mit Machen. Hermann Brünjes

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mit Machen - Hermann Brünjes mit Geist, Herz und Theologie

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komme«, wie unser Vers sagt.

      Folglich muss ich all das, was ich mache, auch nicht aufzählen, um meine Bedeutung zu betonen. Mag sein, dass ich damit in einem Pfarrkonvent oder im Jugend- oder Gesprächskreis beeindrucke, dass ich von Zuhörern und Lesern bewundert werde und meine Nachbarn und Kollegen mich sogar beneiden – Gott jedoch lässt sich nicht täuschen.

      Vermutlich schüttelt er eher mit dem Kopf, wie ich damals bei jenem Pastorentreffen. »Was soll das? Meinst du, damit sammelst du bei mir Punkte? Und wenn dein Konto voll ist, dann schließe ich dir den Himmel auf? Oder du kriegst einen Platz in der Loge? Meinst du, ich vergebe Noten wie ein Lehrer in der Schule und am Ende heißt es: ersetzt ins Himmelreich? Oder ich veranstalte eine christliche Miss-Wahl und bewerte deine Leistungen und Verdienste? Du Narr!«

      Na ja, so oder ähnlich könnte ich mir die Reaktion Gottes vorstellen. Kopfschütteln. Oder mehr als das: Gott leidet. Der Vater allen Lebens fühlt sich völlig falsch verstanden. »Kind, was machst du da? Was für ein Bild hast du bloß von mir? Bin ich aus deiner Sicht so gemein, dass ich dich ständig antreibe, besser zu werden? Meinst du, es ginge um artiges Verhalten, brav sein und Pflichterfüllung? Oder um großartige Titel, Besitz, Ruhm und Vorzeigeprojekte? Oder um neue Rekorde beim Erklimmen moralischer Höchstleistungen? Oh mein Kind, wie wenig hast du doch begriffen!«

      Ich gehe davon aus, dass Sie, jedenfalls wenn Sie sich im Kontext von Kirche und Gemeinde bewegen, längst verstanden haben, worin unser »reformatorisches Erbe« besteht. »Allein aus Gnade« ist der Schlüssel zum Verständnis der »besseren Gerechtigkeit«.

      »Gnade« ist ein Begriff aus dem Strafrecht. Jemand sitzt im Gefängnis, ist verurteilt – vielleicht sogar zum Tode. Sein Anwalt reicht den Antrag auf Begnadigung ein. Ob sie erteilt wird und ein Freispruch erfolgt, ist völlig offen.

      Interessant, spannend und großartig zugleich: Bei Gott ist der Ausgang ganz und gar nicht offen. »Gnade« beschreibt die Vor-Entscheidung des liebenden Vaters für seine Kinder. Ohne Wenn und Aber: Wir sind seine geliebten Kinder, egal was wir getan oder nicht getan haben. Wir gehören zu ihm, unabhängig von dem, was wir geleistet haben und was wir von damals oder heute in Vorstellungsrunden oder Grußworten mehr oder weniger ehrlich als unser Lebenswerk auflisten bzw. von anderen lobend gesagt bekommen.

       Gnade wird geschenkt – Gerechtigkeit kostet

      Noch etwas: Gnade ist gewissermaßen das Gegenteil von »Gerechtigkeit«. Auf Schuld steht Strafe. Das ist gerecht, dem Gesetz gemäß. Und das ist ja das Besondere am Evangelium: »Die Strafe liegt auf ihm!« (Jes. 53,5) Dieses alttestamentliche Wort haben die ersten Christen auf Jesus bezogen. Er hat das Gesetz erfüllt, weil er sich der Strafe nicht entzogen hat. Er hat die Konsequenzen getragen – bis hin zur Todesstrafe am Kreuz.

      Gnade ist völlig unverdient und umsonst. Ich kann und muss sie mir nicht erarbeiten und verdienen.

      Gerechtigkeit dagegen ist teuer. Sie kostet Jesus das Leben. Er übernimmt die Verantwortung gegenüber dem Gesetz Gottes – für Sie und mich.

      Allein durch Christus

      Wenn man die Bibel liest, ist es immer hilfreich zu fragen, wer das Gelesene gesagt, gemacht oder geschrieben hat. Oft erschließt sich erst durch solche Recherche die Kernaussage eines Bibelwortes. So auch hier in Matthäus 5,20.

      Matthäus zitiert Jesus selbst. Bei allen Diskussionen um Details: Zumindest Theologen in reformatorischer Tradition sind sich einig. Die »bessere Gerechtigkeit ist nicht die mehr oder weniger hart erarbeitete Akzeptanz Gottes, nicht der verdiente und in einem gottgefälligen Lebensstil begründete Lohn meines Lebens und auch nicht die Anerkennung Gottes für ein frommes, humanes und verantwortungsvoll geführtes Dasein – sondern die »bessere Gerechtigkeit ist jene, die Jesus Christus für uns erlangt hat. Er schenkt sie uns, er spricht sie uns zu.

      Es lohnt sich, eines der wichtigen Werke Dietrich Bonhoeffers zu diesem Thema zu lesen, das Buch »Nachfolge«. Dieser Mann war ja nicht nur ein Märtyrer, der im April 1945 wegen seiner Beteiligung am Attentat auf Hitler hingerichtet wurde und auch nicht nur ein tiefsinniger Dichter, der uns diesen schönen Text »Von guten Mächten wunderbar umgeben« hinterlassen hat. Bonhoeffer war vor allem ein begnadeter Theologe. In »Nachfolge« beschreibt er die bessere Gerechtigkeit eindrücklich. Er spricht von einer »geschenkten Gerechtigkeit«. Er macht deutlich, dass Jesus das göttliche Gesetz völlig erfüllt hat, auch den letzten Buchstaben und das »kleinste Tüpfelchen« (Mt. 5,18).

      Die Schriftgelehrten und Pharisäer hatten sich redlich bemüht, alles zu erfüllen, was Gott von ihnen forderte. Deshalb wurden sie damals als religiöse Führer und Vorbilder durchaus geachtet und akzeptiert.

      Ohne Zweifel, viele religiöse Eiferer verdienten Respekt – wenn sie nicht dem Wahn verfallen wären, sie könnten es von sich aus schaffen, Gott gefällig zu sein. Wenn sie nicht letztlich meinten, es läge an ihnen selbst und ihren guten und frommen Werken, den Himmel zu erreichen ... und am Ende bräuchte man vielleicht noch ein bisschen Vergebung für den letzten Rest nicht geschaffter Schuldlosigkeit. Und wieso sollte Gott solche Vergebung vorenthalten, war man doch ehrlich bemüht gewesen und schon so weit gekommen? ... Und am Ende bräuchte man nur noch eine kleine Portion von Gottes Gnade, um den letzten Schritt ins Himmelreich auch noch zu schaffen. Wieso sollte ein gerechter Gott seine Hand zurückziehen, bin ich doch die Leiter schon so hoch geklettert und habe es bis dahin allein geschafft?

      Der religiöse (oder humanistische) Eiferer will und muss es selbst schaffen. »Wer immer strebend sich bemüht, den können wir erlösen!«, so packt er sein Leben und seinen Glauben an und meint dabei noch, besonders christlich zu sein. Allerdings ist sein Motto kein Bibelvers, sondern ein Zitat des Humanisten Johann Wolfgang von Goethe, der diesen Satz in Faust zweiter Teil, Kapitel 63, einem Engel in den Mund legt. In der Bibel steht nichts davon.

       Jesus selbst ist die »bessere Gerechtigkeit«

      In Matthäus 5,20 ist von einer »besseren Gerechtigkeit« die Rede als jene, die von Selbsterlösung gekennzeichnet ist. Christen beziehen sich nicht auf die eigene, sondern auf eine fremde Gerechtigkeit. Dietrich Bonhoeffer schreibt: »Weil aber diese Gerechtigkeit nicht nur ein zu leistendes Gut, sondern die vollkommene und wahre persönliche Gottesgemeinschaft selbst ist, darum hat Jesus nicht nur die Gerechtigkeit, sondern er ist sie auch selbst.«

      Jesus hat den Willen Gottes nicht nur ohne Einschränkungen konsequent gelebt, er war bereits vorher völlig eins mit seinem Vater. Er verkörpert nicht nur die Liebe, sondern auch die Gerechtigkeit Gottes. Und deshalb ist er jene geschenkte »bessere Gerechtigkeit« in Person.

      Man kann es nicht radikal genug sagen: Nur durch Christus ist der Zugang zu Gott für uns Menschen offen. Er ist nicht Wegweiser, sondern Weg (Joh. 14,6), ist nicht Türöffner, sondern Tür (Joh. 10,9). Durch Christus ist das »Reich (Gottes) herbeigekommen.« (Mk. 1,15). »Das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.« (Mt. 4,17). In dieser immer wiederkehrenden und von allen Evangelisten bezeugten Verkündigung sprach Jesus genau genommen von sich selbst.

      Ich finde, »Himmel« ist eine wunderschöne biblische Metapher für das Reich Gottes und die Gemeinschaft mit dem Vater und Schöpfer allen Lebens. Was im Englischen »sky« genannt wird, ist damit natürlich nicht gemeint, sondern »heaven«. Der Himmel ist kein geografischer Ort, irgendwo »oben« im oder über dem Weltall. Himmel ist dort, wo Gott mit uns Gemeinschaft hat. Himmel ist dort, wo Jesus ist, weil er allein diese Gemeinschaft ermöglicht und schenkt. Und eben nur dort ist die »bessere Gerechtigkeit« zu haben.

      Auch Dietrich Bonhoeffer verknüpft die »bessere Gerechtigkeit« und Jesus Christus

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