STRANGERS IN THE NIGHT. Jon Pan

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STRANGERS IN THE NIGHT - Jon Pan

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Nicht umsonst hatte ihm die berühmte Schauspielerin Grete Weiser (nachdem sie Rehbein bei den Dreharbeiten zu einem Film sah, in dem er O.W. Fischer beim Geigenspiel doubelte) ein Angebot für eine Rolle – an Stelle des jungen Karl-Heinz Böhm – gemacht und, als Rehbein abschlug, sogar persönlich seine Mutter aufgesucht, damit diese ihn umstimme. Er wollte seine Erfahrungen aber auch schriftlich festhalten und machte dann, bereits schwer krank, einen Versuch. Es blieb ihm aber nicht die Zeit dazu. Jahre später griff ich das Thema aus einiger Distanz auf.

      Mein Dank für die Entstehung dieses Buches gilt in erster Linie Ruth Rehbein und ihren beiden Söhnen, Herbert und Jürg Rehbein. Viele Stimmen sind dazugekommen, Kriegserlebnisse, Musikergeschichten, viel Privates, Gedanken zu Geld und Berühmtsein, zu Freundschaft, Erfolg und den Auswirkungen eines Betruges, die fast ein ganzes Leben lang gedauert haben. Bedanken möchte ich mich auch bei Heinz Schubert, der keine Mühe scheute, mich mit Informationen aus »ganz alten Zeiten« zu versorgen.

      Strangers In The Night ist die Spitze des Eisbergs. Doch wir wollen tiefer tauchen, hinein ins Wasser der Zeit, um einen Teil des Fundaments zu entdecken. Werfen wir etwas Licht dagegen! Kaempferts Ruhm sei ihm unbenommen. Er hat ihn sich auf seine Weise verdient. Diese Geschichte ist längst geschrieben. Und Rehbein war für sich selbst verantwortlich.

      Boettcher stellt in seiner Kaempfert-Biografie am Anfang folgende Frage: »Wie kam es aber dazu, dass der damals dem Namen nach unbekannte Produzent und Bandleader aus seiner Anonymität herausgehoben wurde und sich in den Vereinigten Staaten gegen die Konkurrenz weltbekannter Orchester behaupten konnte? Wer war dieser zurückhaltende Mann, dessen zahlreiche Evergreens bis heute unvergessen sind? Was ist dran an den jahrelangen Gerüchten, Strangers In The Night hätte ein anderer komponiert? Warum starb Bert Kaempfert im Alter von erst 56 Jahren? Vielleicht kann diese Biografie etwas Licht in das Dunkel bringen.«

      Dies ist nun Rehbeins Geschichte.

      Prolog

      Das Haus steht an einem Hang. Ich gehe darauf zu. Links sehe ich das villenartige Gebäude eines Nobelrestaurants, dessen Fenster beleuchtet sind. Die Garage, die zu dem Haus gehört, ist verschlossen. Nacht. Hinter mir fährt eine Straßenbahn vorbei. Ich erreiche den Briefkasten. Er ist mit H. R. angeschrieben. Eine Steintreppe führt zur Haustür.

      Ich bleibe einen Moment lang stehen. Kein Mensch ist zu sehen. Meine Hand berührt die Haustür. Sie ist unverschlossen, geht auf. Im Flur brennt Licht. Ich biege links ab, komme am Fuß einer Holztreppe vorbei, betrete ein Zimmer, in dem hellblaue Polstermöbel stehen. Farbige Bilder an den Wänden. Direkt vor mir führt eine Glastür nach draußen, wo die Dunkelheit der Nacht wie eine schwarze Fläche ruht.

      Ich wende mich ab und steige die Treppe hoch. Bad, Zimmer, Schlafzimmer, ein kleines Zimmer, und wieder Treppe, einen Stock höher.

      Der Raum direkt unter dem Dach ist lang. Ich trete ein. Rechts, direkt an der Wand neben der Tür, steht ein Klavier. Auf dem Boden liegen Notenblätter. Auf einem Tisch steht ein Spulen-Tonbandgerät. Das erhöhte Fenster reflektiert das Licht der Deckenlampe. Hinter den Scheiben liegen die Dächer der Stadt. Wie sehr hatte er diesen Ausblick gemocht!

      Die Stille hier drinnen ist unerträglich. Ich strecke die Hand aus, will den Klavierdeckel anheben, lasse es bleiben.

      Langsam steige ich die Treppe hinunter. Die Tür des kleinen Zimmers steht offen. Näharbeiten liegen herum. An der einen Wand hängen Fotografien, alle mit Widmungen versehen, meist schwarze, geschwungene Schriften, die teilweise übers halbe Bild hinwegfliegen.

      Plötzlich ertönt eine gesungene Melodie. Laut bricht es durch die Wände, rollt wie Wind die Treppe hoch, fließt von oben die Treppe herab, strömt durch offen stehende und geschlossene Türen.

       Strangers in the night exchanging glances, wond’ring in the night what were the chances, we’d be sharing love before the night was through.

      Ich gehe ins untere Stockwerk, steige weiter in den Keller hinunter. Dort gibt es, da das Haus in einen Hang gebaut ist, eine Tür zur weiter vorne liegenden Garage.

      Die Musik klingt unvermindert laut weiter. In der Garage steht ein dunkelroter Jaguar.

      »Herbert!«, rufe ich. »Bist du da?«

      Nur Musik.

      Ich gehe nach oben. Es ist Zeit, um das Haus zu verlassen.

       Strangers in the night, two lonely people we were. Strangers in the night up to the moment, when we said our first hello.

      Draußen tauche ich in Stille ein. Die Tür hat die Musik wie eine Schleuse abgeschnitten. Nach einigen Schritten drehe ich mich um. Das Fenster oben unter dem Dach ist hell.

      Er lebt, denke ich. Und es hat ihn umgebracht.

      Gespräch mit Ruth

      Wir sitzen auf der Veranda hinter dem Haus und essen italienische Teigwaren. Leichte Kost, wie Ruth sagt. Es ist August, und seit Tagen rollen wir die Vergangenheit auf. Manchmal rennen die Hunde die Hecke entlang, bellen wie verrückt und sind kaum zu beruhigen. Die Gespräche spannen sich um ein ganzes Leben. Vieles habe ich gekannt. Neues kommt hinzu, füllt Lücken oder verwirrt. Oft geraten die Zeiten durcheinander. Alte Gefühle tauchen auf, wir suchen nach Worten, nach Wahrheiten, die in uns klar sind. Es ist nicht leicht, alles zu ordnen. Es ist ein warmer Sommerabend. Die Hunde haben sich beruhigt.

      Wir trinken Tee, lehnen uns zurück, genießen den Garten.

      »Sie waren wie Brüder«, sagt Ruth. Und fügt hinzu: »Vielleicht wie Kain und Abel.«

      »Dann hat der eine den anderen umgebracht?«, frage ich.

      »Nein«, antwortet Ruth. »So kann man es nicht sehen.« Sie denkt nach. »Es bestand eine starke Beziehung zwischen den beiden. Das lief jahrelang so. Und als Herbert sich endlich von ›Fips‹ (Kaempfert wurde von Freunden Fips genannt) lösen wollte, war es zu spät. Beide wollten sich voneinander lösen, doch es funktionierte nicht.«

      »Warum nicht?«

      »Es war wie bei einem alten Ehepaar: Keiner will den anderen mehr sehen, und trotzdem bleiben sie zusammen, vielleicht weil es einfach die beste Lösung ist.«

      Ich schweige.

      »Für Herbert war der Erfolg nicht so wichtig«, sagt Ruth. »Es war für ihn so etwas wie ein Freiraum. Darüber hinaus wollte er nichts. Dass er die ganzen Jahre hinter Fips stand, machte ihm im Grunde nichts aus. Bis auf diese Geschichten ...«

      Wir schweigen.

      »Weißt du, was Herbert einmal sagte?«, fragt Ruth plötzlich. »Gutmütigkeit wird oft mit Dummheit gleichgesetzt. Herbert war nicht dumm. Darum kränkte es ihn mehr, dass er in seiner Gutmütigkeit betrogen wurde.«

      »Aber er überspielte das auch, oder?«

      »Ja. Vergessen hat er es jedoch nie.«

      »Und das nagte in ihm.«

      »Ja, es nagte in ihm, bis zuletzt. Der letzte Vorfall geschah noch wenige Tage vor seinem Tod.«

      Davon später.

      »Wie

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