Leiche an Bord. Ole R. Börgdahl

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Leiche an Bord - Ole R. Börgdahl Tillman-Halls-Reihe

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sie können sich wohl schon denken, wie es um den Fall steht, wobei Sie natürlich auch den Vorteil haben, dass ich Ihnen schon Einzelheiten über das Opfer genannt habe. Die Informationen gebe ich immer erst, wenn der Leichenfundort ausgiebig diskutiert wurde.«

      »Sie diskutieren in Ihren Kursen?«

      »Die Teilnehmer diskutieren, ich nicht«, antwortete Bruckner. »Das sind alles Polizisten, die ich da in meinen Kursen habe. Die nehmen den Fall sofort an. Das ist der große Vorteil. Einige ahnen dann schon, wie es zusammenpasst …«

      »Aber genau das sollte man nicht tun«, unterbrach ich Bruckner. »Nie die Objektivität verlieren, ansonsten übersieht man etwas. Es wird immer Fälle geben, die nicht aus dem Repertoire der Fälle stammen, die, wie soll ich es formulieren, üblich sind.«

      Bruckner nickte zustimmend. »Genau, und von den Fällen, an die man mit seiner hochgelobten Routine herangegangen ist, landen zehn Prozent als Cold Cases in den Kellern des Polizeipräsidiums.«

      »Und das hier war auch so ein Fall?« Ich nickte in Richtung der Fotos vor mir auf dem Tisch.

      Bruckner schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Nach zweiundsiebzig Stunden hatte man den mutmaßlichen Täter, nach einer Woche sein Geständnis.«

      »Und so etwas bringen Sie in Ihren Kursen?«, fragte ich skeptisch.

      »Ich sagte nicht, dass man den Täter eine Woche lang verhört hat. Das Verhör hat nur sechsundzwanzig Minuten gedauert, die Zeit, die die Profiler brauchten, um den Täter mit den Fakten zu konfrontieren.«

      »Und diese Fakten lassen Sie Ihre Kursteilnehmer erarbeiten?«

      »Ganz richtig. Ich werfe nur ein paar Informationen hinein und dann geht das Spiel los«, erklärte Bruckner weiter. »Ich habe es erst in der ganzen Gruppe probiert, dann habe ich Zweierteams gebildet, die hinterher vorgetragen haben. Das ist viel besser. Jede Gruppe kommt natürlich irgendwie zur Lösung. Ich achte dabei nur auf das Wie.«

      Ich nickte. »Lassen Sie es mich auch einmal probieren«, forderte ich Bruckner auf.

      »Das ist natürlich zu leicht für Sie.« Er lächelte. »Also, stellen Sie sich eine Liste vor, mit männlichen und weiblichen Bekannten und Freunden des Opfers. Wen verhören Sie zu erst?«

      »Ich verhöre nicht, ich befrage, und zwar die Frauen.«

      »Warum?«, fragte Bruckner, obwohl er meine Antwort schon kannte.

      »Weil der Täter auf der Liste fehlt und nur die weiblichen Bekannten des Opfers kennen den Beziehungstäter, der selten zu dem normalen Freundeskreis gehört.«

      »Warum muss es ein männlicher Täter sein?« Bruckner lächelte wieder.

      »Wenn nicht, wird aus der Befragung der Frauen schnell ein Verhör. Und wenn das auch nichts bringt, dann war es keine Beziehungstat. Dann würde ich mir die Spuren näher ansehen, Ihre Säcke da und vor allem was drin ist, wie die Leichenteile aussehen und das ganze Drumherum.«

      »Sie haben recht, die Säcke waren mit den Leichenteilen des Opfers gefüllt«, bestätigte Bruckner. »Der Gerichtsmediziner hatte nur ein Wort dafür: Panik.«

      »Dann war es eine Beziehungstat«, folgerte ich.

      »Nicht so schnell«, wollte mich Bruckner bremsen. »Wie begründen Sie das?«

      »Wenn ich keine Beziehung zum Opfer hätte, dann würde ich mich nicht so lange mit ihm beschäftigen, da reicht ein Gebüsch, ein Feldweg oder vielleicht ein Gewässer und das wäre schon zu viel.« Ich überlegte. »Alkohol?«

      »Die Obduktion hat zwar etwas gefunden, aber nicht viel.«

      »Dann war es viel«, sagte ich. »Was glauben Sie, wo das Blut bleibt, wenn der Metzger sich an dem Opfer zu schaffen macht.«

      »Stimmt!«, bestätigte Bruckner. »Das war auch die Einschätzung des Gerichtsmediziners.«

      »Das ist aber Fachwissen und hat nichts mit der Arbeit des Profilers zu tun.«

      »Darum verlässt sich ein guter Profiler auch auf die Hilfsdisziplinen, wenn er nicht gerade wie Sie schon alles gesehen hat.«

      Ich überlegte noch einmal und gab dann die Analyse preis, die Bruckner von mir erwartete. »Sie wurde erdrosselt, so mordet meistens der Laie. Erschlagen schließe ich aus, weil dann bei der Tat schon das Blut spritzt und den Täter veranlasst zu flüchten und die Leiche liegen zu lassen.«

      Bruckner nickte. »Erdrosselt, richtig.«

      Ich fuhr mit meiner Analyse fort. »Opfer und Täter wurden in einer Kneipe gesehen, oder auf einer Feier. Es gab Zeugen, die gar nicht wussten, dass sie Zeugen waren.«

      »Es waren sogar mehrere Kneipenbesuche, über die Opfer und Täter in Beziehung standen. Im Freundeskreis gab es nur eine Person, die es wusste. Und Sie haben recht, es war eine Frau und Sie hätten sie bei Ihrer Befragung tatsächlich auf der Liste gehabt.«

      »Jetzt wird es mir zu langweilig«, sagte ich und verzog das Gesicht. »Und das finden Ihre Leute spannend?«

      »Darum geht es nicht, es geht um den Weg. Der Weg ist wie immer das Ziel.« Bruckner suchte erneut in seiner roten Mappe und zog einen weiteren Fall hervor. »Das hier ist vielleicht besser.«

      Er schob mir zwei Fotos über den Tisch, die ich einige Sekunden betrachtete. »Hier an der Klippe hat ein Kampf stattgefunden«, analysierte ich. »Zwei Personen.« Ich sah mir das zweite Foto an. »Und der hier hat den Kürzeren gezogen. Ist das unterhalb der Klippe?«

      Bruckner nickte, hielt sich aber zurück, erwiderte weiter nichts.

      »Ist das aus einem schlechten Film?«, fragte ich.

      »Wieso?«

      »Komm wir gehen an den Rand der Klippe und hauen uns, wenn einer runterfällt, hat der andere gewonnen.« Ich nahm mir noch einmal das Foto mit der Leiche. »Wenn ich der Mörder gewesen wäre, hätte ich ihm die Schuhe ausgezogen und behalten. Dann hätte ich nämlich zwei identische Paare.« Ich deutete auf das andere Foto und dort auf die Schuhabdrücke im dunklen Sand direkt an der Klippenkante. »Größe achtundvierzig, schätze ich. Die bekommt man nicht so leicht. Ich hätte es mir mit dem zweiten Paar Schuhe wirklich überlegt.«

      Bruckner atmete tief aus. »Das ging aber schnell, zu schnell für meinen Kurs. Sie sind ja eine Spaßbremse.«

      »Moment, ich bin noch nicht fertig.« Ich hatte wieder das Foto von der Leiche in die Hand genommen. »Sind das Messerwunden?«

      »Ah, Sie sind sich nicht mehr sicher«, wollte Bruckner schon jubeln.

      »Ich bin mir absolut sicher«, erwiderte ich. »Die Klippe war hoch, die Messerwunden nicht tödlich. Es hätte gereicht, wenn er gesprungen wäre. Er wollte noch jemanden mit hineinreißen, stimmt’s?«

      »Das ist jetzt aber geraten«, sagte Bruckner fast beleidigt. »Das Messer wurde bei jemandem gefunden, mit dem das Opfer oder besser gesagt, der Selbstmörder, Ärger hatte. Der Grund des Suizids waren sehr hohe Schulden. Mehr steckte nicht dahinter, aber in meinem Kurs ist der Fall sehr beliebt, allerdings wohl nur so lange Sie nicht mitmischen.«

      Ich

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