Glück auf Spanisch. Heidi Oehlmann
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Читать онлайн книгу Glück auf Spanisch - Heidi Oehlmann страница 16
»Wo ist denn dein Mann?«
»Im Himmel«, antworte ich traurig und deute nach oben.
»Wie unsere Mama, die ist auch da oben.«
»Hm.«
»Glaubst du dein Mann und meine Mama kennen sich?«
»Bestimmt. Sie schauen sicher zusammen auf uns runter.«
»Wirklich?«
»Bestimmt.«
»Vielleicht haben sie sich auch ineinander verliebt«, sagt Carlotta nach einer Weile und quietscht laut.
Bei dem Gedanken, Fred könnte sich in eine andere Frau verlieben, spüre ich einen Stich im Herzen. Natürlich ist es Blödsinn, dass er sich dort, wo er jetzt ist, neu verliebt, zumindest hoffe ich das. Niemand hier unten weiß wirklich, was nach dem Tod mit uns geschieht. Die Körper verwesen zwar, aber wohin die Seelen reisen, ist ungewiss.
»Klara?«
»Ja.«
»Willst du nicht unsere neue Mama sein?«
»Was?«, kreische ich, viel lauter, als ich wollte.
Carlotta schaut mich erschrocken an.
»Es tut mir leid!«, sage ich. »Ihr habt doch schon eine Mama, die niemand ersetzen kann.«
»Warum ist sie weg?«
»Wenn ich das wüsste. Einen Menschen kann man aber nicht einfach so austauschen.«
»Das ist so gemein!«, schluchzt sie. »Alle haben eine Mama. Warum ist unsere im Himmel?«
Auf einmal verhält sie sich nicht mehr wie eine Erwachsene. Sie wirkt zerbrechlich. Ich nehme sie in die Arme und wiege sie hin und her.
»Das stimmt. Das Leben kann sehr ungerecht sein«, flüstere ich und drücke Carlotta fest an mich.
19. Miguel
»Ja, das stimmt«, antworte ich. »Sie entschuldigen mich kurz? Ich muss mal telefonieren.«
»Natürlich«, antwortet Frau Christensen. Ihr Mann nickt mir ebenfalls zu.
Ich erhebe mich und verlasse den Tisch. Mir lässt die Sache mit Alfredo und Klara einfach keine Ruhe. Erst, wenn ich weiß, dass alles in Ordnung ist, kann ich mich auf das Gespräch konzentrieren. Bei dem Termin geht es um viel. Die Christensens leben in Spanien und sind auf der Suche nach Hotels, in denen sie ihre Kurse abhalten können. Es handelt sich um Motivationsseminare. So richtig verstanden habe ich es ehrlich gesagt noch nicht, aber das Ehepaar Christensen war gerade dabei, mir ihr Konzept ausführlich zu erklären. Meiner Meinung nach ist es alles viel zu detailliert. Mich interessiert nur, ob mein Hotel für sie infrage kommt und ob es sich um seriöse Seminare handelt.
Es klingelt ein Mal, zwei Mal, drei Mal, dann geht Klara endlich ans Telefon. »Ist alles in Ordnung?«, frage ich.
»Bitte? Wer ist denn da?«, fragt sie irritiert.
»Miguel. Ich wollte wissen, ob mit den Kindern alles in Ordnung ist.«
Am anderen Ende der Leitung herrscht Schweigen.
»Hallo?«, rufe ich in den Hörer.
»Ja, zumindest mit Carlotta. Alfredo ist ins Haus gerannt, als ich ihn angesprochen habe. Ehrlich gesagt weiß ich nicht so recht, was ich mit ihm machen soll. Ob es Sinn macht, zu ihm zu gehen und mit ihm zu reden?«
»Das tut mir leid! Ich weiß auch nicht, warum er sich seit ein paar Tagen so komisch verhält.«
Er vermisst nur seine Mutter so schrecklich, füge ich gedanklich hinzu. Laut möchte ich es nicht aussprechen.
»Hm.«
»Schaffen Sie es oder brauchen Sie Hilfe?«
»Keine Ahnung.«
»Soll ich Pedro anrufen? Er hat eigentlich einen guten Draht zu Alfi. Um diese Zeit müsste er auch Feierabend haben.«
»Nein, nein. Ich glaube, das wird nicht nötig sein. Ich werde es schaffen.«
»Sicher?«
»Ja, ich denke schon.«
»Wenn etwas ist, melden Sie sich Klara, ja?«
»Ja, das mache ich. Bis dann!«
Als Klara aufgelegt hat, starre ich einige Sekunden mein Handy an. Ich überlege, ob ich Pedro nicht doch vorbeischicken soll, nur für alle Fälle. Auch wenn Klara gesagt hat, es wäre unnötig, hätte ich ein besseres Gefühl. Ihr Nein auf meine Frage kam sowieso viel zu unüberlegt.
Ich wähle Pedros Nummer. Es klingelt ein Mal, bevor er am Apparat ist. »Mig, mein Freund! Was gibt es denn?«
»Hast du Zeit?«
»Heute ist es eigentlich schlecht. Ich …«
»Bitte!«
»Worum geht es denn?«
»Könntest du vielleicht kurz zu mir fahren und nach dem Rechten schauen?«
»Wieso?«
»Klara ist bei den Kindern. Alfi verhält sich seit ein paar Tagen so ko…«
»Alles klar, ich bin auf dem Weg«, höre ich Pedro sagen, bevor es klick macht und er einfach aufgelegt hat.
»Was war das denn?«, frage ich mich kopfschüttelnd und gehe kurz darauf zurück zu Familie Christensen.
Da Klara nun von Pedro unterstützt wird, geht es mir gleich viel besser.
20. Klara
»Danke«, flüstere ich Carlotta zu, die mir gezeigt hat, wo sich Alfredos Zimmer befindet. Zaghaft klopfe ich an die Tür. Wie erwartet, erhalte ich keine Reaktion von dem Jungen. »Meinst du, ich soll einfach reingehen?«, frage ich die Kleine, die neben mir steht und wartet.
»Ja«, flüstert sie.
»Gut, ich gehe aber alleine, okay? Und du wartest hier?«
Sie nickt mir zu und lehnt sich gegen die Wand.
Ich atme ein letztes Mal tief ein, bevor ich die Tür öffne, hindurchschlüpfe und sie hinter mir wieder schließe.
Alfredo liegt auf seinem Bett und starrt an die Decke.
»Darf ich?«, frage ich und deute auf den Stuhl an seinem Schreibtisch. Wie erwartet, erhalte ich nur ein Achselzucken als Antwort.
Ich ziehe den Stuhl zu