John K. Rickert. Gabriele Steininger

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John K. Rickert - Gabriele Steininger Die John K. Rickert - Serie

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loyaler Freund erwiesen hatte. Deshalb und nur deshalb, genoss er dieses Privileg, sich in der Halle voller Raritäten bewegen zu dürfen, die Daniel wie seinen Augapfel hütete.

      Manchmal legte Mac Fleed seinen Kopf auf eines der Fässer, schloss die Augen und lauschte auf das, was ihm der Inhalt zuflüstern würde. Dabei stieg ihm der Duft, den die Poren des Holzes absonderten, in seine Nase. Auch in dem Moment, als eine Gestalt durch die offene Tür schlich, ruhte sein Ohr auf einem besonders alten Whiskey. Er hatte die Augen geschlossen und murmelte versonnene Worte in Gälisch. Mac Fleed achtete nicht auf seine Umgebung. Seine Aufmerksamkeit galt seinem Schatz. Erst als es zu spät war, er sich umdrehte, weil er dachte ein Geräusch gehört zu haben, sah er seinem Mörder ins Gesicht. Mit erhobenem Hammer stand er vor ihm. Kurz spürte er den Schmerz, den das Mordwerkzeug, auf seinen Schädel treffend, verursachte. Knochensplitter drangen in sein Gehirn. Ein Geräusch, wie vom Knacken einer Nuss war zu hören. Ein gurgelnder Laut quoll aus Daniels Kehle, der mit einem entsetzten, ungläubigen Gesichtausdruck auf dem Boden zusammenbrach. Zuckend blieb er zwischen den Fässern liegen.

      Behandschuhte Finger durchsuchten ungeduldig die Innentaschen seiner Weste. Hastig zogen sie ein kleines, schwarzes Buch daraus hervor. Die Person entfernte sich angewidert von dem Toten, aus dessen klaffender Wunde Blut und Hirnmasse trieften. Eilig entfernten sich die Schritte von der Leiche. Die Tür wurde sanft in ihr Schloss gezogen. Dann war es still.

      "Wo waren sie gestern zwischen zweiundzwanzig und null Uhr?" O'Connell bemühte sich die Frage nicht vorwurfsvoll klingen zu lassen. Isabella Mac Fleed war erst seit Stunden Witwe. Ihr Mann war nicht aufgrund absehbarer Umstände gestorben, er wurde ermordet.

      "Ich habe geschlafen", gab sie mit einer unglaublichen Gefühlskälte zurück.

      "Wann war das?"

      "Ich zog mich gegen zwanzig Uhr in meine Räume zurück."

      "Gibt es dafür Zeugen?"

      "Ich denke nicht. Vielleicht meine Tochter, Sarah. Sie befand sich auf dem Flur, als ich schlafen ging."

      "Sie haben also für die Tatzeit kein Alibi", stellte der Inspektor fest.

      "Was wollen sie damit sagen?" Die Frage klang gelangweilt.

      Viele Male hatte O'Connell die Hinterbliebenen von Mordopfern erlebt. Trauer zeigte sich in den verschiedensten Formen. Einige zerflossen in Tränen, andere befanden sich in einer Art Schockzustand. Entsetzten, Hass, Wut, Erleichterung. All das hatte er in den Gesichtern gesehen. Niemals war ihm eine derart abnorme Gleichgültigkeit begegnet, wie er sie jetzt auf Isabella Mac Fleeds Antlitz erblickte. Für sie schien der Mord an ihrem Gatten allenfalls lästig zu sein. O'Connell ersparte sich den weiteren Anblick und konzentrierte sich auf seine Notizen.

      "Genau das, was ich soeben gesagt habe. Sie haben für die Tatzeit kein Alibi."

      "Es ist lächerlich, anzunehmen ich hätte meinen Mann getötet." Der Inspektor glaubte eine leichte Echauffiertheit in ihrer Stimme zu vernehmen.

      "Warum hätte ich das tun sollen?" Die Frage kam so sachlich, dass O'Connell die Vermutung wieder fallen ließ.

      "Eifersucht wäre doch ein gutes Motiv", stellte er in den Raum.

      "Wenn das eine Anspielung auf die vielen Affären meines Mannes sein soll, dann muss ich sie enttäuschen. Wäre das für mich ein Motiv gewesen, dann hätte ich ihn wohl schon viel früher umbringen müssen. Sein letzter Seitensprung liegt über zwei Jahre zurück. Wenn sie die Einzelheiten dazu erfahren möchten, dann fragen sie Amee Mac Logan." Der Inspektor notierte sich den Namen.

      "Warum Amee Mac Logan?", fragte er nach.

      "Sie ist die Besitzerin des Kolonialwarenhandels im nächsten Ort", lautete die Erklärung.

      Die ganze Familie wurde verhört, wobei Sarah die Anwesenheit ihrer Mutter bestätigte. Sie hatte gegen elf nach ihr gesehen, bevor sie sich mit einem neuen Buch aus ihrem Zimmer wieder in den Salon zum Lesen begeben hatte.

      "Sie hat fest geschlafen. Meinen sie, jemand der gerade einen Mord begangen hat, könnte so ruhig vor sich hinträumen?" O'Connell war sich nicht ganz sicher, ob er dieser Aussage seine Zustimmung geben konnte. Nicht mehr, seit er Isabella Mac Fleed kennengelernt hatte.

      Matthew Mac Fleed hatte den Abend mit seiner Schwester und deren Mann verbracht. Die drei waren bis ein Uhr nachts zusammengesessen, bevor Matthew das Haus verlassen hatte. Zugleich bestätigten sie Sarahs Geschichte, die bei offenen Vorhängen bis nach der Verabschiedung von Matthew im Salon gelesen hatte. Vom Fenster des Wohnzimmers überprüfte O'Connell die Aussicht auf das Hauptgebäude. Auch ohne seine Brille, die er aus falschem Stolz nicht trug, erkannte er jede einzelne Person, die sich im Augenblick in dem Raum aufhielt. Holly Mac Fleed war in der fraglichen Zeit bei Freunden. Zu viert waren sie in Dublin um die Häuser gezogen.

      Jeder der Fleeds schien nach der Befragung ein Alibi zu haben, bis auf Jack, der verstoßene Sohn. Mit einer haarsträubenden Geschichte von einer weggeworfenen Zugfahrkarte und einem Versöhnungsplan seinen Vater betreffend, war er ihm mit seiner unverschämten Ausdrucksweise sofort ein Dorn im Auge. O'Connell konnte es noch nicht beweisen, dass er den alten Mac Fleed umgebracht hatte. Es gab allerdings auch keine Hinweise, dass es nicht so gewesen sein konnte. Die Ermittlungen würden dies aber noch hervorbringen. Die Spurensicherung war noch nicht fertig mit der Halle, in welcher der Tote aufgefunden wurde. Da konnte noch einiges gefunden werden, was ihn überführte.

      "Eine trauernde Witwe, zwei entsetzte Töchter, eine Schwester nebst Mann und Kind und eine konfuse Haushälterin..." Bernards Gesichtsausdruck spiegelte Verwirrtheit wieder. Sich dabei am Kopf kratzend, dachte er nach.

      "Alle zur fraglichen Zeit mit Alibis, so sicher wie der Regen auf den Sonnenschein folgt und jeder von ihnen hat ein Mordmotiv", murmelte er vor sich hin.

      "Worum geht es denn in diesem Buch?", John Rickert legte die Zeitung beiseite. Es war in seinen Augen ein Phänomen, wie sich die Todesfälle in bestimmten Jahreszeiten häuften. Während im Sommer so gut wie niemand starb, konnte man im Herbst Seitenweise davon lesen. Todesanzeigen waren ein Hobby des Detektivs. Eine von hundert brachte ihm einen Fall ein.

      John sah seinen Tischnachbarn fragend an. Bernard Burgauer war nicht einfach ein Mitbewohner, mit dem er die Wohnung teilte. Er war sein bester Freund. Schwul, aber sein bester Freund, und dieser seufzte gerade in einer Art und Weise, die John sehr gut kannte.

      Immer wieder berichtete er ihm über den Inhalt der Kriminalromane, die er las. Ob John das hören wollte, oder nicht. Im Gegenzug konnte John ihm die ganze Freude an seinem Lesestoff verderben, wenn er sein spezielles "Halbinteressen-Gesicht" aufsetzte.

      Kam Bernard an einer Buchstelle an, wo keiner der Verdächtigen der Mörder sein konnte, tat er es. John platzte, eben diesen gefürchteten Gesichtsausdruck tragend, mit der Lösung heraus. Anfangs dachte Bernard, sein Freund würde die Täter zufällig erraten. John war ein guter Detektiv und konnte unmöglich immer Recht behalten. Er musste sich irgendwann irren.

      Den Mörder zu entlarven war für ihn bisher ein Kinderspiel. Bernard hatte es nur ein einziges Mal erlebt, dass John falsch gelegen hatte. Doch er revidierte einen Tag später seine Meinung und nannte den richtigen Namen.

      Er seufzte wiederholt, bevor er begann seinen Freund in die Geschichte einzuweihen.

      "Es geht um einen Weinhändler aus Kalifornien, der eines Tages erschlagen in seinem Weinkeller aufgefunden wird. Alle Verdächtigen haben ein Motiv, allerdings auch ein Alibi."

      "Du

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