Die Entführung der MS Hansa Stavanger. Frederik Euskirchen

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Die Entführung der MS Hansa Stavanger - Frederik Euskirchen

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Marineschiffe begleiteten Eskorte durch den sogenannten Transitkorridor teilgenommen werden. Für diesen Transit gibt es Treffpunkte (Punkt A und B), an welchem sich zu einer bestimmten Zeit getroffen wird. Die angemeldeten Schiffe werden dann von einem Marinefahrzeug durch den GoA begleitet. Für diesen Transit gibt es eine Transitgeschwindigkeit von 12 Knoten, um vor allem kleinen und damit mehr gefährdeten Schiffen Schutz zu bieten. Für schnellere Fahrzeuge, z. B. Containerschiffe, ist es fraglich, ob an einer Eskorte teilgenommen werden sollte. In diesem Fall hängt es von der Schiffsführung und ihrer Einschätzung des Schiffes ab, ob im Transit oder alleine gefahren werden soll. Alleinfahrer sollten mit maximaler Geschwindigkeit passieren und sind dringendst angehalten, innerhalb des Korridors zu bleiben, sich bei UKMTO anzumelden und regelmäßige Reports abzugeben - damit können im Falle eines Angriffes, die im Rahmen von Atalanta dort engagierten Marinekräfte schneller und gezielter koordiniert werden.

      HS: Die Hansa Stavanger war in keinem Korridor, Transit oder Ähnlichem registriert. Entgegen einigen Presseberichten, die ich nach der Freilassung vernahm, konnte sie das auch nicht - für die Passage im Indischen Ozean entlang der somalischen Küste gibt es so etwas nicht.

      1.2 Vermeidung von Tracking

      Angriffe der somalischen Piraten finden am Tage statt, nächtliche Überfälle sind mir nicht bekannt. Dies zeigt die Statistik, das haben mir die Piraten selber gesagt und es ist durchaus auch verständlich. Denn eine Kaperung ist schon am Tage ein heikles Unterfangen, selbst wenn die Besatzung die Piraten nicht entdecken würden, der Pirat an der Pinne im Boot könnte ohne Tageslicht gar nicht die Distanzen zur Bordwand des Schiffes richtig einschätzen.

      Auf der HS haben wir mitbekommen, wenn abends noch ein Boot mit Nachschub rüber kam, wie deutlich schwieriger es für die Bootscrew war, zu boarden, als am Tage.

      Außerdem fehlt es den Piraten an entsprechender Ausrüstung, um für eine vernünftige Beleuchtung zu sorgen. Lediglich bei Vollmond und ruhiger See könnten sie daher einen Versuch wagen.

      Nichtsdestotrotz sollte man, vor allem im Indischen Ozean, wo die Piraten keine so große Auswahl haben wie im GoA, jede Gefahr minimieren, evtl. bis in die frühen Morgenstunden gesehen, verfolgt und schließlich beim ersten Tageslicht angegriffen zu werden.

      Daher ist es ratsam, das Schiff komplett zu verdunkeln - Beleuchtung an Deck aus und verdunkeln der Bullaugen.

      Eine weitere Gefahr verfolgt zu werden, und zwar am Tag oder in der Nacht, besteht durch das Automatic Identification System (AIS). Durch dieses werden Schiffsdaten wie Name, Größe, Position, Geschwindigkeit und Kurs an jeden, der ebenfalls ein entsprechendes System hat, übermittelt. Man kann nicht nur verfolgt werden, man vereinfacht auch, dass das Schiff überhaupt lokalisiert wird und dies auf einer Reichweite, die locker über Sichtweite hinausgeht.

      Deshalb: Deaktivierung des AIS.

      Einhergehend sollte man auch nicht durch unnötigen Funkverkehr auf sich aufmerksam machen, daher Funkdisziplin und UKW-Wache Kanal 16 und Kanal 8. (Kanal 8 wird ebenfalls von Marineschiffen überwacht und ist der Ausweichkanal zum 16er, welcher auch schon mal von den Mutterschiffen der Piraten aus gestört bzw. blockiert werden kann.)

      Der Schutz des Schiffes gegen Verfolgungen bzw. Angriffe beginnt jedoch schon vorab im Hafen, in dem man versucht zu verhindern, dass das Schiff über seine Route oder Abwehrmaßnahmen ausspioniert wird.

      Die Taktik der Piraten sieht zwar lediglich das Aussetzen von einzelnen Skiffs durch Mutterschiffe vor, deren Besatzung dann bei Erfolg die gekaperten Schiffe nach Somalia bringen und dies über Satellitentelefon den Hinterleuten weitergeben, welche dann die Erfolgsnachricht an das Mutterschiff weitergeben. Dieses wäre nämlich nach ein paar Tagen wieder in das Gebiet der Aussetzposition gefahren und hätte ihre Leute wieder eingesammelt.

      Bisher ist noch nichts bekannt, dass ihre Taktik auch das gezielte Aussuchen und Ausspähen von Schiffen beinhaltet. Bekannt ist jedoch, dass die somalischen Piraten weitreichende Kontakte ins Ausland haben. Mir persönlich ist durch Gespräche mit einem Unterhändler der Piraten bekannt, dass es durchaus auch ausländische Hinterleute bzw. Finanzierer gibt - es sind mafiöse Strukturen. Daher ist es überhaupt nicht abwegig, davon auszugehen, dass diese auch ihre Informanten haben, die Details über mögliche und lukrative Ziele weitergeben. Es können Serviceleute sein, die in einschlägigen Häfen (z. B. Aden, Dubai …) an Bord kommen oder die hübschen Somalidamen, die unseren Jungs in Mombasa den Kopf verdrehen. Aber vielleicht auch die Angestellten oder Agenten des Charteres8, welche in jedem Hafen an Bord und unvermeidlich auch Informationen über unsere Route etc. per e-mail zugesandt bekommen.

      Im Hafen sollten daher nicht nur brisante Informationen über die Verteidigung gegen Piratenüberfälle verstaut werden, sondern auch jegliche Informationen über die Routenplanung. Die Mannschaft soll instruiert werden, bei Landgängen nicht über die einschlägigen Angelegenheiten des Schiffes zu reden.

      HS: Das Schiff war komplett verdunkelt, aufgrund der sehr geringen Verkehrsdichte im Indischen Ozean waren selbst die Positionslaternen ausgeschaltet. Die Bullaugen waren verdunkelt, kein Licht trat aus den Aufbauten nach draußen. Das AIS war deaktiviert und auch auf den Feuerronden des Wachmatrosen in der Nacht wurde auf die Nutzung eines UKWs verzichtet.

      In Dubai kam sehr oft Servicepersonal an Bord, welches unsere elektronische Seekarte, unseren Kreiselkompass oder Ähnliches gewartet hat. Oft waren sie den ganzen Tag auf der Brücke, wo sämtliche Details unserer Routenplanung ausliegen, sei es in ausgedruckter Form oder in elektronischer auf Computer, im Radar, ECDIS9 oder GPS10. In Dubai gibt es neben den Lade- und Löscharbeiten noch Proviantlieferungen, Ersatzteile kommen oder anderer Service, z. B. für Sicherheitseinrichtungen, steht an. Nicht immer kann jemand bei dem Servicepersonal auf der Brücke sein.

      Ich bin zwar der Meinung, dass die Kaperung der HS keine geplante Aktion war. Doch auch die somalischen Piraten entwickeln sich, breiten ihr sowieso schon großes Informations- und Logistiknetzwerk aus und spätestens seit der Hansa Stavanger wissen sie, dass besonders Containerschiffe ein hervorragender Fang sind. Sie bringen neben Lösegeld auch nützliche Ladung mit vor die Küste Somalias - Ersatzteile für Autos, Generatoren, Kleidung, Reis, Elektronik usw.

      Vielleicht ist es im Moment noch nicht soweit, aber wer kann sagen, dass eine solche gezielte Vorbereitung von Angriffen nicht schon in Planung ist und damit in nahe Zukunft gerückt ist.

      1.3 Früherkennung verdächtiger Fahrzeuge

      Grundlage für eine frühe Sichtung der Piraten ist verstärkter Ausguck bzw. zusätzliche Wachbesetzung rund um die Uhr auf der Brücke. Neben dem Wachoffizier ist es ratsam, beide Nocken11 jeweils mit einem Wachmann zu besetzen. Der Wachoffizier ist dafür verantwortlich, dass diese Wachmänner bei Wachantritt noch mal persönlich daran erinnert werden, dass gehörig Ausguck gehen 360° um das Schiff bedeutet und dass alles gemeldet werden muss.

      Die Bewertung der Sichtung obliegt dem Offizier.

      Neben dem visuellen Ausguck hat der Wachoffizier gehörig Radarwache zu gehen.

      Skiffs sind sehr schwer auf dem Radar auszumachen, selbst wenn man weiß, dass eins unterwegs ist, kann man es ab 3 -4 Bft.12 sehr schwer wahrnehmen.

      Ab 3-4 Bft. wird es für die kleinen Skiffs zwar deutlich schwerer zu boarden, aber wer die somalischen Piraten kennt, weiß, dass sie nichts unversucht lassen werden.

      Da wir während der Zeit vor Somalia ständig von den Piraten angehalten wurden, auf dem Radar nach kleinen Fahrzeugen Ausschau zu halten, und auch versuchen sollten, die Skiffs mit den täglichen Proviantlieferungen

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