Die Entführung der MS Hansa Stavanger. Frederik Euskirchen
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Bis die Piraten diese finden und aufbrechen würden, müssten sie erstmal in die dunklen Aufbauten rein. Meiner Erfahrung nach haben die somalischen Piraten Probleme damit, in Bereiche zu gehen, die sie nicht kennen und die auch noch dunkel sind. Vor allem die Maschine - auf der HS brauchte es mehr als einen Monat, bis sie sich hineintrauten. Dann, wenn sie drinnen sind, müssen sie sich erstmal zurechtfinden, selbst wir Seeleute haben in unseren ersten Tagen an Bord eines neuen Schiffes unsere Probleme.
Dies ist alles kostbare Zeit, die eine Kontaktaufnahme mit Marinekräften ermöglicht.
Bei all diesen Vorbereitungen kommen wir um einen Punkt nicht herum: das Training der Mannschaft. Jedem muss klar sein, dass er drinnen zu sein hat, wenn die Piraten kommen! Auf dem letzten Schiff haben wir für die Zeit der Passage das Deck gesperrt. Wer rausgeht, informiert die Brücke, nimmt UKW17 mit (für den Notfall!, ansonsten gilt Sendepause) und trägt sich aus einer Liste aus, die an dem einzigen Ein- und Ausgang hängt, welcher während der Passage benutzt werden kann. Solche Vorgänge sind ungewöhnlich an Bord, daher muss man sie besprechen, üben und vor allem kontrollieren.
Die Brückenmannschaft checkt die Liste, wenn sie im Ernstfall runtergeht, da beide Seiten ein UKW haben, können sie sich koordinieren und auf die Person warten. Für den Fall, dass aus irgendeinem Grund kein UKW-Kontakt besteht, werden maximal drei Minuten gewartet, dann verriegelt. An Deck haben wir die Luken zu den Laderäumen unverriegelt gelassen, ein an Deck gestrandeter, soll sich dort verstecken. Auch dort werden die Piraten nicht reingehen. Selbst auf der Stavanger haben sie das in vier Monaten nicht gemacht.
Dass diese Abläufe klar sind, ist so wichtig, damit wir in der Zitadelle den Marinekräften mitteilen können, dass kein Mannschaftsmitglied in der Hand der Piraten ist, erst dann werden sie angreifen.
Weiterhin ist der gehörige Ausguck so wichtig, das frühzeitige Erkennen eines Angriffes. Die Evakuierung dauert zwar nicht lange, aber man sollte so viel Zeit wie möglich haben, um Spielraum für alle Eventualitäten zu haben.
Aktive Maßnahmen
Diese beinhalten alle Maßnahmen, welche die Mannschaft während des Angriffs ergreifen kann, um ein Boarden der Piraten zu verhindern:
Hier bietet der Markt viele Möglichkeiten an.
Welche man nun an Bord verwendet, sollte in Kooperation mit dem CSO erarbeitet werden
Maßnahmen nach der Kaperung:
Sobald die Piraten an Bord sind, stoppt man das Schiff auf, verlässt die Brücke und verriegelt jeden Durchgang, den man benutzt hat.
Das Brückenteam begibt sich zur Zitadelle und gibt sich durch einen vorher besprochenen Code zu erkennen. Eine Person ist verantwortlich, zu öffnen und sofort wieder zu schließen.
Sobald alle in der Zitadelle sind, wird der Kapitän die Anweisung zum Blackout geben. Daraufhin wird wieder Kontakt mit den Behörden aufgenommen, über Iridium - vergessen Sie nicht, eine geeignete Stelle für die Antenne zu finden.
Auf den Schiffen der Reederei „Leonhardt und Blumberg“ haben die Verschärfungen passiver wie aktiver Abwehrmaßnahmen bereits während der Geiselhaft der HS zu einer Aktualisierung des SSP geführt. Wie bereits erwähnt, ist der SSP wie auch die anderen Anweisungen und Empfehlungen bei der Vorbereitung zu konsultieren.
Ein reger Informationsaustausch mit dem CSO, sowie regelmäßiges Sichten neuer Merkblätter und Ratgeber ist unabdingbar, um seine Sicherheitsstandards der Gefahrenlage anzupassen.
1.7 Vorbereitung der Zitadelle:
(An Bord der HS war die Zitadelle ein Raum unter Deck, jedoch ohne die im Folgenden beschriebenen Schutzmaßnahmen)
Dieser Raum soll als sicherer Zufluchtsort für die Mannschaft während eines Angriffs sowie nach einer Kaperung dienen.
Er sollte so liegen und beschaffen sein, dass keine Granaten von außen eindringen können und er weiteren Gewalteinwirkungen von außen einer Weile standhält. Es sei angemerkt, dass in einigen Skiffs bereits Sprengstoff gefunden wurde. Sorgen Sie also für ausreichenden Schutz um ihre Zitadelle herum. Liegt sie zum Beispiel irgendwo im Maschinenraum (Maschinenwerkstatt?), überlegen Sie, ob sie nicht schon einige Schotts vorher verstärken. Sollten die Piraten es überhaupt wagen oder wegen der Dunkelheit schaffen, so weit vorzudringen, verbrauchen sie vielleicht dort schon ihren Sprengstoff.
Im Grunde gibt es viele Ideen und Möglichkeiten, den Piraten den Weg zur Mannschaft schwer zu machen, überlegen Sie nur, dass Sie nicht selber Gefangener Ihrer eigenen Falle werden und das alles auch von irgendwem durchgeführt werden muss …
Zurück zur Zitadelle.
Da sich die Mannschaft hier eine längere Zeit aufhalten könnte, sollte hier für Wasser und Notrationen, wie z. B. aus dem Rettungsboot bekannt, gesorgt sein (dabei die Notdurft nicht vergessen). Für medizinische Versorgungsmöglichkeiten muss auch reichlich gesorgt sein.
Vergessen Sie nicht, dass es stockdunkel sein wird, Licht ist daher nützlich, aber verteilen Sie es besser nicht an die Mannschaft um keine große Aufmerksamkeit zu erwecken. Immerhin fällt in der größten Finsternis auch schon die kleinste Reflexion auf.
Besonders wichtig ist es, die Möglichkeit der Kommunikation nach außen herzustellen. Da man davon ausgehen kann, dass ein Marineschiff unterwegs ist, kann man dann mit den entsprechenden Behörden (wie UKMTO) Kontakt aufnehmen und Bericht über die Lage erteilen, sodass ein Eingreifen des Militärs ermöglicht wird.
Die weitere Ausstattung und die Lage der Zitadelle sollte man auch wieder mit dem CSO zusammen ausarbeiten.
Je weiter und tiefer die Zitadelle im Schiff und in der Finsternis nach einem Blackout liegt, desto größer ist die Chance, dass die Piraten noch nicht mal in Ihre Nähe kommen, bis das Militär da ist.
Je besser die Zitadelle geschützt ist, umso geringer wird auch die Wahrscheinlichkeit für die Mannschaft, in die Hände der Piraten zu gelangen.
Sie sehen, bei sorgsamer Vorbereitung haben Sie gute Chancen dem Schicksal der Hansa Stavanger zu entgehen.
1.8 Abschließende Worte
Warum wurden Vorbereitungen dieser Art nicht auf der Stavanger getroffen?
Dies liegt zum einen an der, bis dato weitverbreiteten Meinung, dass ein Schiff wie die Hansa Stavanger nicht in großer Gefahr sei, gekapert zu werden. Lese ich mir z. B. die Best Management Practices von 2009 durch und vergleiche sie mit den aktuellen, steht dort nicht mehr, dass die Kaperung eines Fahrzeuges mit einer Geschwindigkeit über 15 kn Fahrt unwahrscheinlich ist. Es wird davor gewarnt, dass hohe Geschwindigkeit und Freibord kein Schutz sind, lediglich eine Flucht begünstigen.
Ein anderes Problem ist, dass es leider in einer gewissen Position an Bord ein schädliches Desinteresse an der Gefahrenlage gegeben hat.
Vonseiten des Offiziersstabs gab es einige Bemühungen, das Level der Gefahrenabwehr an Bord zu erhöhen, doch wenn es ganz oben nicht weitergeht, kommt alles zum Stocken.
Zum Beispiel hätte ich gerne zumindest an gewissen Niedergängen Gitter angebracht, die nach meiner Erfahrung in der Afrikafahrt eigentlich üblich sind, um Langfinger davon abzuhalten,