Glück auf Spanisch. Heidi Oehlmann
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»W-Warum können wir keine Freunde werden? Ich will dir doch nichts Böses!«, flüstere ich nach einer Weile.
Er schaut mich ungläubig an. Das erste Mal, seit ich ihn kenne, sieht er mir direkt in die Augen.
»Du brauchst nicht wieder weglaufen!«
Sein Gesichtsausdruck ändert sich in Verwunderung.
Mutig lege ich meine Hand auf seine und sage: »Ich weiß, du vermisst deine Mama. Ich kenne das Gefühl, wenn jemand, den man ganz doll lieb hat, für immer weg ist.« Bei dem letzten Satz denke ich an Fred, es bilden sich Tränen in meinen Augen. »Das tut furchtbar weh und man hat Angst, dass jederzeit wieder ein Mensch einfach so verschwindet, man ihn nie wiedersehen kann. Doch weißt du, wenn man sich ständig fürchtet, hat man keine Zeit mehr zum Leben.«
Alfredo schaut mich neugierig an. Er scheint über meine Worte nachzudenken, bleibt aber still.
»Niemand kann dir versprechen für immer da zu sein«, setze ich nach. »Das Leben ist so ungerecht. Menschen müssen gehen, ob sie wollen oder nicht. Ich bin mir sicher, eure Mama wäre hier bei euch geblieben, wenn sie es sich hätte aussuchen können. Sie konnte nichts dagegen tun!«
Nun hat auch Alfredo feuchte Augen.
Oder bilde ich mir das etwa ein?
»Man muss jede Sekunde mit den Menschen, die man gern hat, genießen, ihnen sagen, wie sehr man sie lieb hat. Sonst ist es dafür irgendwann zu spät.«
»Das Leben ist scheiße«, schluchzt Alfredo.
Ich lasse mir meine Verwunderung über die ersten Worte, die er mit mir gewechselt hat, nicht anmerken. Stattdessen tue ich so, als wäre alles ganz normal. »Ich weiß«, flüstere ich und drücke seine Hand fester.
Bevor ich mich versehe, erhebt er sich und fällt mir um den Hals. Einen Augenblick lang habe ich das Gefühl, das Atmen zu vergessen. Doch dann erwidere ich seine Umarmung, so als sei es das Normalste von der Welt und tätschle ihm den Kopf. »Scht.«
»Gehst du wieder weg?«, fragt er nach einer Weile.
»Erst mal nicht«, antworte ich unbeholfen.
»Aber später!«, sagt er. In seiner Stimme ist Wut zu hören. Er will sich von mir lösen, doch ich halte ihn fest.
»Du weißt doch bestimmt, dass ich in Deutschland ein Haus habe. Irgendwann muss ich zurück, aber ich verspreche dir, wir bleiben für immer Freunde, solange wir leben. Und so weit weg ist Deutschland nicht, wir können uns gegenseitig besuchen kommen.«
Seine Versuche, sich aus meiner Umklammerung zu lösen, schwächen ab. Er schluchzt erneut. »Versprochen?«
»Ja, ganz fest versprochen.«
Er nickt.
»So und nun mache ich euch etwas zu essen.« Dieses Mal scheitert mein Versuch, mich von Alfredo zu lösen. Er hält mich fest umklammert. Statt es weiterzuversuchen, lasse ich ihn gewähren. Ich bin so froh, dass er überhaupt mit mir spricht. Da kommt es auf ein paar Minuten mehr oder weniger auch nicht an.
»Es hat geklingelt. Jetzt musst du mich kurz loslassen«, erkläre ich schmunzelnd.
Als der Junge immer noch keine Anstalten macht, mich gehen zu lassen, sage ich: »Dann musst du eben mitkommen. Gib mir deine Hand!«
Das lässt er sich nicht zwei Mal sagen. Gemeinsam verlassen wir sein Zimmer und stoßen auf dem Flur fast mit Carlotta zusammen, die gerade auf dem Weg zur Haustür ist.
»Carlotta, warte!«, rufe ich ihr nach.
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