Sehnsucht. Heidi Oehlmann

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Sehnsucht - Heidi Oehlmann Blind Dates & andere Katastrophen

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ist die Situation peinlich. Ich spüre, wie ich ein bisschen erröte. Hastig senke ich den Blick, damit niemand meine gesunde Gesichtsfarbe sehen kann.

      Als Brand Junior in den Wagen steigt und ihn startet, ertönt wieder dieses quietschende Geräusch. Statt unter die Haube zu schauen, dreht er eine Runde. Ich bete, dass mein altes Auto die Spritztour überlebt und unterwegs nicht aufgibt. Es würde mir in der Seele wehtun, es verschrotten zu müssen. Immerhin handelt es sich um meinen ersten eigenen fahrbaren Untersatz, von dem ich mich nur ungern trennen möchte.

      Nachdem der Junior den Hof verlassen hat, spüre ich Brand Seniors Hand auf meinen Schultern. »Kommen Sie! Adrian macht das schon.«

       Adrian heißt Zoeys Vater also. Was für ein schöner Name und so passend zu diesem gut aussehenden Mann.

      In Gedanken seufze ich und lasse mich von Wilfried Brand erneut in die Verkaufshalle führen.

      »Setzen Sie sich! Soll ich uns einen Kaffee aus dem Automaten holen?«

      »Gerne.«

      Nun stehe ich wieder vor der Sitzecke und überlege, auf welchen Platz ich mich dieses Mal setzen soll. Dann entscheide ich mich für den Sessel, auf dem ich am Anfang, bevor Zoey auftauchte, saß.

      Brand Senior kommt mit zwei Kaffeebechern zu mir, stellt sie auf den Tisch und nimmt auf dem Sofa Platz.

      »Woher sind Sie denn, Frau Röhringer?«

      »Sie können mich gern Lisa nennen. Ich komme aus dem Harz, genau genommen aus Wernigerode.«

      »Oh schön. Im Harz habe ich vor Jahren mit meiner Frau Urlaub gemacht. Das waren zwei wunderschöne Wochen. Und was führt sie zu uns nach Potsdam?«

      »Meine Cousine. Sie lebt hier und ich will sie endlich wieder besuchen.«

      »Ach so. Das ist ja nett.«

      »Ja, ich habe sie schon länger nicht mehr gesehen.«

      »Hm. Und hier in der Halle ist Ihnen also unsere Zoey zugelaufen?«

      »Ja, ich saß genau hier, als die Kleine um die Ecke schielte.«

      »Ach ja, die Zoey. Sie hat es ziemlich schwer.«

      »Darf ich fragen warum?«

      »Ich möchte sie keinesfalls mit unseren Familiengeschichten langweilen.«

      »Ach quatsch. Ich glaube kaum, dass sie mich langweilen.«

      »Ach, ich weiß nicht.«

      »Sie können mir gern ein bisschen erzählen. Warum hat es Zoey denn so schwer?«

       Wie ich es hasse, erst Andeutungen machen und dann nichts sagen wollen.

      »Gut, wenn Sie meinen. Na ja, Zoeys Mutter hat sie und unseren Sohn verlassen, da war sie noch keine zwei Jahre alt.«

      Heißt das, Adrian ist Single?, frage ich mich gedanklich und muss mich anstrengen, ein Grinsen zu unterdrücken.

      »Oh, das tut mir leid! Sie besucht ihre Tochter doch regelmäßig, oder?«

      »Nein, wo denken Sie hin? Die Madam hält es für unnötig, sich um Zoey zu kümmern. Seit sie weg ist, hat sie sich nie mehr gemeldet.«

      »Was? Das kann ich mir nicht vorstellen. Wie kann man so ein kleines süßes Mädchen einfach im Stich lassen?«

      »Da sagen Sie was. Sie ist sang- und klanglos mit einem dahergelaufenen Kerl durchgebrannt und kümmert sich einen Dreck darum, was aus ihrer Tochter wird.«

      »Dann hat Ihr Sohn es auch alles andere als leicht, oder?«

      »Nein. Wenn meine Frau und ich nicht für ihn und unsere Enkelin da wären, hätte er die Werkstatt aufgeben können. Vor vierzig Jahren habe ich den Laden hier aufgemacht. Als Adrian Vater geworden ist, ging ich in Rente und überließ ihm das Geschäft. Natürlich helfe ich ab und zu noch mit. Den ganzen Tag still in der Ecke zu sitzen, ist nicht mein Ding. Ich muss immer etwas zu tun haben, sonst drehe ich durch.«

      »Das glaube ich gern.«

      »Wenn wir Adrian nicht unter die Arme greifen würden, wäre er aufgeschmissen. Wo sollte er auch hin mit Zoey?«

      »Na ja, es gibt Kindergärten, wo die Kleinen von morgens bis abends betreut werden.«

      »Das mag sein, aber so einen winzigen Wurm kann man doch nicht stundenlang zu fremden Leuten geben.«

      »Das stimmt schon. Manche Eltern haben nur keine andere Wahl. Da sind solche Kinderbetreuungsstätten hilfreich.«

      »Haben Sie Kinder?«

      »Nein, aber meine Cousine ist letztes Jahr Mutter geworden.«

      »Ach, junge Frau, woher wollen sie ohne eigene Kinder wissen, wie es ist? Ohne uns wäre Adrian eindeutig aufgeschmissen. Sie haben keine Ahnung, wie schüchtern unsere Zoey ist. So ein Kind können Sie nicht einfach in fremde Hände geben!«

      »Komisch, mir gegenüber war ihre Enkelin alles andere als schüchtern. Sie kam direkt auf mich zu gelaufen«, flunkere ich. Es dauerte schon eine Weile, bis die Kleine zu mir kam. Das muss Brand Senior aber nicht wissen.

      »Was? Das kann ich kaum glauben!«

      Ich schweige. Mir fehlen die Worte. Adrians Vater erwartet sicher das Bundesverdienstkreuz, weil er hin und wieder auf seine Enkelin aufpasst. Wenn er es überhaupt macht. Die meiste Zeit wird Zoeys Oma mit ihr beschäftigt sein. Das kann ich natürlich nicht laut sagen. Schließlich will ich den Herrn keinesfalls verärgern. Dafür bin ich froh über die Informationen, die er mir mitgeteilt hat. Ohne ihn hätte ich in der kurzen Zeit kaum so viel über Adrian und Zoey erfahren.

      Schweigend sitzen wir da. Brand Senior macht keine Anstalten, das Gespräch fortzuführen.

       Hoffentlich habe ich ihn nicht verärgert, aber er kann schlecht davon ausgehen, dass jeder seine Meinung teilt.

      Mein Herz macht Luftsprünge, als die Tür aufgeht und Adrian hereinkommt und ich mit seinem Vater nicht mehr alleine sein muss.

      »Und?«, frage ich.

      »Die Lichtmaschine ist hinüber, das habe ich schon während der Probefahrt bemerkt. Der Blick unter die Haube hat meinen Verdacht bestätigt.«

      »Oh je. Was bedeutet das? Ich muss den Wagen stehen lassen, oder?«

      »Ich würde Ihnen raten mit dem Auto so keinen Meter mehr zu fahren. Ich kann eine neue Lichtmaschine einbauen. Die muss aber erst bestellt werden und wird vor Dienstag nicht hier sein.«

      »Oh nein, was mache ich jetzt? Wie komme ich zu meiner Cousine?«

      »Wo wollen Sie denn hin?«

      »Nicht weit. Sie wohnt hier in Potsdam. Dann werde ich mir ein Taxi bestellen und mein Gepäck umladen müssen.«

      »Wenn es hier in der Stadt ist, kann ich

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