend heiß. Zunächst testeten wir die natürlichen Badewannen. Danach probierten wir die überdachten Pools aus. Der erste Eindruck war schon nicht schlecht.
Es wurde finstere und vor allem frostige Nacht. Wir lagen im schönen, warmen Wasser und betrachteten die Sterne, die hier unten viel größer und näher wirkten als zu Hause. Sternbilder, die wir nicht kannten, schienen zum Greifen nahe.
Am darauffolgenden Morgen war es im wahrsten Sinne des Wortes eisig. An der Außenwand des Zeltes hatte sich ein dünner Film aus gefrorenem Wasser abgesetzt. Und was tut man, wenn es draußen friert und die Wärme aus dem Inneren der Erde nur wenige Meter von einem entfernt ist? Richtig! Man verliert keine Zeit, schnappt sich ein Handtuch und flitzt halb nackt den heißen Quellen entgegen.
»Ahhhhh, ist das schöööön«, sagte Anne genussvoll.
Wir hüpften von einem Pool zum anderen. Während ich draußen blieb, entschied sich Anne plötzlich für ein heißes Becken im überdachten Bereich. Dort plapperte sie sich fest. Wie Frauen nun mal so sind. Sie können sich stundenlang über dieses und jenes unterhalten und merken dabei gar nicht, wie die Zeit vergeht.
Ich weiß nicht, wie lange sie in diesem heißen Wasser mit den anderen Damen tratschte. Es genügte ihrem Kreislauf jedoch, sich für eine Weile zu verabschieden. Als ich die Halle betrat, lag Anne da - Augen zu, auf einer Bank. Ich dachte, sie ruhe sich aus. Doch als sie wieder halbwegs alle Sinne zusammen hatte, erzählte sie mir, dass sie, dem heißen Becken entstiegen, sofort die berühmte schwarze Wand vor Augen hatte. Daraufhin hätte sie sich an eine Mauer gelehnt und sei wie ein nasser Sack zusammengesunken. Halb blind hätte sie den Weg auf die Liegebank gefunden, auf der sie sich jetzt auskurierte.
»Dass du es auch immer übertreiben musst«, meinte ich nur.
Passend zu diesem Vorfall notierte Anne im Reisekalender kurz und treffend: Samstag, 19. Juni - Inner Hot Springs - heißes Bad - abgeklappt!
Auch die heißen Quellen ließen wir hinter uns. Auf dem Weg zurück zur Küste wurde die Wasserfalltour durch diverse Nationalparks, die oft schon den Namen der schönsten in ihnen beheimateten Kaskade trugen, fortgesetzt. Zu beschreiben, wie die Wasserfälle und deren jeweilige Umgebung aussahen, würde den Rahmen sprengen, darum folgt nur eine kurze Aufzählung der besichtigten Naturwunder: Millstream Falls, Tully Falls, Pepina Falls, Souita Falls, Millaa Millaa Falls, Zilli Falls, Ellinja Falls, Mungalli Falls, Gregory Falls und die Josephine Falls. Wir entwickelten uns zu regelrechten Wasserfalljägern - von diversen Lookouts ganz zu schweigen. Nahe der Stadt Babinda stoppten wir an einem Ort namens The Boulders. Teufelsschluchten und Rockpools warteten hier als Hauptattraktionen auf uns. Die Gelegenheit, eine Runde zu schwimmen.
»Hui, also das nenne ich eiskaltes Wasser!« bibberte ich.
Messerstiche überall. Alle Körperteile, die anzeigen können, dass Wasser kalt ist, taten dies auch.
»Schnell wieder raus hier und lieber ein bisschen umherwandern!«
Je mehr Zeit verging, desto öfter häuften sich Begegnungen mit Leuten, die wir an anderen Plätzen schon einmal getroffen hatten. So auch hier. Auf dem kostenlosen The-Boulders-Campingplatz trafen wir Jean und Terry wieder, ein Ehepaar, das wir von irgendwoher kannten. Mit ihnen machten wir uns auf zum Bramston Beach, weil es sich dort laut Aussage von Terry gut leben ließe. Bramston Beach war letztendlich auch nur ein Stück durchschnittlicher Strand. Dreizehn Dollar kostete eine Nacht. Wir verbrachten die Zeit dort faul im Sand liegend. Eine Besonderheit gab es jedoch. Verstreut um unser Auto lagen runde grüne Früchte. Wir sammelten sie auf und untersuchten sie gründlich. Mit meinem Messer teilte ich eine Frucht in zwei saubere Hälften. Der saftig süße und gleichzeitig saure Inhalt schmeckte vorzüglich und stellte eine willkommene Erfrischung dar. Es handelte sich um wilde Passionsfrüchte. Ein köstlicher Fund. Wir sammelten alle auf und packten sie als Obstvorrat in den Ford.
Unser Aufenthalt am Bramston Beach dauerte nicht sehr lange. Wir wollten weiter. In Innisfail angekommen, tranken wir nur einen Kaffee. Hier war es langweilig. Es gab keinen Grund zu bleiben. Außerdem hörten wir bereits den Ruf der nächsten Wasserfälle, den Murray Falls. Dort machten wir Feuer, zelteten und reisten weiter zu den Wallamann Falls, den höchsten in Queensland. Auf unserem Zwei-Kilometer-Marsch zum Fuße der Fälle, trafen wir ein junges deutsches Pärchen aus Berlin. Die beiden wirkten etwas verzweifelt. Sie waren das beste Beispiel dafür, wie man ein Jahr in Australien nicht beginnen sollte. Beide lebten bereits ein halbes Jahr hier unten, hatten aber so gut wie nichts vom Land gesehen. Ihr bisheriger Aufenthalt bestand aus dem Kennenlernen des Arbeitsalltags auf diversen Plantagen. Sie hatten in Deutschland gerade das Abitur hinter sich gebracht, keine Ahnung, was Arbeit bedeutete und keine finanziellen Rückhalte, aber sie wollten gleich nach Australien. Hier lernten sie schnell, dass man komplett ohne Geld nicht auskommt und fingen an, auf Bananenplantagen zu arbeiten. Den dort verdienten Lohn verprassten sie allzu leichtsinnig in Hotels, Pubs und Discotheken. So mussten sie ständig schuften. Und nun, nach sechs Monaten Plantagenarbeit, hatten sie verständlicherweise die Schnauze voll. Sie wollten zurück nach Deutschland. Die beiden hätten etwas überlegter an die Sache herangehen sollen. Ihr Beispiel zeigt, dass man vorher gut darüber nachdenken sollte, ob, wann und warum man solch eine Reise machen will. Überhaupt stellten wir fest, dass viele junge Backpacker nur nach Australien kamen, um eine Party nach der anderen zu feiern. Allen voran die Engländer. Es soll ja jeder machen, wie er denkt, doch zum Saufen brauche ich nicht Tausende Kilometer zu fliegen.
Da es relativ spät war, als wir am Auto ankamen, entschieden wir uns, auf dem nächstgelegenen Campingplatz zu nächtigen. Das Berliner Pärchen folgte uns dorthin. Zu fortgeschrittener Stunde leistete uns eine junge Frau Gesellschaft - Alex aus Wien. Sie kannte sich mit Fire Twirling aus. Das kam mir sehr gelegen und ich fragte sie, ob sie mir ein paar Tricks zeigen könne. Bisher konnte ich mit meinem Feuerstock nämlich noch keine vorzeigbaren Erfolge feiern. Die Wienerin erklärte mir einige Grundtechniken, die mir weiterhalfen.
»Ach, so macht man das. Jetzt weiß ich endlich, wie man die Stange richtig dreht«, sagte ich zu ihr und Anne grinste.
Um Mitternacht fragte uns Alex: »Kommt ihr mit zum Fluss? Dort gibt es Platypus. Wenn wir Glück haben, sehen wir vielleicht eins.«
»Was gibt es da?« fragten wir, »Plattfuß?«
»Nein, Schnabeltiere, die sieht man, wenn überhaupt, nur selten.«
Da waren wir natürlich dabei. Wir schnappten unsere Taschenlampen und marschierten durch den Wald zum Fluss. Ein Camper warnte uns vor einem Monsterpython, der angeblich auf einem Baum lauerte. So stapften wir vorsichtig durch die Dunkelheit, immer auf der Hut vor der Würgeschlange. Doch es blieb ein Abenteuer ohne Lohn - keine Schnabeltiere in Sicht. Auch ein erneuter Gang am frühen Morgen brachte keinen Erfolg.
Die Suche nach den Schnabeltieren lag bereits einige Tage hinter uns, als wir in Townsville