STRANGERS IN THE NIGHT. Jon Pan

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STRANGERS IN THE NIGHT - Jon Pan

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Das Konzert fand in dem Saal in Pancevo statt, in dem Rehbein mit seinen Musikern den ersten Auftritt gehabt hatte.

      Zu seiner Überraschung sah Rehbein, dass Schubert im »Gefangenen-Unterhaltungsorchester Belgrad« als Schlagzeuger und Conférencier mitwirkte.

      Schubert entdeckte Rehbein im Publikum und holte ihn nach dem Konzert hinter die Bühne. Dort stellte er ihn Ziko vor. Rehbein erfuhr, dass Schubert der Mann war, den die Kommandantur in Belgrad mit der Besetzung des nunmehr einzigen Kriegsgefangenen-Orchesters beauftragt hatte. Rehbein wusste, dass dies eine gute Chance für ihr war. Er musste in dieses Orchester aufgenommen werden. Heinz Schubert – von Ziko protegiert – tat sein Bestes.

      Der Entscheid der Kommandantur in Belgrad fiel schneller als erwartet. Rehbein, der Posaunist Otto Ludwig und der Fagottist Henschel wurden nach Senjak versetzt, wo sie nun Mitglieder des »Gefangenen-Unterhaltungsorchester Belgrad« wurden.

      Das Lager Senjak bestand aus drei großen Baracken und einem als Kommandantur dienenden Steinhaus, in dem sich die Wachmannschaften, aber auch einige Deutsche wie der Lagerarzt, ein Apotheker, die Friseure und das Küchenpersonal einquartiert hatten. In einem zweiten, wesentlich besser gebauten Haus wohnten der Kommandant und der Kommissar. Das ganze Areal war mit Stacheldraht umzäunt und wurde von jugoslawischen Posten bewacht.

      Geprobt wurde im Steinhaus, in dessen Dachstock die Musiker auch schliefen. Rehbein spielte die Geige. Mit den Arrangements hatte er nichts zu tun. Das war Sache des musikalischen Leiters Alfred Schindler.

      Das »Gefangenen-Unterhaltungsorchester Belgrad« gastierte in regelmäßigen Abständen in den verschiedenen Lagern und Außenstellen. Eine solche Tournee dauerte etwa einen Monat. Dann fing alles wieder von vorne an.

      Rehbein begegnete Edmund Koetscher das erste Mal im Dachzimmer des Steinhauses. Koetscher saß nackt auf einem der drei Bänke, die um den dortigen Kachelofen gruppiert waren, und zupfte an einer Geige. Koetschers Großvater war Geiger unter Liszt und Wagner gewesen. Koetscher selbst hatte bereits große Erfolge geschrieben, unter anderem Dorfmusikanten und Sensation. Nach dem Krieg sollte er seine Karriere fortsetzen und mit seiner Liechtensteinerpolka einen Welterfolg landen.

      Rehbein verstand sich mit Koetscher nicht besonders, schon weil ihm dessen Musik zu platt war. Koetscher gab Rehbein aber den Tipp, sich bei Radio Belgrad zu bewerben. Dort wurde beim großen Unterhaltungsorchester, unter der Leitung von Herrn Gutescha, ein Konzertmeister gesucht.

      Rehbein und der Posaunist Otto Ludwig bewarben sich mit Erlaubnis des Lagerkommandanten bei Radio Belgrad. Sie wurden zum Probespielen eingeladen. Heinz Schubert, der die beiden begleiten durfte, erinnert sich: »Ich werde nie vergessen, wie Otto Ludwig mit einer ganz alten Ventilposaune ankam, auf der er erstaunlicherweise ganz toll spielen konnte. Er blies aus der Ouvertüre zur Bagatelle den Solopart eines Cellos, was Herrn Gutescha sehr gut gefiel.«

      Rehbein trug Passagen aus dem A-Dur-Konzert von Mozart vor. Gutescha war angesichts seiner musikalischen Fähigkeiten beeindruckt. Damit war Herbert Rehbein als Erster Geiger und Konzertmeister beim großen Unterhaltungsorchester von Radio Belgrad engagiert. Kriegsgefangener blieb er nach wie vor. Doch das war jetzt kaum noch der Rede wert.

      Rehbein ging jeden Tag vom Lager Senjak aus zu seiner Arbeit als Konzertmeister in den Radiosender Belgrad. Von den Musikern dort wurde er schnell respektiert. Er hatte das sichere Gespür für Arrangements und verstand es auch, ohne Aufdringlichkeit mit den Mitspielern um zugehen. Es darf nicht vergessen werden, dass er sich inmitten von slawischen Geigern aufhielt, die teilweise eine geradezu teuflische Spielfertigkeit besaßen.

      Gutescha von Radio Belgrad bemühte sich bald darum, Rehbein und Otto Ludwig aus dem Lager Senjak zu holen und eine Unterkunft in der Stadt zu organisieren.

      Rehbein und Schubert, der inzwischen auch außerhalb des Lagers wohnte, verabredeten sich nun oft. Schubert hatte durch Edmund Koetscher ein Turmzimmer in einem herrschaftlichen Haus gefunden. Über der Tür hing ein Schild, auf dem »Schubertstüberl« stand. Dieses Zimmer wurde in Belgrad unter den deutschen Musikern bekannt. Auch Rehbein war dort als ständiger Gast anzutreffen.

      Für Rehbein war die Arbeit als Konzertmeister beim Radiosender wichtig. Das allein genügte ihm aber nicht. Schubert weiß dazu Folgendes: »Auf Grund der guten Beziehungen, die Herbert zu den Musikern und anderen Leuten hatte, kam er eines Tages zu mir und sagte: ›Pass mal auf, wir wollen jetzt eine kleine Besetzung aufmachen, vielleicht mit vier, fünf Mann.‹ Rehbein hatte die Absicht, auf diese Weise in Tanzlokalen oder an sonstigen Veranstaltungen aufzutreten, natürlich um dabei auch zusätzlich etwas zu verdienen. Gesagt und getan. Wir fanden einige Musiker, die mitmachen wollten. Es waren alles Deutsche, darunter Otto Ludwig mit der Posaune, Herbert spielte Geige und ab und zu Klarinette, am Flügel saß ein ehemaliger Kapellmeister, unser Freund Teschendorf, den wir schon vom Lager kannten und der mitunter auch bei Radio Belgrad als Arrangeur tätig war. Ergänzt wurde die Besetzung durch einen Bandoneonspieler, einen Gitarristen und einen Trompeter. Für mich selber wurde ein Schlagzeug besorgt, und somit waren wir komplett.« Mit dieser Besetzung spielten die Musiker um Rehbein nun zu Veranstaltungen beim »Klub deutscher Schaffender«.

      Durch eine weitere Verbindung bot sich die Möglichkeit an, im früheren »Ruski Zar«, einer bekannten Bar im Zentrum von Belgrad, die halb in einem Keller lag, aufzutreten. Es war ein vornehmes Lokal. Dort spielte Rehbein und seine Leute jeweils an den Wochenenden, wobei die Gage nach Mitternacht verdoppelt wurde. Diese Auftritte dauerten meistens bis morgens um vier Uhr.

      Schubert dazu: »Die flotte Musik, die wir unter der Leitung von Herbert machten, zog viele Menschen an. Schon bevor das Lokal öffnete, standen viele davor. Einmal wurde sogar eine Schaufensterscheibe eingedrückt und die Polizei musste eingreifen.«

      Es kam öfter vor, dass die Musiker von Samstagabend bis am Sonntagmorgen um vier Uhr im ehemaligen Ruski Zar auftraten und wenige Stunden später im anderen Stadtteil zum Frühstück spielen mussten. Manchmal gab es auch am Sonntagnachmittag noch ein Engagement, und am Abend war Rehbeins Besetzung wieder im Ruski Zar anzutreffen. Die Instrumente wurden nicht selten zu Fuß transportiert, was für Schubert als Schlagzeuger nicht immer unproblematisch war. Für weitere Strecken mieteten sie eine Pferdekutsche.

      Die Zeit der Gefangenschaft in Jugoslawien hatte einige schillernde Figuren hervorgebracht. Im Kampf ums Überleben zeigte sich bei einigen Menschen ein besonders ausgeprägter Charakterzug, der auf viele wie ein Magnet wirkte. Rehbein gehörte sicher nicht zu der Sorte, die sich mit plakativem Glanz umgaben. Er war nicht laut, nicht schrill, kein Händler, keine Krämerseele, nichts dergleichen. Sein Verhältnis zur Musik bestimmte sein Leben. Und alles, was er in den Jahren seiner Kriegsgefangenschaft erreicht hatte, wurde daraus genährt.

      Für Rehbein hätten in Jugoslawien viele Wege offen gestanden. Doch er wollte nach Deutschland zurück. Seiner Mutter, mit der er brieflichen Kontakt hatte, ging es schlecht. Sie wäre froh gewesen, ihren einzigen noch lebenden Sohn bei sich zu haben. Rehbein war aber noch immer jugoslawischer Kriegsgefangener. Auch Schubert, in derselben Situation, hatte den Wunsch, endlich wieder in seine Heimat zurückkehren zu können. Er erinnert sich:

      »Im Sommer 1949 – ich glaube, es war Ende Juni – erfuhren wir, dass Ende Juli durch das Rote Kreuz ein letzter Transport mit entlassenen Gefangenen nach Deutschland gehen sollte. Herbert und ich beschlossen, da mitzufahren. Wir wollten etwas unternehmen, damit man uns gehen ließ. Herbert sprach mit Herrn Gutescha von Radio Belgrad. Der war sehr zugänglich, hielt große Stücke auf ihn und schrieb eine entsprechende Bescheinigung. Damit ging Herbert zum Roten Kreuz und wurde für diesen Transport gebucht.«

      Bei Schubert selbst war es nicht so einfach, denn sein Vertrag lief für zwei Jahre. Er hatte auch nicht die Möglichkeit, mit seinem Vorgesetzten zu reden. Also besorgte

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