Die Schlangentrommel. Ole R. Börgdahl
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Читать онлайн книгу Die Schlangentrommel - Ole R. Börgdahl страница 8
»Verbundenheit!«, wiederholte der Colonel. »Ich würde es eher als Zweckbündnis bezeichnen. Diese Angelegenheit wäre ziemlich peinlich geworden. Wir mussten uns schützen ...«
»Und darum haben Sie auch gleich die höheren Chargen der Roten Khmer mit geschützt«, unterbrach der Commander den Colonel.
»Ja und? Natürlich haben wir das getan.«
»Ich frage mich jetzt nur, wer sie zum Schweigen gebracht hat«, meinte der Commander.
»Wollen Sie damit sagen, dass ...«
Der Commander nickte provokativ. »Entschuldigen Sie Sir, aber es würde Ihnen doch passen, die einfachste Lösung.«
Der Colonel richtete sich in seinem Stuhl auf, erwiderte aber nichts. Der Commander sah wieder zu Tillman Halls, der daraufhin eine Datei auf dem iBook öffnete. Der Beamer flackerte, eine Portrait-Fotografie erschien auf der Leinwand. Der Mann hatte feine asiatische Gesichtszüge, einen herrischen Mund und stolze Augen.
»Diesen Herrn haben wir vor etwa einer Stunde auf dem Landvetter Airport bei Göteborg festgenommen, und zwar um 22:37 Uhr Ortszeit. Sein Name ist Rin Mura, Jahrgang 1941. Er hat einen südkoreanischen Pass, lebt aber seit 1997 in Schweden, in einem Ort namens Olofstorp. Er wollte nach London fliegen. Seinen Namen hatten wir schon seit einigen Wochen auf unserer Liste. Jetzt hat er sich aus seinem Versteck gewagt und wir haben zugeschlagen. Sie können es Schutzhaft nennen.« Der Commander machte eine kurze Pause. »Können Sie Rin Mura auf dieser Fotografie identifizieren?«
»Es stimmt, dass wir Rin Mura kennen. Sie haben seine Vita korrekt wiedergegeben. Ich bin ihm sogar schon einmal persönlich begegnet, aber das ist sehr lange her.« Der Colonel zögerte. »Der Mann auf dem Foto, das könnte er sein, ja ich denke, er ist es. Haben Sie seine Fingerabdrücke verglichen?«
»Wir haben leider keine Referenz«, sagte der Commander. »Aber vielleicht können Sie uns da aushelfen.«
Der Colonel nickte. »Das ließe sich machen, aber das kann dauern, bis die Daten freigegeben werden, sie verstehen?«
»Was können Sie uns über Rin Mura sagen. Wir haben zwar einige Informationen über ihn, aber es wäre doch interessant, gewissermaßen etwas aus ersten Hand zu erfahren.«
Der Colonel strich sich über das Kinn. »In der Tat könnte ich das. Ich habe sogar Rin Muras Dossier verfasst, Code Bruder Nr. X. Bei dem X sind wir uns nicht sicher, ob es ein oder zweistellig ist. Ich meine die Nähe zu Pol Pot, sie verstehen? Die Nummer zwei bis fünf war er jedenfalls nicht, aber wir glauben, dass er schon dicht dran war. In den achtziger Jahren war er aktiver als zwischen 1975 und 1979. Er soll vom Handlanger zum Strategen aufgestiegen sein. Es gab auch Gerüchte, dass er etwas mit Pol Pots Tod zu tun hatte, aber mehr als Drahtzieher, denn 1998 hatten wir Rin Mura bereits in Schweden platziert. Ich kenne sogar den Namen seiner, sagen wir Lebensgefährtin, einer Frau namens Chenda Rieng. Sie ist Schwedin, ihre Eltern stammen aber aus Laos. War Chenda Rieng bei Rin Mura?«
Der Commander zuckte mit den Schultern und wandte sich an Tillman Halls. »Überprüfen Sie das, Chenda ...«
»Chenda Rieng«, wiederholte der Colonel. »Eine junge Frau, sie dürfte nicht viel älter als dreißig sein.«
Halls zog das Beamerkabel von seinem iBook und begann auf der Tastatur zu hämmern. Der Commander hatte sich hinter ihn gestellt.
»Nichts, Sir«, sagte Halls. »Im Einsatzprotokoll steht nichts davon, dass der Festgenommene in Begleitung einer Frau war. Er war allein.«
»Auch keine Leibwächter?«, fragte der Colonel, der noch immer in seinem Stuhl zurückgelehnt saß.
Tillman Halls sah den Colonel an und schüttelte den Kopf. »Der Mann wurde nach dem Check-in abgegriffen, er war auf dem Weg zu seinem Terminal und er war alleine, kein Hinweis auf Begleitung.«
»Vielleicht ist sie zu Hause geblieben«, vermutete der Colonel. »Ich könnte herausfinden, unter welcher Adresse sie gemeldet ist.«
»Wir haben Rin Muras Adresse«, erwiderte der Commander.
»Da könnte sie natürlich auch sein, aber es ist sehr abgelegen und ich erinnere mich, dass sie auch eine Göteborger Stadtadresse hatte, eine Wohnung.« Der Colonel überlegte. »Hatte Rin Mura großes Gepäck dabei? Gibt es einen Hinweis, dass er vielleicht über London noch zu einem anderen Ziel wollte?«
Tillman Halls las im Einsatzprotokoll und schüttelte dann erneut den Kopf. »Eine Reisetasche, Kleidung für ein paar Tage, Unterwäsche, Ersatzhose, Hemden, sonst nichts.«
»Hatte er Dokumente bei sich?« Der Colonel ließ die Frage belanglos klingen.
»Sein Ticket und ein Buch«, antwortete Tillman Halls.
»Ein Buch, welches?«
Halls scrollte durch die Seite auf seinem iBook. »Kim von Rudyard Kipling.«
»Kim? Kenne ich nicht. Ist das ein koreanischer Name?«
»Kipling hat über Indien geschrieben«, informierte der Commander. »Kennen Sie das Dschungelbuch nicht?«
»Ach, natürlich!«, sagte der Colonel. »Und haben Sie das Buch gefilzt, gab es da irgendetwas?«
Der Commander schüttelte den Kopf. »Wir haben zwar ein Team in Göteborg, aber die Spezialisten müssen wir noch einfliegen und dann werden wir Rin Mura verhören.«
»Wo halten Sie ihn jetzt fest?«
»Wir haben ihn erst einmal den schwedischen Behörden übergeben müssen. Sie werden ihn in der Nacht ins Untersuchungsgefängnis nach Göteborg verlegen. Wir können in einem fremden Land nicht einfach so agieren, wie wir gerne möchten. Wir haben der Polizei Gründe geliefert, Rin Mura mindestens zweiundsiebzig Stunden festzuhalten. Bis dahin haben wir ihn schon lange wieder herausgeholt und in unsere Obhut genommen.« Der Commander überlegte. »Aber Sie meinen, wir sollten uns auch um diese Chenda Rieng kümmern?«
Der Colonel zuckte mit den Schultern. Der Commander wandte sich an Tillman Halls. »Wie lautet die Adresse von Rin Mura in Göteborg?«
»Er wohnt außerhalb«, klärte Halls auf und las die Adresse vom Monitor ab. »Villa Hög, Buskarvägen 1-3, 424 91 Olofstorp.«
»Auch egal. Rufen sie über Satellit an. Ich will dort ein Team haben.«
*
»Na endlich kommen Sie ins Spiel«, sagte Bruckner. »Da haben Sie ja mit hohen Herren zu tun gehabt, Commander, Colonel.«
»Sie müssen verzeihen, dass ich keine Namen nenne«, erklärte ich. »Und die, die ich nenne, sind natürlich, wie sagt man, geändert, stehen aber so in den Berichten.«
»Der Commander, das war Ihr Chef?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich war nur ausgeliehen, eine Art Berater. Ich stand damals zwischen dem NYPD und dem FBI, das in Quantico auch Ermittlungsabteilungen hatte. Sie werden mich jetzt wahrscheinlich verachten, aber der Commander war von einer Institution, die man hier in Deutschland mittlerweile auch besser kennt, als ihnen lieb sein kann.«
»Nein!«,