Das Vermächtnis aus der Vergangenheit. Sabine von der Wellen

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Das Vermächtnis aus der Vergangenheit - Sabine von der Wellen Das Vermächtnis aus der Vergangenheit

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gehe mit Julian zusammen in den Fußballverein“, antwortet Marcel und hört verunsichert wieder auf.

      Doch meine Eltern wirken gefasst. Sie nehmen sich nur an die Hand. Die Erwähnung von Julians Namen bringt ihr Verdrängungsgerüst nur leicht ins Wanken. „Und der stellte mich dann Carolin vor.“ Mehr sagt Marcel nicht und meine Eltern sehen erst sich und dann mich an.

      „Naja, und wir sind halt zusammen ins Kino gegangen und so“, ergänzt Marcel, wobei er offenlässt, ob das Zusammen nur mich und ihn betraf oder auch Julian.

      „Ah, schön“, antwortet meine Mutter daraufhin nur und sieht meinen Vater wieder an, als solle er etwas Originelleres hervorbringen. Doch der sagt gar nichts.

      Ich nutze die Gelegenheit. „Ich bin noch ganz schön müde und möchte noch ein wenig schlafen“, murmele ich, die wieder entstandene Pause nutzend. Ich schlucke schwer und fühle, dass mein Hals trocken ist: „Ich glaube, ich brauche noch ein wenig Ruhe“, raune ich und fasse an den Verband um meinem Hals.

      „Sollen wir gehen?“, fragt meine Mutter sofort und bekommt wieder einen weinerlichen Stimmwackler.

      „Ihr müsst doch bestimmt noch eure Koffer auspacken“, sage ich und hoffe, dass sie das als passenden Aufhänger nehmen wird.

      „Du hast recht. Die Koffer sind noch im Auto. Wir sind vom Flughafen gleich hierhergefahren, um nach dir zu sehen. Und morgen werde ich Julian versuchen zu erreichen. Man wird doch wohl seine Mutter mit ihm sprechen lassen“, jammert meine Mutter aufgebracht.

      „Da wäre ich mir nicht so sicher“, antwortet mein Vater nur und kommt um das Bett herum zu mir, um mir einen Kuss auf die Stirn zu geben. „Sollen wir wirklich schon gehen? Können wir noch irgendetwas für dich tun? Brauchst du noch etwas?“, stammelt er und ist richtig unglücklich, dass ich sie wegschicke.

      „Nein, ich brauche nur noch etwas Zeit zum Ausruhen.“

      „Dann schlaf gut, Kleines. Morgen kommen wir wieder. Und mach dir keine Sorgen …“, sagt mein Vater.

      Ich habe keine Lust mir Gedanken darüber zu machen, was mein Vater meint. Aber Julian gehört nicht zu denjenigen, um die ich mir Sorgen mache. Er ist schließlich nicht allein. Er hat doch seinen Kurt bei sich.

      „Bis morgen, mein Schatz und schlaf gut“, murmelt meine Mutter und lässt sich dann von meinem Vater regelrecht aus dem Zimmer führen. Sie scheinen ein Problem damit zu haben, mich erneut allein zu lassen. Aber schließlich ist das ja nur bis morgen und nicht einen Urlaub lang und ich kann sie einfach nicht länger ertragen.

      „Tschüss, Marcel!“, rufen beide noch wie aus einem Mund.

      „Und danke!“, fügt mein Vater noch hinzu und lässt die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Er scheint erleichtert zu sein, dass Marcel bei mir bleibt und das mit mir weiter meistern will. Als wäre ich ein Problemfall.

      Marcel! Ich sehe ihn verunsichert an.

      „Puh, sind Eltern anstrengend“, versuche ich die Stimmung etwas zu lockern, die sich drückend auf uns legt. Es ist komisch, ihn an meiner Seite zu haben. Ich weiß gar nicht richtig wie ich damit umgehen soll.

      Marcel steht auf und geht zum Fenster. Langsam senkt sich die Dämmerung über das Krankenhaus und die kleine Stadt. Ich schlucke wieder und spüre ein trockenes Reiben in meinem Hals.

      „Soll ich auch gehen?“, fragt Marcel leise und ohne mich anzusehen. Seine Stimme hat einen tieftraurigen und resignierten Unterton, der mich verwirrt.

      „Warum?“, frage ich heiser zurück. Das Reden tut mir nicht gut.

      „Du sagtest, du bist müde. Das klingt wie ein Rausschmiss.“ Langsam dreht Marcel sich um und sieht mich an. Er wirkt niedergeschlagen und ich könnte wetten, wenn er seine Kappe in der Nähe hätte, dann würde er sie sich jetzt tief ins Gesicht ziehen.

      Ich habe das Gefühl ihm einiges erklären zu müssen.

      „Komm her.“ Ich klopfe auf die Bettkante, damit er sich zu mir setzt und ich nicht so laut reden muss. „Ich wollte nur meine Eltern loswerden.“ Das Sprechen wird immer schwieriger und ich weiß, viel bringe ich nicht mehr heraus.

      Langsam kommt Marcel zum Bett zurück und setzt sich wieder. Doch er nimmt nicht meine Hand oder versucht sonst eine Annäherung.

      Ich bin froh darüber. Mir ist selbst nicht ganz klar, was ich eigentlich von ihm und allem halten soll. Aber sein niedergeschlagener Gesichtsausdruck berührt mich doch irgendwo in meinem tiefsten Inneren.

      Ich taste nach der Fernbedienung, die an einem Kabel über meinem Bett hängt und Marcel greift ein. „Soll ich das Kopfteil etwas hochfahren?“

      Ich nicke und bin froh, dass er mir hilft. Mir ist wichtig, dass ich ihm in die Augen sehen kann, wenn ich ihn über meine Eltern und ihr seltsames Verhalten aufkläre. Und vielleicht fällt mir dann das Sprechen leichter. Außerdem hoffe ich, dass ich so etwas trinken kann.

      Auf meinem Tisch stehen ein Glas und eine Wasserflasche. Ich greife danach, aber Marcel kommt mir zuvor. Er gießt Wasser in das Glas und reicht es mir, den Kopf schüttelnd. Seine Augen funkeln aufgebracht und er raunzt: „Sag doch etwas, wenn du was brauchst. Oder ist das auch schon zu viel?“

      Ich sehe ihn beunruhigt an. Ist er wütend auf mich?

      Ich trinke unbeholfen einige Schlucke und spüre die Linderung in meinem Hals. Das Glas reiche ich verunsichert Marcel, der es wieder auf den Tisch zurückstellt. Er sieht dabei immer noch so niedergeschlagen aus.

      Ich kann seinen Blick kaum ertragen. Es rührt sich etwas in mir, dass ich nicht einschätzen kann.

      Das ist alles so anstrengend und ich fühle mich schon wieder erschöpft. Aber ich möchte nicht, dass Marcel so aufgebracht und wütend ist. So versuche ich ihm zu erklären: „Du musst meinen Eltern nicht böse sein, sie wussten nichts von Julians seltsamen Anwandlungen. Sie wissen noch nicht mal, dass er genauso unter schrecklichen Träumen leidet wie ich. Sie wissen von nichts wirklich etwas und können somit auch nichts verstehen. Aber ich werde ihnen irgendwann alles erzählen“, verspreche ich ihm und glaube ihn damit zu beruhigen.

      Marcel sieht mich groß an. „Warum glaubst du, dass ich wütend auf deine Eltern bin? Sie sind einfach nur dumme Eltern. Man kann von ihnen im Allgemeinen nicht viel erwarten“, brummt er.

      Ich sehe ihn irritiert an und nehme alle meine Kräfte zusammen. „Aber du wirktest auf einmal so traurig und ich dachte, es liegt an meinen Eltern - weil sie so tun, als wäre Julian das arme Opfer von irgendwas und völlig unschuldig“, erkläre ich verunsichert.

      Marcel steht wieder vom Bett auf und geht zum Fenster. Er blickt hinaus und ich bin noch irritierter.

      „Deine Eltern sind mir scheißegal“, knurrt er mit einem störrischen Unterton in der Stimme, den ich an ihm gar nicht vermutet hätte. Was ist bloß mit ihm los? Ich kann mir darauf keinen Reim machen.

      „Aber was ist es dann?“, frage ich.

      Marcel dreht sich langsam um und sieht mich mit einem herzerweichenden Hundeblick an. „Ich weiß nicht, was ich noch tun soll“, höre ich ihn resigniert sagen.

      Er schaut auf seine Hände und ich

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