Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke. Hans Christian Andersen

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen страница 50

Hans Christian Andersen - Gesammelte Werke - Hans Christian Andersen

Скачать книгу

und unter dem Weidenbaume, und das kleine Mädchen sang die schönsten Lieder mit einer Stimme, klar wie eine Glocke; Kanut dagegen hatte keinen Ton in sich, aber er wußte den Text, und das ist immerhin etwas. Die Leute in Kjöge, selbst die Frau des Galanteriewaarenhändlers, blieben stehen und lauschten, wenn Johanna sang. »Die hat eine recht süße Stimme, die Kleine!« – sagten sie.

      Das waren herrliche Tage, allein sie währten nicht immer. Die Nachbarn trennten sich; die Mutter des kleinen Mädchens war gestorben, der Vater war gesonnen, wieder zu heirathen, und zwar in der Residenz, wo man ihm versprochen hatte, daß er sein Brot haben und irgendwo Bote werden würde, und dies sollte ein sehr einträgliches Amt sein. Die Nachbarn trennten sich unter Thränen, namentlich weinten die Kinder, aber die Eltern gelobten sich einander wenigstens ein Mal jährlich zu schreiben.

      Den Kanut gab man in die Lehre zu einem Schuhmacher, den großen Knaben konnten sie doch nicht länger sich umhertreiben lassen. Und er wurde nun auch confirmirt.

      Ach, wie gern wäre er an diesem Festtage in Kopenhagen gewesen bei der kleinen Johanna, aber er blieb in Kjoge und war nie nach Kopenhagen gekommen, obgleich die Hauptstadt nur fünf Meilen von dem kleinen Städtchen entfernt ist; doch über den Meeresbusen hinweg bei klarem Himmel hatte Kanut die Thürme erblickt, und an dem Confirmationstage sah er deutlich das goldene Kreuz an der Frauenkirche in der Sonne glänzen.

      Ach, wie waren seine Gedanken bei Johanna! Ob sie wohl seiner gedacht? Ja! – Gegen Weihnachten kam ein Brief von ihrem Vater an die Eltern Kanut's an, es gehe ihnen sehr gut in Kopenhagen, und namentlich dürfe Johanna, ihrer schönen Stimme wegen, ein großes Glück zu Theil werden; sie sei bei der Komödie, in welcher gesungen wird, angestellt, etwas Geld verdiene sie schon jetzt dabei, und von diesem sende sie den lieben Nachbarsleuten in Kjöge einen ganzen Thaler zum vergnügten Weihnachtsabend; sie sollten auf ihre Gesundheit trinken, das hatte sie selbst eigenhändig in einer Nachschrift hinzugefügt, und in derselben stand ferner: »Freundlichen Gruß an Kanut

      Die ganze Familie weinte, und doch war das ja Alles gar erfreulich; aber sie weinte vor Freude. Alle Tage hatte Johanna die Gedanken Kanut's erfüllt, und jetzt überzeugte er sich, daß auch sie an ihn denke, und je näher die Zeit heranrückte, wo er ausgelernt haben würde, um so klarer stand es vor ihm, daß er Johanna gar lieb habe, daß sie seine Frau werden müsse, und dabei spielte ein Lächeln um seine Lippen und er zog den Draht noch einmal so rasch und stemmte den Fuß gegen den Knieriemen an; er stach den Pfriemen tief in den einen Finger hinein, aber das that nichts! Er wollte wahrhaftig nicht den Stummen spielen, wie es die beiden Pfefferkuchen gethan; die Geschichte sei ihm eine gute Lehre.

      Jetzt war er Gesell und das Ränzel war geschnürt, endlich zum ersten Male in seinem Leben sollte er nach Kopenhagen gehen, dort habe er bereits einen Meister. Wie würde Johanna überrascht und erfreut sein! Sie zählte jetzt siebenzehn Jahre, er neunzehn.

      Schon in Kjöge wollte er einen goldenen Ring für sie kaufen, aber er besann sich doch, daß man dergleichen gewiß weit schöner in Kopenhagen bekäme; und nun wurde Abschied von den Eltern genommen, und an einem späten regnerischen Herbsttage wanderte er zu Fuß aus der Stadt seiner Heimath; die Blätter fielen von den Bäumen herab, durchnäßt kam er in der großen Hauptstadt und bei seinem neuen Meister an. Künftigen Sonntag wollte er den Besuch bei dem Vater Johanna's machen. Die neuen Gesellenkleider wurden hervorgesucht und der neue Hut aus Kjöge aufgesetzt, der stand dem Kanut gar gut, früher hatte er immer nur eine Mütze getragen. Er fand das Haus, das er suchte, stieg die vielen Stufen hinan, es war zum Schwindeligwerden, wie die Menschen hier in der großen Stadt über einander gestellt seien.

      In der Stube sah Alles wohlhabend aus, und der Vater Johanna's empfing ihn sehr freundlich, der Frau war er jedoch eine fremde Person, aber sie reichte ihm die Hand und den Kaffee.

      »Es wird Johanna freuen, Dich zu sehen,« – sagte der Vater, »Du bist ja ein sehr netter junger Mann geworden! – Nun sollst Du sie sehen; ja, sie ist ein Mädchen, das mir Freude macht und, mit Gottes Hilfe, noch mehr machen wird! Sie hat ihre eigene Stube und die bezahlt sie uns!« – Und der Vater selbst klopfte höflich an die Thüre, als wäre er ein fremder Mann, und darauf traten sie ein. Aber, wie war dort Alles niedlich; ein solches Stübchen fände man sicherlich nicht in ganz Kjöge; die Königin selbst könne es nicht anmuthiger haben! Da waren Fußdecken, da waren Fenstervorhänge ganz bis zum Fußboden herab, sogar ein Stuhl von Sammet, und ringsum Blumen und Gemälde, und ein Spiegel, in den man hinein zu treten fast Gefahr lief: er war ja so groß wie eine Thüre. Kanut sah dies Alles mit einem Blicke und nichtsdestoweniger sah er doch nur Johanna; sie war ein erwachsenes Mädchen und ein ganz anderes, als Kanut es sich gedacht, aber viel schöner; in ganz Kjöge war keine einzige Jungfrau wie sie, und wie war sie fein, und wie blickte sie den Kanut so sonderbar fremd an, aber nur einen Augenblick, alsdann stürzte sie auf ihn zu, als wollte sie ihn küssen, – sie that es zwar nicht, aber es war nahe daran. Ja, sie freute sich in der That bei dem Anblicke des Freundes ihrer Kindheit! Standen ihr doch die Thränen in den Augen, und dann hatte sie gar viel zu fragen und zu reden, von den Eltern Kanut's bis auf den Flieder- und den Weidenbaum herab, diese nannte sie Fliedermutter und Weidenvater, als ob sie auch Menschen wären, doch dafür konnten sie auch ebenso gut gelten, wie die Pfefferkuchen; von diesen sprach sie auch und von deren stummer Liebe, wie sie auf dem Ladentische lagen und entzwei gingen, und dabei lachte sie recht herzlich – aber das Blut flammte in den Wangen Kanut's und sein Herz klopfte schneller als sonst! – Nein, sie war gar nicht stolz geworden! – Sie war es auch, – das bemerkte er wohl – daß ihre Eltern ihn einluden, den ganzen Abend dort zu bleiben, und sie schenkte den Thee ein und reichte ihm selbst eine Tasse, und später nahm sie ein Buch zur Hand und las laut vor, und es war Kanut, als wenn gerade Das, was sie las, von seiner Liebe handele, so gar gut fiel es mit seinen Gedanken zusammen; darauf sang sie ein einfaches Lied, aber dasselbe wurde durch sie zu einer Geschichte, es war, als ströme ihr eigenes Herz davon über. Ja, sie habe ganz gewiß den Kanut lieb. Die Thränen rollten ihm über die Wangen, er konnte nicht dafür und er vermochte kein einziges Wort zu sagen, ihm selbst schien es, als sei er verdummt, und doch drückte sie ihm die Hand und sagte: »Du hast ein gutes Herz, Kanut – bleibe immer, wie Du bist!«

Illustration: Hutschenreuter/Petersen

      Das war ein Abend sonder gleichen; darauf zu schlafen, war nicht möglich, und das that Kanut denn auch nicht.

      Beim Abschiede hatte der Vater Johanna's gesagt: »Nun, jetzt wirst Du uns doch nicht ganz vergessen! Du wirst doch nicht den ganzen Winter verstreichen lassen, bis Du uns einmal wieder besuchst?« – also konnte er sehr wohl am folgenden Sonntag wieder hingehen, und das wollte er auch. Aber jeden Abend, nach den Arbeitsstunden, und es wurde bei Licht gearbeitet, ging Kanut in die Stadt; er ging durch die Straße, in welcher Johanna wohnte, blickte zu ihren Fenstern hinauf, sie waren fast immer erhellt, und an einem Abende sah er deutlich den Schatten ihres Antlitzes an dem Fenstervorhange – das war ein schöner Abend. Die Frau Meisterin lobte es gar nicht, daß er immer des Abends auf der Fahrt sein müsse, wie sie es nannte, und sie schüttelte den Kopf, aber der Meister lächelte: »Er ist ein junger Mensch!« sagte er.

      »Sonntag sehen wir uns, und ich sage ihr, wie sie mir im Sinn und Herzen liegt, und daß sie mein Frauchen werden muß; ich bin zwar nur ein armer Schuhmachergesell, aber ich kann Meister werden, ich werde arbeiten und streben – ja ich sage es ihr; es kommt nichts bei der stummen Liebe heraus, das habe ich von den Pfefferkuchen gelernt!«

      Der Sonntag kam und Kanut kam, aber wie unglücklich; Alle waren an dem Abende eingeladen, sie mußten es ihm sagen. Johanna drückte seine Hand und fragte: »Bist Du im Theater gewesen? Du mußt einmal hineingehen! Ich singe Mittwoch, und wenn Du Zeit an diesem Tage hast, dann will ich Dir ein Billet senden, mein Vater weiß, wo Dein Meister wohnt!«

      Wie liebevoll war das von ihr! Und

Скачать книгу