mit Machen. Hermann Brünjes
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Dietrich Bonhoeffer bedenkt in »Nachfolge« das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk. 10,25-29). Darin gibt es auch einen »Kairos«. Der von Straßenräubern Überfallene liegt dort und braucht Hilfe. Den Kairos in dieser Situation ergreift allerdings nur jener Samariter, der tatsächlich hilft. Das Gleichnis ist Teil einer Diskussion zwischen Jesus und Schriftgelehrten um die Frage, wer denn nun mein Nächster sei. Jesus lässt keinen Spielraum für eine Antwort. Wann immer jemand in Not ist, wird ihm jener zum Nächsten, der tatsächlich handelt. Nicht in theoretischen Überlegungen ereignet sich Nachfolge und Glaube, sondern im konkreten Tun.
Hingabe
Unsere Enkel spielen mit Lego. Sie bauen ihre Welt. Wir haben seit fast einer Stunde nichts von ihnen gehört. »Kommt, Essen!« Keine Reaktion. Sie haben alles um sich herum vergessen. Sie geben sich völlig ihrem Spiel hin.
Oder: Die beiden Nachbarsjungs bolzen im Garten. Bumm, bumm. Der Fußball knallt gegen die Garagenwand. Sie dribbeln, hechten, kabbeln sich. Mich, mit dem Rasenmäher im Nachbargarten, scheinen sie gar nicht zu bemerken.
Oder: Meine Kollegen sind im Gespräch. Ich höre irgendetwas von »Klima« und »Wahlen« und folgere, es geht um Klimapolitik. Ich möchte ihnen etwas sagen, komme jedoch nicht dazwischen. Zu sehr sind sie ins Gespräch vertieft.
So ist Hingabe.
Sie wird nicht verordnet und befohlen. Sie geschieht freiwillig, völlig ohne jeden Druck. Sie wird aus Interesse geboren, oder aus Freude, oder aus Liebe. Hingabe ist aus meiner Sicht ein anderes Wort für »Glauben« oder »Nachfolge«.
Jetzt wird deutlich, wie mein und unser Handeln und das Wirken Gottes aufeinander bezogen sind. Sie gehören untrennbar zusammen. Gott schenkt Glauben, Hoffnung und Liebe – und ich erlebe sie in der Hingabe meiner Zeit, Gedanken, Aktionen und Fantasie. Ich »verliere mich« an Christus und seine Botschaft. Ich »gebe mich voll hin« für die Sache Gottes ... Und natürlich ist dies freiwillig und von Herzen und nicht eine verkrampfte Aktion im Gehorsam gegenüber einer unangenehmen Forderung.
Was nicht unkritisch betrachtet werden will. Nie vergessen werde ich meinen Onkel, schon leicht angesäuselt an der Theke. Er meinte: »Nie wieder werde ich mich an etwas hängen und mein Leben dafür einsetzen! Oder sogar bereit sein, für jemanden zu sterben!« Ich hatte von meinem Glauben gesprochen, er sprach vom größten Fehler seines Lebens, dem Gehorsam gegenüber dem Führer. Da hatte er sich mit seinem ganzen jungen Leben hingegeben und war sogar bereit gewesen, für Volk und Vaterland zu sterben. Und er war tief enttäuscht worden.
Ich kann ihn verstehen. »Hingabe« als Lebens-Prinzip ist sehr fragwürdig. Wenn sich jemand an der falschen Stelle investiert, wird er oder sie nicht gewinnen, sondern verlieren. Im Ernstfall das Leben. Folglich werde ich sehr genau prüfen müssen, wofür und an wen ich mich hingebe.
Meinem Onkel habe ich damals gesagt: »Wenn du nichts hast, wofür du sterben würdest – hast du dann etwas oder jemanden, für das oder den du leben willst?« Es war mir so eingefallen. Er ist sehr still geworden und hat diese Frage zumindest hörbar für mich nicht beantwortet.
»Ja, ich will für dich leben.« So lautet mein gedachtes »Ja« zu Jesus Christus. Und wie wird es sichtbar, mal abgesehen davon, dass ich es vielleicht laut sage oder schwarz auf weiß schreibe? Es wird nur in der Hingabe sichtbar. Die Wirklichkeit meiner Christusbeziehung äußert sich in der Nachfolge, im Leben mit dem Glauben und im täglichen Miteinander. Wieder sehen wir, dass Denken und Machen, Glauben und Handeln unbedingt beieinanderbleiben. »Hingabe« ist ein guter Begriff dafür, finde ich – und vielleicht können wir auch darin vor allem von den Kindern lernen! (Mt. 18,3).
✪Der Ruf in die Nachfolge.
Der Neue Gehorsam.
Hingabe.
Welcher dieser drei Überschriften können Sie am meisten abgewinnen? Wie verstehen Sie das Verhältnis von Glauben als Geschenk und aktiver, tätiger Nachfolge?
3. Worauf wir uns verlassen
Ein Pastor erzählte: »Ich pflanze Kartoffeln. Kommt mein kleiner Sohn, damals etwa drei Jahre alt. Er schaut mir zu. »Papa, was machst du?« »Ich pflanze Kartoffeln.« »Warum steckst du sie in die Erde?« »Im Sommer kommen dann acht oder zehn wieder raus, wenn ich sie ernte!« Der Kleine ist beeindruckt. »So viele? Stimmt das auch wirklich?« »Ja, mein Sohn, das kannst du mir glauben.« Noch zweimal fragt mein Sohn nach. Dann plötzlich rennt er ins Haus.« Der Pastor grinste jetzt und wartete einen Moment. Wir fragten uns, was er denn wohl mit seiner Story sagen wollte.
Er erzählte weiter: »Nach zwei Minuten kommt mein Sohn. In der Hand hält er ein kleines Siku-Auto.«
Nun hatten wir verstanden. Welch schönes Bild! Der Kleine hat begriffen, was »Glauben« bedeutet. Nicht im Garten des Lebens stehen und dies oder das »für wahr halten«, nicht eine Theorie im Kopf haben, sondern der Zusage des Vaters vertrauen. Und daraufhin handeln. Das ist »Glauben«. Der Vater sagt etwas, ich höre und ich handle daraufhin.
So einfach ist das? Ja, im Grunde ist es so einfach!
Auch biblische Geschichten setzten ähnliche Akzente. Der Bericht von der Speisung der Fünftausend etwa enthält im Blick auf unser Handeln viele gute Hinweise. Die Begebenheit ist von allen vier Evangelisten überliefert. Sie ist für eine Gruppe von Theologen im Kontext unserer Arbeit besonders wichtig geworden. Dr. Burghard Krause hat dabei den Begriff »verheißungsorientiert« geprägt. Später hat er in theologischen Aufsätzen und seinem Buch »Auszug aus dem Schneckenhaus« (Neukirchner Verlag) entfaltet, was sich aus diesem Ansatz für die kirchliche Arbeit ergibt.
Im Zusammenhang unseres Themas »mit Machen« sind viele Aspekte eines an der Verheißung orientierten Glaubens und Handelns sehr hilfreich. Also riskiere ich hier gewisse inhaltliche Doppelungen mit anderen Veröffentlichungen.
Wir orientieren uns vor allem an der Fassung des Speisungsberichtes nach Matthäus (Mt. 14,13-21).
»Gebt ihr ihnen zu Essen!« (V. 16) heißt es dort.
Die Aufforderung Jesu ist eindeutig. Die Jünger sollen der versammelten Gesellschaft Nahrung geben. Deren Frage ist nur: Woher nehmen, mitten in der Einöde? Okay, fünf Brote und zwei Fische haben wir ja gefunden. Aber was ist das bei fünftausend hungrigen Menschen? Nicht einmal ein Tropfen auf den heißen Stein. Was du da verlangst, Jesus, ist doch unmöglich!
Eindeutig herausgefordert
Es fällt auf, dass sich das Muster aus dem Bericht von der Speisung in anderen Texten vielfach wiederholt.
Als Petrus berufen wird, sollen die Fischer ihre Netze auswerfen – mitten auf dem See, mittags nach erfolglosem Fischfang in der Nacht. Unmöglich, dass sie Erfolg haben. Falsche Zeit, falscher Ort, gegenteilige Erfahrungen! Doch Jesus fordert sie heraus. »Werft eure Netze aus!« (Lk. 5,1-11).
Gleiches auf dem See Genezareth, kurz nach der Speisung und mitten im bedrohlichen Sturm: Petrus soll vom Boot auf das Wasser gehen. »Komm her!« Unmöglich! Gegen alle Naturgesetze (Mt. 14,22-32)
Ähnliches geschieht