STRANGERS IN THE NIGHT. Jon Pan

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STRANGERS IN THE NIGHT - Jon Pan

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sie. »Das beruhte auf Gegenseitigkeit. Mit seiner Frau Hanne entwickelte sich das problematischer. Sie hatte einmal einen enormen Wortschatz. Hochdeutsch war für mich ja eine Fremdsprache, in der ich nicht so schnell reagieren konnte. Und bei Hanne musste man reagieren, denn sie suchte diese verbale Form von Auseinandersetzung. Sie verstand es, mich in Situationen zu bringen, in denen ich mich irgendwann hilflos fühlte. Sicher nutzte sie das nicht aus, denn sie sprach auch so mit Herbert und Fips. Heute könnte ich besser damit umgehen. Dafür war ich damals zu jung. Ich befand mich plötzlich in einem Kreis von Menschen, die alle – schon vom Krieg her – viel erlebt hatten. Auch Hanne hatte viel durchgemacht, in Berlin, nach dem Krieg, als die Russen ihren Sieg auskosteten. Ich kam aus der Schweiz, wo es mir immer recht gut gegangen war. Herbert, Fips und Hanne mussten ums Überleben kämpfen, wovon ich keine Ahnung hatte. Allein schon deshalb wollte oder konnte sie mich nicht akzeptieren.«

      »Darum auch dieser Ehrgeiz bei den Kaempferts?«, frage ich.

      »Richtig«, bestätigt Ruth. »Solche Erlebnisse formen gewisse Menschen. Kaempferts wollten raus aus dem Dreck. Hanne wollte eine tolle Wohnung. Es war ihr gleichgültig, ob ein Tisch mehr kostete als Fips im Moment verdiente. Dann gab es eben nichts zu essen. Ihr Kommentar dazu: ›Wenn du nichts arbeitest, hast du nichts zu essen.‹«

      »Das klingt hart.«

      »Sie war hart. Sie verglich sich mit einer aggressiven Journalistin aus Berlin – eine Art Elsa Maxwell –, die ganz schön die Leute in der Hand hatte. Hanne hatte mir auch in bezug auf Herbert gedroht. Klar und deutlich: Ich müsse aufpassen, sonst mache sie mich fertig! So in dem Sinn, dass sie es nicht zuließe, wenn ich ihm irgendwie schaden würde.«

      »Steckte Eifersucht dahinter?«

      »Herbert kam damals mit mir als junges Ding an«, erinnert sich Ruth. »Das hat sie sicher gestört. Doch sie war einfach so. Es war für mich schwer, mit ihr zurechtzukommen. Was ich von Fips nicht sagen kann.«

      »Du mochtest Fips also?«

      »Ja.«

      »Trotz der ganzen Betrügereien?«

      »Damals gab es ja noch nichts, das man ihm hätte vorwerfen können.«

      »Und später?«, frage ich weiter.

      »Fips hat das vielleicht alles ja auch nicht gewollt«, antwortet mir Ruth. »Irgendwann konnte er nicht mehr zurück. Er hätte einfach zu viel zugeben müssen. Und er wurde auch von den Amerikanern gedrängt, von dem Verleger und Manager Hal Fein und dem Produzenten Milt Gabler.«

      »Herbert hat früher einmal gesagt: Eines Tages werde ich eine Nummer für Sinatra schreiben. Kaempfert hat ihm das dann im richtigen Moment ermöglicht. Nimmt diese Tatsache den ganzen Vorfällen ein bisschen den Schrecken? Ich meine: Strangers In The Night ist der SinatraHit überhaupt. Auch wenn das Sinatra selber nie richtig zugab (es störte ihn, dass die Nummer aus deutscher Hand kam). Aber Strangers ist eine der berühmtesten Nummern in der Unterhaltungsmusik.«

      »Es schaffte ihn dermaßen ...« Ruth wirkt nachdenklich. »Er konnte das Ding nicht mehr hören, ›diese Scheißnummer‹, wie er sagte.«

      »War es denn wirklich die Geschäftspolitik der Amerikaner, die Kaempfert in diese Rolle drängte?«, will ich wissen.

      »Die wollten eben eine Kaempfert-Filmmusik und keine Rehbein-Filmmusik. Und für Herbert war es natürlich eine einmalige Chance, eine Filmmusik zu schreiben. Da hat doch kein Mensch an Sinatra oder gar einen Hit gedacht. Das lief einfach und kam völlig anders heraus.«

      »Kaempfert ist im entscheidenden Moment aber nicht für seinen Freund eingestanden«, werfe ich ein.

      »Fips hielt Herbert bewusst materiell dumm, wenn man das so sagen kann«, fährt Ruth fort. »Er nutzte gezielt seine Schwächen aus. Musikalisch, literarisch und in vielen anderen Dingen war Herbert Fips total überlegen.«

      »Was waren diese Schwächen, die Kaempfert ausnutzte?«

      »Herberts Desinteresse an materiellen Dingen«, erklärt Ruth. »Wenn unser Konto leer war, sagte er: ›Na ja, es kommt ja wieder was herein.‹ Es interessierte ihn auch nicht, wie viel Geld ich jeweils abhob. Er ging einmal zur Bank, um eine kleinere Summe für ein Weihnachtsgeschenk abzuheben. Da ihn dort niemand kannte, musste er seinen Pass zeigen. Das war ihm zu viel, und er sagte zu mir: ›Auf diese Bank gehe ich nie mehr.‹ So war das einfach. «

      »Das war seine Mentalität«, sage ich, »wie ich sie auch an ihm erlebt habe. Geschäftliche Sachen interessierten ihn nicht.«

      »Er hätte einfach nicht die Kraft gehabt, sich mit den Leuten aus der harten Geschäftswelt herumzuschlagen. Fips konnte das, er war wie geschaffen dafür. Wäre Fips selber nicht so clever gewesen, hätten ihn andere – zum Beispiel Hal Fein – beschissen.«

      »Das war Herbert zu profan?«

      »Es war unwichtig für ihn. Er dachte nicht so. Das zeigt sich auch darin: Wenn ich ihm mal sagte, ›Wasch doch das Auto‹, antwortete er: ›Was soll das! Bring den Wagen zum Waschen. In dieser Zeit schreibe ich eine Nummer.‹ Diese alltäglichen Dinge waren für ihn Nebensächlichkeiten. Und wenn das jemand weiß, kann er das natürlich bewusst ausnutzen.«

      »Die erste Begegnung zwischen Herbert und Kaempfert ist ja bezeichnend für ihr späteres Verhältnis.«

      »Richtig«, bestätigt mir Ruth. »Diese erste Begegnung ist typisch. Kaum war der Krieg vorbei, hatte Fips schon ein Motorrad. Herbert kam mit dem Geigenkasten an. Fips: ›Mensch, wo musst denn du hin? Komm, kannst aufsitzen.‹ Dort zeigte sich schon alles. Herbert sitzt hinten, den Geigenkasten unter dem Arm, Fips sitzt vorne am Steuer. So ging das mit den beiden ein Leben lang weiter, denn Fips saß immer am Steuer und ließ es nie los.«

      »Es war ein hoher Preis, den Rehbein für diese Abhängigkeit zahlte.«

      »Hanne sagte mir einmal«, erinnert sich Ruth, »dass Herbert ihr eigentlich den Mann weggenommen habe. Verstehst du, was ich meine? Fips war in gewisser Weise mehr daran interessiert, diese führsorgende Stellung bei Herbert als bei seiner Frau einzunehmen. In diesem Bereich fühlte er sich seinem Freund gegenüber sehr verpflichtet.«

      »Und was war deine Rolle in diesem Spiel?«, frage ich Ruth.

      »Ich darf sagen, dass ich Herbert vor einigen Situationen bewahrt habe. Er konnte sich manchmal für jemanden begeistern, und ich spürte intuitiv, dass ein solcher Kontakt gefährlich werden könnte. Da sagte ich ihm dann: ›Pass auf!‹«

      »Warum bei Kaempfert nicht?«

      »Weil das eben alles nicht vorhersehbar gewesen ist. Obwohl es Situationen gab, in denen ich klar erkannte, was gespielt wurde. So auch bei der Sache mit Strangers In The Night. Und trotzdem kam dann alles so, wie es wohl hat kommen müssen.«

      Gib dem Menschen eine Uniform ...

      Herbert Rehbein, geboren am 15. April 1922 in Hamburg, wuchs in einer bürgerlichen Umgebung auf, liebevolle Mutter, Vater Polizeibeamter, ein jüngerer Bruder. Schon früh hatte er den Wunsch, ein Instrument zu spielen. Ein Klavier, das er gerne gehabt hätte, war zu teuer. Er bekam eine Geige. Die Auflage lautete: Schule an erster Stelle, dann erst die Musik! Rehbein schaffte prompt das Abitur nicht. Dafür erhielt er ein Stipendium und fing im Vogtschen Konservatorium in Hamburg ein Musikstudium an.

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