mit Machen. Hermann Brünjes

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mit Machen - Hermann Brünjes mit Geist, Herz und Theologie

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Buch ist kein theologisches Fachbuch. Es ist für geistlich interessierte Normalchristen geschrieben und für jene, die ihr Denken und Leben möglichst reflektiert angehen möchten. Was beim Thema »Nachfolge« und »Tun des Glaubens« für uns alle eine Herausforderung ist, egal wie belesen, erfahren und theologisch vorgebildet wir sind, ist ein übles Missverständnis. Es lautet: Machbarkeit.

      »Yes, we can!«

      Schnell wird dieser Slogan von Barack Obama für eine falsch verstandene Motivationstheologie missbraucht. So unter dem Motto: Wenn wir es nur anpacken, natürlich richtig und engagiert, dann packen wir es! Es liegt an dir! Wir schaffen das! Selbst ist der Mann! Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott!

      Damit wir in dieser Falle nicht festsitzen, gefangen und geknebelt werden, sind saubere Differenzierungen erforderlich. Was sind die Indikative (Aussagen, Feststellungen) und was die Imperative (Aufforderungen, Befehle)? Was kann nur Gott allein tun, was überlässt er ganz und gar uns und wo fordert er uns zu partnerschaftlicher Kooperation heraus? Was sind die Voraussetzungen für unser Handeln, was die konkreten Handlungsformen und was die Ergebnisse? Was kann und muss ich als Einzelner tun, was geht nur gemeinsam mit anderen?

      Diese und weitere Unterscheidungen sind unverzichtbar, wollen wir nicht Nachfolge Jesu mit Aktionismus verwechseln und vertrauensvollen Gehorsam des Glaubens mit regelkonformem Moralismus. Wir werden im Folgenden noch sehr oft darauf zu achten haben, dass die Falle der Machbarkeit nicht zuschnappt.

      Dabei hilfreich ist generell das Gespräch über das Gelesene in einer Gruppe. Wenn Sie mögen, können Sie für sich allein oder zusammen mit anderen (z.B. im Haus- oder Gesprächskreis) die mit ✪Sternchen gekennzeichneten Anregungen aufnehmen. Wenn ein Gebet so markiert ist – beten Sie gerne mit.

       ✪Gleich zu Beginn können Sie ja einmal für sich selbst, aber auch gemeinsam mit anderen überlegen, wo und ob Sie überhaupt in unserem Thema eine Herausforderung oder Provokation entdecken.

      1. Was wirklich zählt ...

      »So will ich nicht enden!« Dies war mein Fazit nach der Teilnahme an einem Treffen pensionierter Pastoren. Ich war frisch »im Dienst« und hatte mich auf die Begegnung mit den erfahrenen Brüdern gefreut (ja, damals waren wohl noch gar keine »Schwestern« dabei). Ich wollte lernen. Hier trafen sich die bewährten Streiter für das Evangelium.

      Und ich lernte – vor allem wie ich nicht enden wollte.

      Die Referate und vorgestellten Gedanken zu biblischen Texten waren prima, teilweise sogar brillant. Die lang angelegte Vorstellungsrunde zerstörte meine Achtung und gedankliche Inspiration dann allerdings wie eine Signalstörung bei Gewitter ein buntes, schönes Fernseherlebnis. Ja, es hat mir irgendwie wehgetan. Je mehr der Brüder von sich erzählten, zerbrachen meine Illusionen. »Ich bin noch dreimal die Woche in Haus- und Bibelkreisen.« »Einmal im Monat predige ich und leite den Männerkreis.« »Ich begleite ein Hospiz.« »Ich mache noch mindestens drei Familienfreizeiten im Jahr.« Neben unterschiedlichen Namen und beruflich vergleichbarem Werdegang bekam ich interessante Informationen über die Brüder – aber im Prinzip wiederholte es sich. Sie alle erzählten von dem, was sie einmal gemacht hatten oder eben noch machten, taten und leisteten. »Ich mache in Friedland (ehemaliges Übergangslager für Aussiedler) noch über 360 Andachten und Gottesdienste im Jahr.« Dieses Statement schoss für mich den Vogel ab.

      Wo war ich hier gelandet? Bei einer Preisverleihung für pastorale Höchstleistungen? Auf einer Bewerbungsplattform für Prediger, die sich durch möglichst viele Einsätze auszeichnen und unentbehrlich sind? Beim Eurovision-Prediger-Contest, wo der Beste gewinnt?

      Nein, das waren Ruheständler, Emeriti (= entpflichtete Pastoren)! Allerdings mit i.R., »in Rotation« statt »im Ruhestand«. Als Berufsanfänger sträubten sich mir die Haare.

      Hatten diese Männer Gottes denn überhaupt nichts begriffen? Hatten sie je verstanden, was sie (vermutlich) selbst gepredigt haben? Allein aus Gnade. Allein der Glaube. Allein Jesus. War das nicht Inhalt, Grund und Perspektive unseres Glaubens? Jene so oft vorgetragene stolze reformatorische Formel von der »Rechtfertigung allein aus Gnade und nicht aus den Werken!« – war dies alles an meinen alten, ach sonst so lutherischen Brüdern vorübergegangen?

      Heute kann ich mit diesen Kollegen etwas barmherziger und verständnisvoller umgehen. Es ist wirklich schwer, sich ohne den Hinweis auf sein Tun und Machen zu definieren.

      ✪Probieren Sie es gerne einmal aus und beschreiben Sie sich, ohne Ihr Handeln und Wirken ins Spiel zu bringen.

      Lassen Sie Ihr berufliches Wirken einmal gänzlich weg. Auch Ihre Verdienste im Verein, in der Kirchengemeinde und im Sport verschweigen Sie. Sie zählen nicht auf, wie sehr Ihre Kinder Sie brauchen oder Ihre Enkel und was Sie für Ihre Familie alles investieren. Sie zeigen keine Fotos von Ihrem Haus und Ihrem Garten herum und auch nicht von jenem teuren Hotel, das Sie sich im Sommerurlaub leisten. Sie beweisen auch nicht, wie toll Sie Klavier spielen, singen oder kochen können. Alles, was Ihr Verdienst ist, lassen Sie weg ... und schon fragen Sie sich vermutlich, was eigentlich noch übrig bleibt.

      Worüber definiere ich mich? Was macht mich wichtig und wertvoll? Was zeichnet mich aus? Was verschafft mir Anerkennung und was macht meinen Wert aus?

      Schnell landen wir bei der Antwort auf diese Fragen bei Dingen, die wir gemacht und geschafft haben. Dann geht es uns unversehens nicht anders als jenen pensionierten Pastoren. Solange wir noch atmen können, versuchen wir, uns über das zu definieren, was wir (noch) schaffen oder geschafft haben. Das Haus, das Segelboot, das Pferd. Das Sparguthaben, die Firma, eine tolle Gemeindearbeit. Die Anzahl der geschriebenen Bücher, das Elektroauto, die vielen gut geratenen Kinder.

      Allein aus Gnade

      Eine reformatorisch verstandene Theologie der Rechtfertigung bedarf solcher Aufzählungen nicht. Sie setzt völlig anders an. Sie setzt bei dem an, was Christus für uns geschafft, gemacht und getan hat.

      Als evangelische Christen wissen wir das natürlich. Wir bekennen mit dem Apostel Paulus und dem Reformator Luther, dass wird »ohne unseren Verdienst und unsere Werke gerecht werden« (Rö. 3,24+28). Jesus Christus hat alles getan. Allein aus Gnade werden wir gerettet. Das ist für viele von uns alltägliches Basiswissen. Wir setzen es voraus. Zu Recht!

      Der Evangelist Matthäus formuliert an zentraler Stelle in der Bergpredigt einen wichtigen Satz:

      »Ich sage euch: Es sei denn eure Gerechtigkeit besser als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.« (Mt. 5,20)

      Theologen aller Generationen haben darüber debattiert, was mit dieser »besseren Gerechtigkeit« wohl gemeint sei. Sollen wir Gebote und Regeln noch gewissenhafter einhalten als die Frommen von damals? Und noch pedantischer auf deren Umsetzung achten? Sollen wir die Fehler vermeiden, die in der Bibel angeprangert werden und z. B. Gottesdienste ohne »Geplärr der Lieder« feiern (Amos 5,23) oder fromme Heuchelei vermeiden, wie jene Eiferer sie praktizieren, die Jesus als »übertünchte Gräber« bezeichnet (Mt. 23,27)? Geht es primär um die Verbesserung unserer Gottesbeziehung oder eher um die Perfektionierung unseres Lebenswandels?

      Nein!

      Die »bessere Gerechtigkeit« setzt woanders an.

      Sie setzt nicht bei mir selbst an, weder bei meiner Frömmigkeit noch bei meinen guten Taten, weder bei meiner Rechtschaffenheit noch bei meiner

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