Sehnsucht. Heidi Oehlmann

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Sehnsucht - Heidi Oehlmann Blind Dates & andere Katastrophen

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sie ist schon da und kommt nicht wie sonst zu spät. Ich habe mich so abgehetzt, dass ich wieder einmal eine Viertelstunde zu früh dran bin.

      »Kann ich Ihnen helfen?«, fragt mich der Herr hinter dem Tresen, als ich mich verloren im Gastraum umschaue.

      »Ähm, ja. Ich möchte zu der Geburtstagsparty, die hier stattfinden soll.«

      »Ja, da gehen Sie da hinten durch die Tür«, antwortet der Barkeeper und zeigt auf die Tür in der hintersten Ecke des Raumes.

      »Danke! Sind schon viele Leute da?«

      »Sehr gerne! Von achtzig geladenen Gästen müsste ungefähr die Hälfte da sein.«

       Achtzig Menschen? Woher kennt Mia die alle?

      »Vielen Dank!«, antworte ich, zwinge mich zu einem Lächeln und gehe auf die Tür zu. Meine Hände zittern, als ich sie öffne. Mia erwähnte, es würden einige Leute kommen. Mit achtzig Gästen hätte ich niemals gerechnet. Mir ist ein bisschen mulmig zumute, auf solch eine Menge fremder Menschen zu treffen. Wenn ich ehrlich bin, kenne ich nicht annähernd so viele Personen. Ich habe kaum Freunde. Bis auf die Mädels gibt es niemanden, den ich als Freund bezeichnen würde. Selbst mit den Kollegen pflege ich keine Bindungen außerhalb der Dienststelle. Das liegt womöglich daran, dass jeder von ihnen der typische Beamte ist. Ich arbeite seit dem Schulabschluss im Einwohnermeldeamt. Dort absolvierte ich schon meine Ausbildung. Die meisten meiner Kollegen kenne ich aus dieser Zeit. Für sie werde ich immer die kleine Lisa bleiben. Sie duzen mich bis heute. Mich stört es nicht, obwohl ich mir ein bisschen mehr Respekt von ihnen wünschen würde. Das wird wohl auch so bleiben.

      Auf dem Amt begegne ich jeden Tag so vielen Menschen. Die meisten behandeln mich unfreundlich, weil es oftmals schwieriger ist, als sie es sich erhoffen. Ich muss mich eben an die Regeln halten und kann nicht so reagieren, wie ich möchte. Womöglich verhalte ich mich privat auch wie eine Beamtin und deshalb will kaum jemand etwas mit mir zu tun haben.

      Ich seufze, bevor ich den Saal betrete. Die meisten Gäste sitzen an der langen u-förmig aufgebauten Tafel und starren mich an, als ich die Tür hinter mir schließe. Ich komme mir vor wie auf dem Präsentierteller. Mir ist die Situation unangenehm und ich möchte, so schnell es geht, aus dem Blickfeld der anderen verschwinden.

      Verlegen sage ich: »Hallo zusammen!«

      Einige der Gäste grüßen leise mit einem »Hallo« zurück.

      Ich schaue mich nervös um, ob ich wenigstens eine Person sichten kann, die ich kenne. Meine Augen suchen nach Mia oder eine der anderen Mädels. Ich kann kein bekanntes Gesicht entdecken. Alle Anwesenden sehe ich heute zum ersten Mal und sie mich auch. Sonst würden sie mich nicht so mustern. Um die Aufmerksamkeit von mir abzulenken, suche ich mir einen freien Platz, setze mich und hoffe, Mia oder eine meiner anderen Freundinnen trifft bald ein.

      Nach einer Weile lösen sich die fremden Blicke von mir und ich fühle mich etwas wohler. Natürlich beobachte auch ich das Geschehen um mich herum. Ich schaue mir die weiblichen Gäste und ihre Outfits an. Die meisten sind viel eleganter gekleidet als ich. In meinen Klamotten komme ich mir vor, als hätte ich einen Altkleidercontainer geplündert, in dem es nur Kleidungsstücke gab, die längst aus der Mode gekommen sind. Kein Wunder, dass mich die Leute so angestarrt haben. Mein Outfit hängt bereits seit der Ausbildung in meinem Schrank. Ich nehme mir so oft vor, mich neu einzukleiden, aber ich weiß einfach nicht, was mir steht. Also verschiebe ich die geplanten Einkäufe ständig. Ich bin mir sicher, ich würde sowieso wieder solche Klamotten kaufen, wie sie reichlich in meinem Kleiderschrank hängen. Ohne eine Einkaufsberatung macht es keinen Sinn shoppen zu gehen.

      Gelangweilt warte ich auf meine Freundinnen.

      4. Kapitel - Paul

      »Schön ist es hier«, sage ich, als wir aus dem Taxi steigen und zum Restaurant laufen. Das Gebäude sieht aus wie ein Märchenschloss. Es liegt mitten in einem ansprechend angelegten Park, den wir durchqueren müssen, um dorthin zu gelangen.

      »Ja, das ist es«, antwortet Marta.

      Während der Taxifahrt sprach sie nur das Nötigste mit mir. Genau genommen sagte sie nur etwas, wenn ich ihr eine Frage stellte. Ich fühle mich so hilflos, weil ich nicht weiß, was mit ihr los ist.

      »Was ist denn mit dir? Du verhältst dich mir gegenüber so komisch. Habe ich dir irgendetwas getan?«, wage ich einen weiteren Versuch.

      Marta schaut mich erstaunt an. Ihr ist anzusehen, wie wenig sie auf die Fragen gefasst war.

      Nach einigen Sekunden sagt sie: »Es ist nichts! Was soll auch sein?«

      Ihre Wangen verfärben sich rot. So, wie sie es immer tun, wenn Marta peinlich berührt ist. Um ihre Verlegenheit zu verstecken, wendet sie ihren Blick von mir ab. Dafür ist es zu spät. Ich habe ihr rotes Gesicht längst gesehen.

      Als ob nichts wäre, geht sie weiter auf das Restaurant zu. Ich folge ihr mit dem Blumenstrauß für Mia im Schlepptau. Unterwegs hielten wir an einem kleinen Blumenladen, damit ich Mia wenigstens ein paar Blumen mitbringen kann. Mit leeren Händen aufzutauchen, wäre mir unangenehm.

      Ich hoffe nur, Mia ist nicht sauer, weil ich nur einen Blumenstrauß für sie habe. Für Carmens Geburtstag legten Marta und ich zusammen und kauften ein paar Strampler für ihr Ungeborenes.

      »Was schenkst du Mia eigentlich?«, frage ich, nachdem mir auffällt, dass Marta keinen Ton darüber verloren hat. Sehen konnte ich bis jetzt auch nichts. Martas Geschenk muss in ihrer riesigen Handtasche verborgen sein. Seitdem ich sie kenne, rennt sie immer mit solchen monströsen Dingern herum.

      »Nur eine Kleinigkeit, ein Buch und eine Karte mit etwas Geld drin.«

      »Aha. Ist das nicht ein bisschen unpersönlich?«

      »Vielleicht, aber Mia meinte, sie will keine Geschenke, sondern würde sich über ein paar Euros freuen. Sie muss ja den Saal und das Buffet bezahlen.«

      »Okay. Meinst du, ich sollte auch etwas dazugeben?«

      »Keine Ahnung, das musst du wissen.«

      »Dann warte kurz! Ich gebe dir was. Das kannst du mit dazu legen.«

      »Hm.«

      Marta bleibt stehen und verzieht eine Miene, während sie in ihrer Tasche nach dem Umschlag kramt.

      Ich zücke mein Portemonnaie und hole zwanzig Euro raus, die ich meiner Kollegin hinhalte. Als sie es endlich geschafft hat, die Karte zu finden, nimmt sie mir den Schein ab und steckt ihn in den Umschlag.

      »Gut. Wollen wir jetzt reingehen?«, fragt sie.

      »Ja, klar.«

      Schweigend betreten wir das Gebäude in Richtung Gastraum. Marta scheint sich hier auszukennen. Sie läuft schnurstracks auf eine Tür in der hintersten Ecke zu. Mir wäre sie kaum aufgefallen.

      Ich folge ihr mit größerem Abstand. Marta scheint es eilig zu haben, sie rennt fast. Ich frage mich, wie sie es in ihren hochhackigen Schuhen schafft, so schnell zu laufen. In meinen flachen Tretern kann ich kaum mithalten.

      Als ich den Saal betrete, kann ich nicht glauben, was ich sehe. Vor mir sind Tische u-förmig aufgestellt. Die meisten Plätze sind bereits besetzt.

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