Rudyard Kipling - Gesammelte Werke. Rudyard Kipling

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Rudyard Kipling - Gesammelte Werke - Rudyard Kipling

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Telegramm des Inhalts: »Ricketts, Myndonie, im Sterben. Holden antreten. Sogleich.« Ehe er abreiste, wollte er noch einen Blick tun in das Haus, wo er einst König und Gebieter gewesen. Das Wetter hatte sich aufgehellt; die nasse Erde dampfte.

      Die Regengüsse hatten die Lehmpfeiler beim Tor eingerissen, und das Tor selbst, das einst sein Alles hienieden behütet, hing lose in den Angeln. Drei Zoll hoch war Gras im Hof aufgeschossen; Pir Khans Hütte stand leer und der aufgeweichte Fußboden hatte sich zwischen die Balken hinabgesenkt. Ein graues Eichhörnchen hatte Besitz ergriffen von der Veranda, als sei das Haus unbewohnt gewesen seit dreißig Jahren, statt drei Tagen. Ameeras Mutter hatte alles mit fortgenommen mit Ausnahme einer mottenzerfressenen Decke. Das Ticktick der kleinen Skorpione, wie sie über den Boden liefen, war das einzige Geräusch im Haus. Ameeras Zimmer und das, worin Tota gelebt, waren von Schimmel überzogen, und die Sprossen der Leiter hinauf auf das Dach besudelt mit Wasserschlamm. Holden sah es und ging hin aus auf die Straße; dort kam ihm sein Hausherr, Durga Daß, entgegen, – sauber und stattlich gekleidet in weißem Musselin, ein Ce-Feder-Buggy kutschierend: er wollte seinen Besitz in Augenschein nehmen und nach dem Schaden sehen, den der Regen angerichtet hatte.

      »Ich habe vernommen, Sahib«, begann er, »Sie wollen das Haus verlassen?«

      »Was haben Sie mit ihm vor?«

      »Vielleicht vermiete ich es wieder.«

      »Dann behalte ich es, auch wenn ich nicht hier bin.«

      Durga Daß schwieg eine Weile. »Sie sollten das nicht tun«, sagte er dann. »Als ich noch jung war, hatte ich auch so –. Aber heute bin ich Mitglied der Stadtbehörde. Ho! Ho! Nein. Wenn die Vögel fortgeflogen sind, wozu ist das Nest noch gut? Ich möchte es niederreißen lassen: mit dem Bauholz kann man noch mancherlei kaufen. Es soll eingerissen werden und die Stadt wird eine Straße drüberlegen, wie sie es schon lange will, vom Verbrennungs-Ghaut bis hinüber zur Schanze. Kein Mensch wird später wissen, wo es gestanden hat!«

      Der Polizeimann ritt durch den Himalaja-Wald unter den moosbewachsenen Eichen dahin, und ihm nach trottete die Ordonnanz.

      »Es ist eine scheußliche Sache, Bhere Singh«, sagte der Polizeimann. »Wo sind die beiden!«

      »Es ist eine scheußliche Sache«, wiederholte Bhere Singh; »und was die beiden betrifft, so schmoren sie jetzt ohne Zweifel in einem heißeren Feuer, als je eines mit Ästen angezündet wurde.«

      »Das wollen wir nicht hoffen«, meinte der Polizeimann, »denn wenn wir absehen von dem Unterschied der Rassen, so ist es die Geschichte der Francesca da Rimini, Bhere Singh!«

      Da Bhere Singh keine Ahnung hatte, wer Francesca da Rimini gewesen war, hielt er den Mund, bis sie zu der Kohlenbrenner-Lichtung kamen, wo die erlöschenden Flammen ihr »hwit, hwit, hwit« sagten, wie sie über der weißen Asche flüsternd hin und her zuckten. Es mußte ein riesiges Feuer gewesen sein, als es noch lichterloh brannte! Die Leute in Donga Pa hatten es in der Nacht weithin über das Tal scheinen und flackern sehen und gesagt, die Kohlenbrenner in Kodru müßten offenbar schwer betrunken sein. In Wirklichkeit waren es nur Suket Singh, ein Sepoy des 102ten Punjab-Infanterieregiments, und Athira, ein Weib, gewesen, die da verbrannt - zu Asche verbrannt - waren.

      Wie die Sache vor sich ging, habe ich aus dem Tagebuch des Polizeimanns erfahren:

      Athira war die Frau des Madu, eines einäugigen Kohlenbrenners von boshafter Gemütsart. Schon eine Woche nach der Hochzeit prügelte er sie mit einem dicken Stock. Einen Monat später kam Suket Singh, der Sepoy, des Weges, um seinen Regimentsurlaub in den kühlen Bergen zu verbringen. Er elektrisierte die Dorfbewohner von Kodru mit Erzählungen von allerlei Geschichten aus dem Militärdienst, verherrlichte die Ruhmestaten des Gouvernements und schilderte anschaulich, in welchen hohen Ehren er beim Obersten, dem Sahib Bahadur, stünde. Die braune Desdemona hörte dem Othello zu, und wie alle Desdemonas der Welt verliebte sie sich dabei in ihn.

      »Ich hab zwar selber eine Frau zu Hause«, sagte Suket Singh, »aber es soll dich nicht bedrücken, wenn es dir im Kopf herumgeht. Ich muß auch nach einiger Zeit wieder zum Regiment zurück, denn ich kann doch nicht gut zum Deserteur werden, gar, wo ich den Rang eines Havildars anstrebe.«

      »Schadet nichts«, sagte Athira, »bleib jetzt bei mir, und wenn Madu mich schlagen will, dann verprügle ihn!«

      »Famos!« sagte Suket Singh und verabreichte dem Madu eine gehörige Tracht zum Entzücken sämtlicher Kohlenbrenner in Kodru.

      »So, das genügt«, sagte er und gab dem Madu einen Stoß, daß er den Abhang hinunterrollte, »jetzt werden wir Ruhe haben.« Aber Madu krallte den Grashügel wieder hinauf und hinkte mit wütenden Blicken um seine Hütte herum.

      »Er wird mich ermorden«, sagte Athira zu Suket Singh, »du mußt mich mit fortnehmen.«

      »Es wird einen Skandal geben in der Truppe, und mein Weib wird mir den Bart ausreißen!« meinte Suket Singh, »aber was liegt daran! Ich nehme dich mit.«

      Es gab auch wirklich einen Skandal im Regiment, der Bart wurde Suket Singh ausgerissen, und seine Gattin ging zu ihrer Mutter zurück und nahm die Kinder mit. »Jetzt ist alles gut«, sagte Athira, und Suket Singh pflichtete ihr bei: »Jetzt ist alles gut.«

      Madu hauste nunmehr allein in seiner Hütte, von der er weit hinüber ins Tal nach Donga Pa blicken konnte; von Anbeginn waren die Sympathien der Leute nicht auf seiner Seite gewesen: das Volk hat nichts übrig für betrogene Ehemänner.

      Eines Tages ging er zu Juseen Dazé, dem Zauberer, der den redenden Affenkopf besitzt.

      »Verschaff mir mein Weib wieder!« sagte er.

      »Das kann ich nicht«, sagte Juseen Dazé, »erst mußt du den Sutlej das Tal hinauffließen machen bis Donga Pa.«

      »Mach keine Flausen! Gib mir gefälligst keine Rätsel zu lösen auf«, schrie Mach und schüttelte seine Hacke drohend gegen den weißhaarigen Juseen Dazé.

      »Gib all dein Geld den Oberhäuptern des Dorfes«, riet Juseen Dazé; »sie sollen eine Versammlung einberufen und einen Boten abschicken mit der Weisung, dein Weib müsse zurückkommen.«

      Madu verzichtete auf seine irdischen Güter, die aus siebenundzwanzig Rupien, acht Annas und drei Pies nebst einer silbernen Kette bestanden, und überreichte sie den Stadträten von Kodru. Dann geschah es, wie Juseen Dazé vorhergesagt: man schickte Athiras Bruder zu dem Regiment Suket Singhs, um Athira auszurichten, sie möchte heimkehren. Suket Singh benützte ihn als Fußball und kickte ihn um die Front herum; dann überlieferte er ihn dem Hamildar, der ihn mit einem Treibriemen bearbeitete.

      »Komm heim!« schrie Athiras Bruder unentwegt bei dieser Prozedur.

      »Wohin denn?« fragte Athira.

      »Zum Madu!«

      »Ich denk nicht dran!« war die Antwort.

      »Dann wird dir Juseen Dazé seinen Fluch schicken!« drohte der Bruder, »und du wirst verdorren wie der Ast eines gefällten Baumes im Frühling!« Das ging Athira im Kopf herum.

      Am nächsten Morgen schon hatte sie Rheumatismus. »Ich beginne bereits zu verdorren wie der Ast eines gefällten Baumes im Frühjahr«, sagte sie. »Das ist der Fluch Juseen Dazés.«

      Und tatsächlich begann sie hinzusiechen, denn in ihr Herz war die Furcht eingezogen. Wer an Flüche glaubt, der stirbt

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