mit Machen. Hermann Brünjes

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mit Machen - Hermann Brünjes mit Geist, Herz und Theologie

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Leben. Wir verteidigen es und erhalten es und wissen doch gleichzeitig, dass es irgendwann vergeht. Doch angenommen, Jesus hat den Tod tatsächlich überwunden und ihn durchbrochen – dann wäre eben dies eine, nein, die begründete Hoffnung auch für unser und mein Leben. Erst ein Leben, das der Tod nicht zerstört, trüge den Namen »Leben« zu Recht. Es bräuchte dann auch keine lebenserhaltenden Maßnahmen mehr, weil das Leben über den Tod hinaus ohnehin gesichert ist.

      Auferstehung. Ostern.

      Jesus sagt, dass man genau dieses Leben finden kann! In dieses Leben kann man eintauchen und es in Ewigkeit erleben.

      Wie das geht? Unser Vers weist die Richtung.

      Die einzig wirksame lebenserhaltende Maßnahme: Ich verliere mein Leben an Jesus Christus. Ich setzte alles auf ihn – auch den alten, irrtümlichen Lebensbegriff und das, an das ich mich im Moment festklammere wie an den berühmten rettenden Strohhalm.

      Wieder wird, wie vorhin beschrieben, differenziert: Das Leben wird geschenkt. Weder kann es noch muss es selbst gemacht werden. Aber man kann und muss es sich schenken lassen. Im Empfangen ist man aktiv beteiligt. Solches »Leben finden« hat eine konkrete Gestalt und eine sichtbare Form und jenes »sein Leben um Jesu willen verlieren« ist mit konkretem Handeln verbunden.

       Der Ruf in die Nachfolge

      Sehr gut sieht man dies an den Berufungsgeschichten der Jünger Jesu (z.B. Mt. 4,12f. oder Lk. 5,1f.). Sie beginnen jeweils mit einer Aufforderung Jesu. Diese eröffnet eine neue Lebenswirklichkeit. »Komm, folge mir nach!«

      Jesu Ruf zur Nachfolge war und ist keine Bitte. »Petrus, wenn du Lust hast, komm doch mit mir.« »Matthäus, bitte lass doch dein altes Leben hinter dir und folge mir nach.« »Nathanael, überleg es dir noch mal, lass dir Zeit.«

      Nein, Jesu Ruf war und ist eine Herausforderung, eine Ansage – wenn man so will ein Befehl. Entweder man steht auf und geht mit – oder nicht. Es gibt jetzt nur Ja oder Nein.

      Krass – oder? Ich denke, es lohnt sich, diese Radikalität einmal in Blick zu nehmen.

      Für uns in Deutschland ist Christsein von solcher Klarheit oft weit entfernt. Wir sind einfach so ins christliche Abendland hineingeboren. Manche haben den Glauben schon »mit der Muttermilch aufgesogen«, andere sind über Kinder- und Jugendarbeit in die Gemeinde gekommen. Wieder andere haben sich in einem Glaubenskurs oder auf einer Jugendfreizeit ganz bewusst für Jesus Christus entschieden. Da gibt es so viele Unterschiede, wie es Biografien gib. Und das ist gut so. Wenn wir anfangen, die Zugänge zum Glauben zu untersuchen und womöglich zu bewerten, kommen wir »in Teufels Küche« (die Redewendung stammt aus dem Mittelalter und meint das Fegefeuer, in dem man keine Zukunft hat). Es kann also nicht darum gehen, unsere Biografien und die Wege zum Glauben miteinander zu vergleichen und in Konkurrenz zu bringen.

      Auch die Art, wie wir zum Glauben einladen, unterscheidet sich von der klaren, rufenden Weise Jesu, jedenfalls in der Regel. Wir leben in einer freien Gesellschaft. Jede und jeder macht sich sein eigenes Bild und macht was er oder sie will. Ich entscheide, was und wem ich glaube, folge und hinterherlaufe. Alles andere wäre Manipulation und Nötigung. Folglich ist der Glaube ein Angebot. In unserer pluralistischen Gesellschaft ist er ein Angebot unter vielen. Die einzig legitime Form des Rufes zum Glauben an Christus ist die Einladung. Wir werden weiter hinten noch darüber sprechen. Eine offene Einladung mit viel Freiraum zur Entscheidung für oder gegen – anders kann ich mir heute nicht vorstellen, Menschen zum Glauben und in die Nachfolge zu rufen.

      

       Freiraum zur Entscheidung

      Wir sind heute vorsichtig, wollen Freiräume nicht einengen oder zerstören. Deshalb ist unsere Weise, vom Glauben zu reden, manchmal vage und unbestimmt. Vielleicht wird deshalb eine Entscheidung für Jesus Christus immer wieder eher behindert statt begünstigt. Ich denke etwa an eine junge Mitarbeiterin, die mir nach Jahren Jugendarbeit vorwarf, ihr nie gesagt zu haben, was sie denn tun soll, um Christin zu werden. Vielleicht war ich tatsächlich zu vorsichtig.

      Anders Jesus. Er macht klare Ansagen. Und jetzt entsteht ein Freiraum zur Entscheidung, den anzuschauen sich lohnt.

       1. Freiraum – nur weil Jesus ruft

      Erst seine Ansage, erst seine Einladung hat einen Raum für eine Entscheidung eröffnet. Wenn Jesus nicht ruft, nicht spricht und sich nicht zu Wort meldet, ergibt auch Nachfolge keinen Sinn. Wenn es nicht zu einer Begegnung mit ihm kommt, wäre jedes Aufgeben des alten Lebens Unsinn und jeder Gehorsam gegenüber Regeln und Forderungen wäre wieder nur Moralismus und Selbsterlösungsversuch.

      Seien wir also vorsichtig, sofort von einem »Freiraum zur Nachfolge« zu reden. Wir machen diesen Raum in der Regel an den Menschen fest, die sich selbst die Freiheit nehmen. Ich definiere, ob ich mich frei fühle oder nicht. Wir gestalten in unseren Veranstaltungen (hoffentlich!) eine offene Atmosphäre, damit Menschen sich wohl fühlen und frei ... Vorsicht! Natürlich ist es dem Evangelium angemessen, solche Wohlfühl-Räume zu schaffen und auf Druck zu verzichten. Aber unsere Arrangements mögen gut gemeint sein – den Freiraum zur Entscheidung für Jesus eröffnen sie letztlich nicht.

      Ihn bewirkt nur Jesus selbst. Es ist seine Gegenwart, es ist sein Wort, es ist seine persönliche Anrede, die Menschen vor die Entscheidung zur Nachfolge stellen. Und wieder entzieht sich das Wesentliche unserer Machbarkeit und treibt uns ins Gebet. Wir können die Einladung Jesu zum Glauben und in die Nachfolge aussprechen, können sie methodisch liebevoll und rhetorisch klar und freundlich einbetten – aber, dass Jesus dies alles zu seinem Ruf macht und dass sich nun so etwas wie »Berufung« ereignet, entzieht sich unserer Möglichkeit.

      Allerdings – um nicht völlig ohnmächtig zu erscheinen – ich gehe davon aus, dass Jesus wie versprochen jetzt, hier und heute handelt. Folglich sprechen wir Menschen an und rufen sie in die Nachfolge. Wir werden sehen, was passiert ...

       2. Anspruchsvoll herausgefordert

      »Freiraum« – was sich schnell ein bisschen wie »fromm, fröhlich und frei« anhört, entpuppt sich als Anspruch, als Forderung. Die Begegnung mit dem Ruf Jesu wird gewissermaßen spannend, im Sinne von spannungsgeladen. Man hält die Luft an. Was passiert nun? Wie geht es weiter? Wie entscheidet er oder sie sich? So lange sie ihren Weg weitergehen wie bisher, fehlt eine solche Spannung. Petrus fischt Fische. Nathanael pflegt seine jüdischen Traditionen. Paulus agiert ideologisch und praktisch gegen die christlichen Abweichler. Alles hat seine Ordnung. Bis Jesus spricht. Jetzt kommt alles durcheinander.

      Wer das selbst einmal erlebt hat, weiß, wovon ich rede. In »Herausforderung« steckt »Forderung«. Ich spüre: Jetzt kommt es darauf an. Jetzt geht es nur so oder so, für oder gegen, mit oder ohne. Wenn Jesus jemandem begegnet und der Freiraum zur Nachfolge entsteht, hat die Situation immer auch irgendwie etwas Zugespitztes, ja sogar Zwingendes. In der Theologie spricht man vom »göttlichen dei«. Das griechische Wörtchen »dei« bedeutet »muss«.

      Ja, es gibt ein »göttliches Muss«. Da kann man es sich nicht mehr aussuchen. Da ist man bedrängt und gewissermaßen auch unter Druck. »Gottes Wort ist wie ein brennendes Feuer und wie ein Hammer!« (Jer. 23,29). Wenn Gott redet, wirkt er gleichzeitig hinein in die Geschichte, auch in unsere ganz persönliche Lebensgeschichte.

      Der Ruf Jesu ist ein solches Reden Gottes. Ich werde vor die Wahl gestellt, vor die große Gelegenheit, die vielleicht sogar einmalige Chance. Für die alten Griechen war dies sogar eine eigene Zeit-Kategorie. »Kairos« nannten sie es. Der Zeitpunkt; die einmalige Gelegenheit; die Entscheidung; das Jetzt oder nie, auf das es unbedingt ankommt.

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